Schalke kündigt massive Einsparungen an
Bundesligist kündigt nach dem Rücktritt von Aufsichtsratschef Tönnies massive Einsparungen und kleinere Ziele an. Der Trainer bleibt.
Nach dem Rücktritt von Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hat Fußball-Bundesligist FC Schalke 04 massive Einsparungen angekündigt. Damit werden auch die sportlichen Ziele kleiner. Trainer David Wagner wird aber bleiben.
(sid) Am Tag nach dem Rücktritt des allmächtigen Clubbosses Clemens Tönnies kündigte der FC Schalke 04 vollmundig eine „neue Zeitrechnung“an, kein „Weiter so“– und doch blieb zumindest auf der Trainerbank alles beim Alten: Trotz der Horrorserie von 16 Spielen ohne Sieg darf David Wagner weitermachen. Allerdings muss der angeschlagene Coach künftig aus weniger mehr machen.
„Wir müssen mit kleinem Geldbeutel sehr gute Entscheidungen treffen“, sagte der 48-Jährige, der trotz des beispiellosen Absturzes in der Rückrunde im Amt bleibt, auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. Die Vorgaben sind klar: Der hoch verschuldete Traditionsclub, der zum dritten Mal in vier Jahren den Europapokal verpasste, muss kürzer treten – vor allem bei der Mannschaft. „Wir müssen massive Einsparungen vornehmen“, betonte Marketingvorstand Alexander Jobst und kündigte „weitere Kürzungen bei den Profis“an.
Schalke nimmt damit Abschied vom Anspruch, zur Bundesliga-Spitze gehören und sich regelmäßig für das internationale Geschäft qualifizieren zu wollen. „Wir müssen die sportlichen Ziele für die nächsten ein, zwei, vielleicht auch drei Jahre anpassen“, sagte Jobst, „wir können nicht davon ausgehen, dass wir Europa erreichen.“
In den vergangenen Jahren habe der Club diese „Wette auf die Zukunft
verloren“. Nach zehn Europacup-Teilnahmen in elf Jahren schaffte es Königsblau seit 2016 nur noch einmal auf die internationale Bühne – trotz hoher Investitionen in die Mannschaft. „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben“, meinte Jobst.
Dass die Ende 2019 mit 197 Millionen Euro verschuldeten Schalker eine NRW-Landesbürgschaft für neue Kredite beantragten, wollte der Marketingvorstand mit Verweis auf die „Geheimhaltungspflicht“nicht bestätigen. Auch Sportvorstand Jochen Schneider wollte sich auf die kolportierte Gehaltsobergrenze von 2,5 Millionen Euro nicht festlegen lassen. „Nichts ist in Stein gemeißelt“, sagte Schneider am Mittwoch.
Für Wagner heißt es nichtsdestotrotz: Kostspielige Neuverpflichtungen kann sich Schalke nicht leisten, auch wenn es nach Meinung des Trainers „keine gute Balance“im Kader und „große Schwierigkeiten“bei den Torhütern und im Sturm gibt. „Ein Stück weit Demut und Bescheidenheit“
forderte Wagner deshalb.
Den Absturz in der Rückrunde von Rang fünf auf zwölf machte Sportchef Schneider nicht in erster Linie an seinem Wunschtrainer fest, den er vor einem Jahr verpflichtet hatte. Die „schweren, langwierigen Verletzungen“, die zum Ausfall von bis zu zehn Spielern führten, seien der Hauptgrund. Er habe „großes Vertrauen“in Wagner und auf die „branchenüblichen Reflexe“verzichtet: „Wenn wir aus dieser Situation herauskommen, haben wir ein stabiles Fundament.“
Ausgetauscht wird lediglich das Fitness- und Reha-Team. Werner Leuthard, bereits unter Ex-Trainer Felix Magath auf Schalke tätig, kehrt als neuer Leiter dieser Abteilung zurück und soll eine ähnliche Verletztenmisere in Zukunft verhindern.
Jobst, der nach dem Abschied des langjährigen Finanzvorstands Peter Peters vor allem zur wirtschaftlichen Lage sprach, kündigte an, man wolle „mit wirtschaftlicher Vernunft, Augenmaß und vollständiger Transparenz Vertrauen zurückgewinnen“und das Gespräch mit den Fans suchen. Der Verein habe „ein miserables Bild“abgegeben und „Glaubwürdigkeit verspielt“.
Nicht nur Tönnies hatte mit rassistischen Äußerungen und dem Skandal um die Arbeitsbedingungen in seiner corona-verseuchten Fleischfabrik die Anhänger aufgebracht, auch Aktionen wie ein Härtefallantrag für Erstattungen der Tickets in der Corona-Krise oder die Entlassung altgedienter Fahrer der Nachwuchsabteilung hatten für Ärger gesorgt.
„Ein ,Weiter so’ kann es
nicht geben.
Wir können nicht davon ausgehen, dass wir Europa erreichen.“
Alexander Jobst
Marketingvorstand des FC Schalke 04