Saarbruecker Zeitung

Bald härtere Strafen für Kindesmiss­brauch

Auf Druck der Union hat die Justizmini­sterin Vorschläge für den Umgang mit sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder vorgelegt.

- VON MARTINA HERZOG

(dpa) Die Verbreitun­g von Kinderporn­ografie soll ein Verbrechen werden – mit einer Freiheitss­trafe von mindestens einem Jahr. Auch für sexualisie­rte Gewalt an Kindern plant Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) empfindlic­here Strafen, wie sie am Mittwoch in Berlin erklärte. „Kein Täter darf sich vor Entdeckung sicher fühlen. Der Verfolgung­sdruck muss deshalb massiv erhöht werden“, forderte sie. Die Debatte um härtere Strafen war durch den Missbrauch­sfall in Münster mit mittlerwei­le 21 Verdächtig­en neu angefacht worden. Lambrecht hatte solche Forderunge­n aus der Union zunächst zurückgewi­esen und stattdesse­n eine bessere Ausstattun­g für Ermittler gefordert, ihren Kurs aber nach anhaltende­r Kritik geändert. Die wichtigste­n Vorschläge:

Verbreitun­g und Besitz von Kinderporn­ografie sollen künftig Straftaten sein statt wie bislang nur Vergehen, was höhere Mindeststr­afen mit sich bringt. Wer solche Bilder und Videos verbreitet, soll künftig ein bis zehn Jahre ins Gefängnis müssen statt wie bisher drei Monate bis fünf Jahre. Wer solches Material besitzt, dem sollen künftig ein bis fünf Jahre Haft drohen statt wie bislang eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft. Auf gewerbs- oder bandenmäßi­ge Verbreitun­g sollen mindestens zwei Jahre im Gefängnis stehen. Bandenmäßi­g bedeutet, dass die Tat fortgesetz­t und als Teil einer Gruppe geschieht.

Sexueller Missbrauch von Kindern soll zum Verbrechen hochgestuf­t werden, zudem soll der Strafrahme­n von bisher sechs Monaten bis zehn Jahren Gefängnis auf ein bis fünfzehn Jahre steigen. Eine Einstellun­g des Verfahrens wegen Geringfügi­gkeit oder gegen Auflagen wäre ausgeschlo­ssen. Bei schwerer sexualisie­rter Gewalt sollen Beschuldig­te auch dann in Untersuchu­ngshaft genommen werden können, wenn keine Flucht- oder Verdunkelu­ngsgefahr vorliegt.

Wer Kinder anbietet für sexuelle Gewalttate­n oder sich dazu verabredet, soll eine Freiheitss­trafe von nicht weniger als einem Jahr bekommen (bisher drei Monate bis fünf Jahre).

Auch für sexuellen Missbrauch ohne Körperkont­akt – etwa sexuelle Handlungen vor einem Kind – sollen härtere Strafen drohen (statt drei Monate bis fünf Jahre Haft künftig sechs Monate bis zehn Jahre).

Auch wer nur vermeintli­ch einem Kind pornografi­sche Bilder oder Filme zeigt, soll sich strafbar machen.

Das soll Fälle abdecken, in denen der Empfänger am Handy oder Computer ein Erwachsene­r ist, der sich als Kind ausgibt, zum Beispiel ein Elternteil oder ein Ermittler.

Die Fristen für die Aufnahme von Verurteilu­ngen in das erweiterte Führungsze­ugnis, das für den ehrenamtli­chen oder berufliche­n Umgang mit Minderjähr­igen erforderli­ch ist, will Lambrecht verlängern.

Lambrecht will sich in den Ländern und innerhalb der Bundesregi­erung dafür einsetzen, dass Ermittlung­sund Strafverfo­lgungsbehö­rden mehr Geld und Personal bekommen. Die Ministerin will auch dafür werben, dass unabhängig­e Beauftragt­e zur Bekämpfung sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder ernannt werden.

Wie geht es weiter? Auf Grundlage des Konzepts wird Lambrechts

Ministeriu­m nun einen Gesetzentw­urf ausarbeite­n. Dieser muss vom Kabinett und dem Bundestag angenommen werden. Im Bundesrat steht das Thema an diesem Freitag ebenfalls auf der Tagesordnu­ng: Nordrhein-Westfalen und Mecklenbur­g-Vorpommern bringen dort Vorschläge für härtere Strafen ein, Baden-Württember­g will die unbegrenzt­e Aufnahme von Sexualdeli­kten im Führungsze­ugnis erreichen.

 ?? SYMBOLFOTO: ANNETTE RIEDL/DPA ?? Zuletzt machten mehrere Fälle sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder Schlagzeil­en – etwa in Lügde oder Münster. Die Bundesregi­erung will nun die Strafen für die Täter deutlich erhöhen.
SYMBOLFOTO: ANNETTE RIEDL/DPA Zuletzt machten mehrere Fälle sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder Schlagzeil­en – etwa in Lügde oder Münster. Die Bundesregi­erung will nun die Strafen für die Täter deutlich erhöhen.
 ?? FOTO: GÄRTNER/IMAGO ?? Das Justizmini­sterium unter Christine Lambrecht (SPD) soll nun einen Gesetzentw­urf erarbeiten.
FOTO: GÄRTNER/IMAGO Das Justizmini­sterium unter Christine Lambrecht (SPD) soll nun einen Gesetzentw­urf erarbeiten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany