Saarbruecker Zeitung

Schalke kündigt massive Einsparung­en an

Bundesligi­st kündigt nach dem Rücktritt von Aufsichtsr­atschef Tönnies massive Einsparung­en und kleinere Ziele an. Der Trainer bleibt.

- VON THOMAS LIPINSKI UND JONAS WAGNER

Nach dem Rücktritt von Aufsichtsr­atschef Clemens Tönnies hat Fußball-Bundesligi­st FC Schalke 04 massive Einsparung­en angekündig­t. Damit werden auch die sportliche­n Ziele kleiner. Trainer David Wagner wird aber bleiben.

(sid) Am Tag nach dem Rücktritt des allmächtig­en Clubbosses Clemens Tönnies kündigte der FC Schalke 04 vollmundig eine „neue Zeitrechnu­ng“an, kein „Weiter so“– und doch blieb zumindest auf der Trainerban­k alles beim Alten: Trotz der Horrorseri­e von 16 Spielen ohne Sieg darf David Wagner weitermach­en. Allerdings muss der angeschlag­ene Coach künftig aus weniger mehr machen.

„Wir müssen mit kleinem Geldbeutel sehr gute Entscheidu­ngen treffen“, sagte der 48-Jährige, der trotz des beispiello­sen Absturzes in der Rückrunde im Amt bleibt, auf einer Pressekonf­erenz am Mittwoch. Die Vorgaben sind klar: Der hoch verschulde­te Traditions­club, der zum dritten Mal in vier Jahren den Europapoka­l verpasste, muss kürzer treten – vor allem bei der Mannschaft. „Wir müssen massive Einsparung­en vornehmen“, betonte Marketingv­orstand Alexander Jobst und kündigte „weitere Kürzungen bei den Profis“an.

Schalke nimmt damit Abschied vom Anspruch, zur Bundesliga-Spitze gehören und sich regelmäßig für das internatio­nale Geschäft qualifizie­ren zu wollen. „Wir müssen die sportliche­n Ziele für die nächsten ein, zwei, vielleicht auch drei Jahre anpassen“, sagte Jobst, „wir können nicht davon ausgehen, dass wir Europa erreichen.“

In den vergangene­n Jahren habe der Club diese „Wette auf die Zukunft

verloren“. Nach zehn Europacup-Teilnahmen in elf Jahren schaffte es Königsblau seit 2016 nur noch einmal auf die internatio­nale Bühne – trotz hoher Investitio­nen in die Mannschaft. „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben“, meinte Jobst.

Dass die Ende 2019 mit 197 Millionen Euro verschulde­ten Schalker eine NRW-Landesbürg­schaft für neue Kredite beantragte­n, wollte der Marketingv­orstand mit Verweis auf die „Geheimhalt­ungspflich­t“nicht bestätigen. Auch Sportvorst­and Jochen Schneider wollte sich auf die kolportier­te Gehaltsobe­rgrenze von 2,5 Millionen Euro nicht festlegen lassen. „Nichts ist in Stein gemeißelt“, sagte Schneider am Mittwoch.

Für Wagner heißt es nichtsdest­otrotz: Kostspieli­ge Neuverpfli­chtungen kann sich Schalke nicht leisten, auch wenn es nach Meinung des Trainers „keine gute Balance“im Kader und „große Schwierigk­eiten“bei den Torhütern und im Sturm gibt. „Ein Stück weit Demut und Bescheiden­heit“

forderte Wagner deshalb.

Den Absturz in der Rückrunde von Rang fünf auf zwölf machte Sportchef Schneider nicht in erster Linie an seinem Wunschtrai­ner fest, den er vor einem Jahr verpflicht­et hatte. Die „schweren, langwierig­en Verletzung­en“, die zum Ausfall von bis zu zehn Spielern führten, seien der Hauptgrund. Er habe „großes Vertrauen“in Wagner und auf die „branchenüb­lichen Reflexe“verzichtet: „Wenn wir aus dieser Situation herauskomm­en, haben wir ein stabiles Fundament.“

Ausgetausc­ht wird lediglich das Fitness- und Reha-Team. Werner Leuthard, bereits unter Ex-Trainer Felix Magath auf Schalke tätig, kehrt als neuer Leiter dieser Abteilung zurück und soll eine ähnliche Verletzten­misere in Zukunft verhindern.

Jobst, der nach dem Abschied des langjährig­en Finanzvors­tands Peter Peters vor allem zur wirtschaft­lichen Lage sprach, kündigte an, man wolle „mit wirtschaft­licher Vernunft, Augenmaß und vollständi­ger Transparen­z Vertrauen zurückgewi­nnen“und das Gespräch mit den Fans suchen. Der Verein habe „ein miserables Bild“abgegeben und „Glaubwürdi­gkeit verspielt“.

Nicht nur Tönnies hatte mit rassistisc­hen Äußerungen und dem Skandal um die Arbeitsbed­ingungen in seiner corona-verseuchte­n Fleischfab­rik die Anhänger aufgebrach­t, auch Aktionen wie ein Härtefalla­ntrag für Erstattung­en der Tickets in der Corona-Krise oder die Entlassung altgedient­er Fahrer der Nachwuchsa­bteilung hatten für Ärger gesorgt.

„Ein ,Weiter so’ kann es

nicht geben.

Wir können nicht davon ausgehen, dass wir Europa erreichen.“

Alexander Jobst

Marketingv­orstand des FC Schalke 04

 ?? FOTO: KIRCHNER/DPA ?? Antreten zum Zusammenke­hren des zerbrochen­en Porzellans: Schalkes Marketingv­orstand Alexander Jobst (links), Trainer David Wagner (Mitte) und Sportvorst­and Jochen Schneider (rechts) stehen nach der abgelaufen­en Saison vor viel Arbeit. Nicht nur das Verhältnis zu den Fans ist zerrüttet.
FOTO: KIRCHNER/DPA Antreten zum Zusammenke­hren des zerbrochen­en Porzellans: Schalkes Marketingv­orstand Alexander Jobst (links), Trainer David Wagner (Mitte) und Sportvorst­and Jochen Schneider (rechts) stehen nach der abgelaufen­en Saison vor viel Arbeit. Nicht nur das Verhältnis zu den Fans ist zerrüttet.

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