Eliteeinheit KSK droht die komplette Auflösung
Die Verteidigungsministerin demonstriert Härte gegen Extremismus in der Bundeswehr. Die Operation birgt für sie aber auch ein großes Risiko.
Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) hat ihre Reformpläne für das KSK vorgestellt. Gelingt die Erneuerung nicht, droht der Eliteeinheit nach rechtsextremen Vorfällen die Auflösung.
(dpa) An markigen Worten fehlt es nicht, als Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Mittwoch ihre bisher wichtigste Entscheidung als Verteidigungsministerin erklärt. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) habe sich „zumindest in Teilbereichen über die letzten Jahre verselbstständigt“, sagt sie. Ein „ungesundes Eliteverständnis“von Führungskräften habe „extremistische Tendenzen und einen absolut nicht hinnehmbaren laxen Umgang mit Material und Munition“begünstigt. Fazit: Das KSK könne „in seiner jetzigen Verfassung nicht bestehen bleiben“.
Schon am Vortag hatte Kramp-Karrenbauer entschieden, dass sie die Elitetruppe der Bundeswehr wegen einer Serie rechtsextremistischer Vorfälle seit 2017 radikal reformieren und eine Kompanie sogar auflösen will (wir berichteten). Für die Truppe gilt nun ein Ultimatum: Wenn die
Reformschritte das außer Kontrolle geratene Spezialkommando bis zum 31. Oktober nicht bändigen, soll es ganz aufgelöst werden.
Selbst bei der Opposition hat die Ministerin damit Eindruck gemacht. „Annegret Kramp-Karrenbauer belässt es mit den angekündigten Maßnahmen nicht bei kosmetischen Schritten“, lautete die erste Reaktion der stellvertretenden Grünen-Fraktionschefin Agnieszka Brugger. Und selbst die Linke meint, dass sich die Ministerin zumindest in die richtige Richtung bewegt – wenn auch nicht weit genug.
Das Reformprogramm birgt auch ein großes Risiko für Kramp-Karrenbauer, egal wie sie entscheidet. Zwei Szenarien sind möglich.
Erstes Szenario: AKK entscheidet in vier Monaten, dass die Elitesoldaten geläutert sind und das Kommando Spezialkräfte weiterbestehen soll. In dem Fall wird jede weitere Verfehlung der Truppe, die öffentlich wird, zu ihrem persönlichen Problem. Jedes
Mal wird gefragt werden: Ist der Reformplan gescheitert? Hätte die Truppe aufgelöst werden müssen?
Zweites Szenario: AKK kommt zu dem Schluss, dass das KSK nicht reformierbar ist. Das würde dann zur Auflösung der Truppe führen, aber nicht zur Abschaffung der Spezialkräfte. Kramp-Karrenbauer hat klargemacht, dass die Bundeswehr eine geheim operierende Einheit mit besonderen Fähigkeiten braucht.
Bei einer Auflösung des KSK und der Gründung einer neuen Einheit mit neuen Strukturen könnte diese direkt dem Ministerium unterstellt werden. Dann wären die Spezialkräfte auch formell Chefsache. Und dann würde erst recht gelten: Jedes Problem der Elitetruppe ist auch ein AKK-Problem. Die Bewährungsprobe ist also eine für beide Seiten: Für die Oberbefehlshaberin und für ihre Elitesoldaten.
Die etwa 300 Kommandosoldaten des KSK waren bisher so etwas wie die Nationalmannschaft der Bundeswehr, in der sich die besten und härtesten sammeln. Die Geheimhaltungsregeln für alles, was das KSK so treibt, sollen die Soldaten und ihre Angehörigen eigentlich schützen – etwa vor Racheakten. Jetzt ist diese Geheimhaltung zu einem Deckmantel geworden, unter dem sich das KSK verselbstständigt hat. Ein Ausbilder der jetzt von Kramp-Karrenbauer aufgelösten zweiten Kompanie des KSK hat Anfang 2017 den Geist der Truppe so beschrieben: „Die Situationen, die wir erlebt haben, Blut,
Schweiß und Tränen, die wir zusammen erlebt haben, erleben mussten zuweilen. Das schweißt zusammen.“
Damals begann sich die Truppe vorsichtig zu öffnen, erlaubte Journalisten etwa die Teilnahme an Übungen. Drei Monate später fand die Party für den Chef der zweiten Kompanie statt, die zum Auslöser der Rechtsextremismus-Affäre wurde. Schweineköpfe wurden geworfen, Rechtsrock gehört, der Hitlergruß gezeigt. Danach war es wieder vorbei mit der Offenheit. Im Mai wurden auf dem Grundstück eines der Partygäste Waffen, Munition und Sprengstoff gefunden. Für Kramp-Karrenbauer war es der Auslöser für die Einsetzung der Arbeitsgruppe zur KSK-Reform. Einige meinen, sie habe zu spät gehandelt – mehr als drei Jahre nach der berüchtigten Schweinekopf-Party.