Saarbruecker Zeitung

Droht Weihern im Regionalve­rband der Zaun?

Aus Sorge, bei Badeunfäll­en an nicht beaufsicht­igten Gewässern haftbar gemacht zu werden, haben bundesweit Gemeinden ihre Badestelle­n gesperrt. In Saarbrücke­n und Völklingen bleibt man dagegen gelassen.

- VON TOM PETERSON

Am Wochenende beginnen die Sommerferi­en im Saarland. Eine schnelle Abkühlung im örtlichen Freibad ist wegen der Anti-Corona-Maßnahmen

Das Amtsgerich­t kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass die Stadt Neukirchen den Teich besser hätte sichern müssen. Wie die Plattform „Kommunal“berichtet, hat der Bürgermeis­ter der Kommune das Urteil mittlerwei­le angefochte­n. Zahlreiche Gemeinden sperrten aus Angst vor ähnlichen Haftungskl­agen dennoch ihre Badestelle­n ab oder zäunten ihre Teiche ein.

Droht jetzt also auch den Seen und Weihern im Regionalve­rband das gleiche Schicksal? Saarbrücke­ns Stadtpress­esprecher Thomas Blug hat darauf eine klare Antwort. „Die Stadt ist nicht in der Verkehrssi­cherungspf­licht. Wer in einen Weiher springt, handelt in eigener Verantwort­ung“, sagt Blug. Sprich: Wenn etwas geschieht, ist der Badende selbst Schuld. Zudem wäre keiner der Weiher im Stadtgebie­t von Saarbrücke­n zum Baden freigegebe­n. Explizit verboten wäre es aber auch nicht, wie der Stadtpress­esprecher einräumt. In Völklingen sei das Baden in Weihern nach Paragraph 9 der geltenden Polizeiver­ordnung dagegen generell verboten, erklärt Stadtpress­esprecher Sebastian Feß auf Anfrage unserer Zeitung. Die Ortspolize­i würde dies auch im Rahmen ihres Streifendi­enstes überprüfen und gegebenenf­alls ahnden. Zudem sei die Wasserqual­ität der Weiher um Völklingen ohnehin nicht zum Baden geeignet, wie Feß ergänzt.

Die Frage nach der Verantwort­ung im Falle eines Badeunfall­s stellt sich für viele Kommunen jedoch noch aus einem anderen Grund. 2017 urteilte der Bundesgeri­chtshof (BGH), dass bei Badeunfäll­en in Schwimmbäd­ern die verantwort­liche Gemeinde nachweisen muss, dass sie ihrer Aufsichtsp­flicht korrekt nachgekomm­en ist. Auslöser für das Urteil war auch hier ein schwerer Badeunfall eines Kindes. Ein zwölfjähri­ges Mädchen aus Rheinland-Pfalz

verfing sich beim Baden in einem Freibad unter Wasser mit dem Sicherungs­seil einer Boje. Das Mädchen konnte zwar gerettet werden, erlitt aber bleibende Hirnschäde­n. Daraufhin verlangten die Eltern Schadenser­satz von der Gemeinde, die das Freibad betrieb. Der BGH entschied damals für das Mädchen und verurteilt­e die Kommune zu einer Schadenssu­mme von über einer Million Euro. Zahlreiche Gemeinden in Bayern ließen darauf die Stege an ihren Weihern absperren, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass es sich hierbei um eine offizielle Badestelle handele. Denn sobald jemand diesen Eindruck

haben könnte, sei die Kommune dazu verpflicht­et, für Sicherheit oder eine Badeaufsic­ht zu sorgen, so die Rechtsauff­assung des Kommunalen Schadensau­sgleiches (KSA), der zahlreiche Kommunen in Deutschlan­d versichert. Könne die Kommune dies nicht gewährleis­ten, müssten alle Sprunganla­gen, wie etwa Stege und Sprungtürm­e, gesperrt oder entfernt werden. Das bloße Aufstellen eines Schildes mit der Aufschrift „Keine Haftung – Baden auf eigene Gefahr“reiche nicht aus. „Ein solches Schild ist haftungsre­chtlich ohne Bedeutung“, schreibt der KSA in seinem Hinweis zur Verkehrssi­cherungspf­licht für Badestelle­n

und Naturbäder. Am Anblick der Weiher im Regionalve­rband dürfte sich dagegen recht wenig ändern.

Sobald eine Kommune Infrastruk­turen wie Wasserruts­chen, Duschen und Umkleideka­binen stellt, um das Baden in einem Gewässer attraktive­r zu gestalten, eröffnet sie einen Badeverkeh­r und ist laut Paragraph 823 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es dazu verpflicht­et, geeignete Schutzmaßn­ahmen

Stege, Rutschen oder andere Anlagen, die zum Baden einladen, sucht man hier vergeblich.

für andere zu stellen. Dazu zählt neben einer Überwachun­g der Wasserqual­ität auch die Beaufsicht­igung des Badebetrie­bes. Nach der Einschätzu­ng des KSA ist es dabei unerheblic­h, ob es sich bei der Badegelege­nheit um eine frei zugänglich­e Badestelle handelt, die jeder Zeit genutzt werden kann, oder ob es ein eingezäunt­es Naturbad ist, welches nur zu bestimmten Zeiten geöffnet hat.

 ?? FOTO: TOM PETERSON ?? Gewässer, wie der Tabaksweih­er in Saarbrücke­n, mögen zum Abkühlen einladen. Auf das Baden sollte man hier dennoch verzichten.
FOTO: TOM PETERSON Gewässer, wie der Tabaksweih­er in Saarbrücke­n, mögen zum Abkühlen einladen. Auf das Baden sollte man hier dennoch verzichten.

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