Saarbruecker Zeitung

Ex-Minister ist „richtig glücklich“über Tabakwerbe­verbot

Der ehemalige Ressortsch­ef für Verbrauche­rschutz brachte das Gesetz vor vier Jahren auf den Weg. Am Donnerstag wird es der Bundestag beschließe­n.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE HAGEN STRAUSS

Am Donnerstag will der Bundestag ein Tabakwerbe­verbot beschließe­n. Das Vorhaben geht auf Christian Schmidt zurück. Der CSU-Politiker war von 2014 bis 2018 Bundesland­wirtschaft­sminister und auch für Verbrauche­rschutz zuständig. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt er, warum das Verbot notwendig ist.

Herr Schmidt, empfinden Sie späte Genugtuung?

SCHMIDT Es ist ziemlich genau vier Jahre her, dass ich dem Bundeskabi­nett den Gesetzentw­urf vorgelegt habe, der mit wenigen Anpassunge­n jetzt im Bundestag verabschie­det wird. Wenn ich mich an die Diskussion­en

von damals erinnere, bin ich richtig glücklich.

Gestoppt wurde das Vorhaben von Ihrer eigenen Fraktion. Hat der damalige Fraktionsc­hef Kauder vor der Tabaklobby gekuscht?

SCHMIDT Ich weiß nicht genau, wer da vor wem gekuscht hat. Ich will auch nicht sortieren zwischen Rauchern und Nichtrauch­ern. Für mich gilt jetzt: Ende gut, alles gut. Ich danke jedenfalls Gitta Connemann, die an diesem Thema über die Jahre drangeblie­ben ist.

Was erhoffen Sie sich vom Tabakwerbe­verbot?

SCHMIDT Tabak ist das einzige Produkt,

das zwangsläuf­ig zur Sucht führt. Was erwachsene Menschen tun, müssen sie für sich entscheide­n. Ich erhoffe mir, dass bei Jugendlich­en

und Kindern der Konsum deutlich sinkt und damit auch die Krankheits­rate. Für sie muss die Werbung tabu sein. Wir dürfen auch nicht vergessen: In der Folge des Rauchens gibt es immer noch 120 000 Tote in Deutschlan­d pro Jahr.

Müsste man dann nicht auch Werbung für Alkohol verbieten?

SCHMIDT Die Suchtgefah­r bei Alkohol ist nicht so zwingend. Alkohol wird auch verstanden als Genussmitt­el. Da muss man Aufklärung betreiben. Man kann auch nicht alle Risiken verbieten, aber die evidenten Gesundheit­sgefahren schon. Gerade deshalb gibt es doch auf internatio­naler Ebene die Tabakrahme­nkonventio­n

der WHO zur Eindämmung des Gebrauchs.

Das heißt, das Werbeverbo­t ist kein Einstieg in weitere Verbote?

SCHMIDT Das sehe ich nicht. Wir wollen kein Verbotssta­at werden. Hier geht es auch nicht darum, ob jemand eine Zigaretten­schachtel verkaufen kann, sondern um die Begrenzung von Gesundheit­sgefahren. Wer wie ich damals für den gesundheit­lichen Verbrauche­rschutz zuständig war, musste reagieren. Viel zu lange hat es ein Ausweichen gegeben. Rechtzeiti­g zur deutschen Ratspräsid­entschaft sind wir übrigens jetzt das letzte Land in der EU, das die Vorgaben umsetzt.

Sponsoring ist aber ausgenomme­n, auch die Werbung beim Fachhandel. Ist das nicht halbherzig?

SCHMIDT Nein, was vorliegt ist sehr weitreiche­nd. Wir haben ja bereits auf europäisch­er Ebene das Werbeverbo­t in Publikatio­nen, im Fernsehen und Radio. Das berühmte HB-Männchen gibt es nicht mehr. Nun folgt ein Verbot mit Plakaten und Kinospots. Werbung ist freilich ein Recht für jemanden, der ein Produkt anbietet. Deswegen ist es eine umfassende Beschränku­ng, die der Bundestag beschließt. Bei einem Komplett-Verbot hätte vermutlich das Bundesverf­assungsger­icht etwas dagegen gehabt.

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FOTO: JÖRG CARSTENSEN/DPA Christian Schmidt (CSU) war von 2014 bis 2018 Verbrauche­rschutzmin­ister.

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