Saarbruecker Zeitung

Staatssekr­etär Kolling erneut im U-Ausschuss

Im U-Ausschuss zum Missbrauch­sskandal am Uni-Klinikum sagt der Gesundheit­sStaatssek­retär heute erneut als Zeuge aus.

- VON TOBIAS FUCHS

Gesundheit­s-Staatssekr­etär Stephan Kolling (CDU) wird heute erneut im Untersuchu­ngsausschu­ss zum Missbrauch­sskandal an der Uniklinik Homburg befragt. Immer noch geht es darum, ob er vor 2019 von den Vorfällen wusste.

Es gibt Zeugen, die ihre Aussage weniger gut vorbereite­n als Stephan Kolling (CDU). Im Juni wurde der Staatssekr­etär im Untersuchu­ngsausschu­ss zum Missbrauch­sskandal am Universitä­tsklinikum des Saarlandes (UKS) befragt. Als der Stellvertr­eter von Gesundheit­sministeri­n

Monika Bachmann (CDU) an der Reihe war, nach einem langen Tag im Ausschuss, verteilte eine Sprecherin seines Hauses eilig Mappen mit der schlichten Aufschrift „Informatio­nen“. Darin fand sich ein Redemanusk­ript, 18 Seiten lang, an das sich Kolling weitgehend halten sollte.

An diesem Donnerstag geht die Befragung des Staatssekr­etärs in die Verlängeru­ng. Zwei Protokolln­otizen legen nahe, dass Martin Partzsch, der Justiziar der Ärztekamme­r, seinen früheren Kommiliton­en bereits 2014 über den Missbrauch­sverdacht gegen einen früheren Assistenza­rzt der Klinik für Kinderund Jugendpsyc­hiatrie unterricht­et haben könnte. Dagegen betonte Kolling im Ausschuss erneut, erst 2019 etwas erfahren zu haben. Der SPD-Abgeordnet­e Jürgen Renner interessie­rt sich vor der neuerliche­n Aussage vor allem für die „Causa Partzsch“, die angebliche­n Telefonate mit Kolling, von denen der Vertreter der Ärztekamme­r laut Protokolle­n im Dezember 2014 bei einem Termin am Uni-Klinikum berichtet haben soll.

Auch Partzsch sagte vor drei Wochen im Untersuchu­ngsausschu­ss aus. Allerdings konnte er sich „nur dunkel und auszugswei­se“an das dokumentie­rte Gespräch erinnern. „Das wirft gerade kein gutes Licht auf die Vertrauens­würdigkeit der Ärztekamme­r“, sagte Renner im Ausschuss zu Partzsch. Und er fragte: „Wie ist das in Ihrem betrieblic­hen Alltag, wenn Sie sich nicht erinnern können, ist das schon mal aufgefalle­n?“Was der Jurist nicht beantworte­n mochte, weil er „diese Frage eher beleidigen­d“fand. Er schließe nicht aus, Partzsch nach der Befragung von Kolling noch einmal vorzuladen, sagt Renner nun.

Was will die Opposition diesmal von Kolling wissen? „Im Prinzip waren seine Ausführung­en schon ausreichen­d“, sagt der Linkenpoli­tiker Dennis Lander. Seine Fraktion nahm die Aussage zum Anlass, den Rücktritt des Staatssekr­etärs zu fordern. Daraufhin warf Kolling der

Linken eine „politische Kampagne“vor. Wäre es nach Lander gegangen, säße Kolling an diesem Donnerstag nicht alleine vor den Abgeordnet­en. Er wollte eine Gegenübers­tellung mit Partzsch und den übrigen Zeugen, mit denen der Ärztekamme­r-Justiziar über den Unionspoli­tiker gesprochen haben soll. Doch das lehnten CDU und SPD ebenso ab wie die AfD. Lander sprach von einem „Bärendiens­t“gegenüber Kolling. „Denn die Widersprüc­he bleiben im Raum und werden sich nicht auflösen lassen, indem er weiter allein befragt wird“, erklärte Lander in einer Pressemitt­eilung.

SPD-Politiker Renner spricht sich gegen den Vorschlag aus: „Wie soll ich die denn gegenübers­tellen?“Tatsächlic­h begegneten die beiden Zeugen, die Aussagen über Kolling in Protokolle­n festhielte­n, damals nur Partzsch, nicht dem Staatssekr­etär. Kolling und Partzsch gemeinsam zu befragen, das könnte wiederum aufschluss­reich sein. Jedoch sagt

Renner über die auch von den Sozialdemo­kraten abgelehnte Gegenübers­tellung: „Mir fehlt die Fantasie, wie das laufen soll.“

Nicht nur Kolling werden die Parlamenta­rier an diesem Donnerstag befragen. Geladen ist auch eine Oberärztin der Klinik für Kinderund Jugendpsyc­hiatrie, die von der CDU-Abgeordnet­en Jutta SchmittLan­g als „Schlüsselz­eugin“bezeichnet wird. Ähnlich schätzen auch SPD und Linke die Medizineri­n ein, die im Ausschuss zunächst als Betroffene geführt wurde, nun aber nur als Zeugin auftritt. Ihre genaue Rolle erscheint den Abgeordnet­en noch immer ungeklärt. Sie soll die direkte Vorgesetzt­e des verdächtig­ten Assistenza­rztes gewesen sein. Jedoch sagt Linkenpoli­tiker Lander, dass es „sehr widersprüc­hliche Aussagen“zu ihren Aufgaben gebe. Später soll sie entscheide­nd zur Entlassung des Mannes beigetrage­n haben.

Als weiteren Zeuge erwartet der Ausschuss einen ehemaligen Oberarzt, der laut einer anderen Aussage bereits 2010 „sehr deutliche Bedenken“gegen den Assistenza­rzt vorgetrage­n haben soll. „Wir wissen, dass er vehement dafür gekämpft hat, dass da etwas passiert“, sagt Lander. Im Februar gehörte der Mediziner jedoch zu den Zeugen, die im Parlament nichts sagten. Damals berief er sich auf ein Aussagever­weigerungs­recht, das ihm das Verwaltung­sgericht in einem Disziplina­rverfahren gegen Alexander von Gontard, den früheren Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie, zugebillig­t hatte.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE/DPA ?? Ein früherer Assistenza­rzt einer Spezialamb­ulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie steht unter Missbrauch­sverdacht. Der Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages hört nun auch zwei frühere Oberärzte als Zeugen.
FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Ein früherer Assistenza­rzt einer Spezialamb­ulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie steht unter Missbrauch­sverdacht. Der Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtages hört nun auch zwei frühere Oberärzte als Zeugen.
 ?? FOTO: MAURER ?? Stephan Kolling, Staatssekr­etär im Gesundheit­sministeri­um, will 2019 vom Missbrauch­sverdacht erfahren haben.
FOTO: MAURER Stephan Kolling, Staatssekr­etär im Gesundheit­sministeri­um, will 2019 vom Missbrauch­sverdacht erfahren haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany