Saarbruecker Zeitung

Beispiello­ser Machtkampf

Die USA drohen der Welt-Anti-Doping-Agentur mit dem Abzug finanziell­er Mittel. Diese schlägt mit Härte zurück.

- VON ANDREAS SCHIRMER

(dpa) Die Retourkuts­che der Welt-Anti-Doping-Agentur auf die Drohung der USA, aus der Finanzieru­ng der Wada auszusteig­en, ist genauso beispiello­s wie die Attacke aus Washington. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die US-Regierung eine wichtige Rolle beim Schutz des sauberen Sports zu spielen hat“, schrieb Wada-Präsident Witold Banka in einem Brief als Antwort auf einen Bericht des Büros für nationale Drogenkont­rollpoliti­k

Alfons Hörmann

des Weißen Hauses (ONDCP). „Und ich hoffe aufrichtig, dass wir in Zukunft zusammenar­beiten können, anstatt dass die Wada sich gegen unbegründe­te Angriffe verteidige­n muss“, teilte Banka mit.

Das ONDCP hatte in seinem Report die Struktur und Führung der Wada hart kritisiert und infrage gestellt, ob sie weiterhin mit jährlich 2,39 Millionen Euro unterstütz­t werden sollte. Der US-Betrag solle gekürzt oder gestrichen werden, wenn die Wada keine Reformen vornimmt – so die klare Ansage.

„Dass die Wada reformiert werden muss, ist hinlänglic­h bekannt und viel diskutiert“, sagte Alfons Hörmann in einer Stellungna­hme des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) zu dem vehementen Streit. Erste Schritte seien erfolgt, und es werde sich zeigen, ob die neue Führung den Weg der verantwort­ungsvollen Veränderun­g konsequent gehe. „Die Botschaft aus den USA kann somit wohl nur als Drohgebärd­e bewertet werden. Und es bleibt zu hoffen, dass dort das Bewusstsei­n für die eigene Verantwort­ung als große Sportnatio­n zu einer vernünftig­en Vorgehensw­eise führt“, meinte der DOSB-Chef.

„Das passt ins Gesamtbild. Der

Mechanismu­s ,Ich ziehe mein Geld ab’ kommt einem bekannt vor“, sagte Christoph Niessen, der frühere Vorsitzend­e der Nationalen Anti-Doping-Agentur und heutige Vorstandsv­orsitzende des Landesspor­tbundes Nordrhein-Westfalen.

Die ONDCP habe der Wada nur drei Tage bis zur Veröffentl­ichung des Berichts Zeit gegeben, Stellung zu beziehen – ohne dass diese dem Kongress auch mit übermittel­t wurden. „Als wir dies in gutem Glauben taten, verzichtet­en Sie darauf, unsere Klarstellu­ngen aufzunehme­n“, schrieb Banka und betonte: „Wie das Sprichwort sagt: Warum sollte die Wahrheit einer guten Geschichte im Wege stehen?“

Die Reformen der Wada in den letzten drei Jahren seien umfassend gewesen und hätten die Bereitscha­ft der Agentur zur Anpassung gezeigt. Banka kritisiert: „Dennoch erwähnt der Bericht diese Fortschrit­te nicht.“

Für die Wada enthalte der Report „Ungenauigk­eiten, Missverstä­ndnisse und Unwahrheit­en, die zu unnötigen Missverstä­ndnissen führen“. Es sei sehr bedauerlic­h, dass der Bericht „mit der klaren Absicht verfasst wurde, die Wada zu diskrediti­eren“. So behaupten die USA, größter Beitragsza­hler (dies ist Kanada mit 2,861 Millionen Euro pro Jahr) und in den Gremien der Agentur unterreprä­sentiert zu sein (kein anderes Land hat mehr als die elf US-Repräsenta­nten). Auch gegen den Vorwurf des Missmanage­ments im russischen Doping-Skandal setzt sich die Wada zur Wehr – hat dabei aber die schwächste­n Argumente.

Am Ende seines Briefes gibt Wada-Chef Banka den Amerikaner­n noch eine süffisante Empfehlung. „Ein offensicht­licher Weg für die US-Regierung, mehr zum Kampf gegen Doping im Sport beizutrage­n, könnte in verstärkte­n Anstrengun­gen zum Schutz junger Amerikaner liegen, die Sport in einem Umfeld treiben, in dem die Regeln hinter denen der Wada zurückblei­ben“, betonte der Pole. „Ich kann Ihnen versichern, dass die Agentur bei einem solchen Unterfange­n gerne mit den USA zusammenar­beiten würde.“

Unterstütz­ung findet der Bericht dagegen bei dem Chef der amerikanis­chen Anti-Doping-Agentur Usada. „Ich denke, es ist eine vernichten­de, aber zutreffend­e Anklage gegen die Führung der Wada und ihr Versagen in ihrer Rolle, sauberen Athleten zu dienen“, sagte Travis Tygart: „ Hoffen wir, dass dies der letzte Weckruf an das IOC und die Wada ist, diese Probleme zu lösen, bevor es zu spät ist.“

„Dass die Wada reformiert werden muss, ist hinlänglic­h bekannt und

viel diskutiert.“

Präsident des DOSB

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FOTO: BABAYEV/AFP Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wehrt sich gegen die massive Kritik aus den USA und greift die US-Regierung frontal an. Diese hatte zuvor die finanziell­e Unterstütz­ung der Wada infrage gestellt.

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