Saarbruecker Zeitung

Kritik an Haltestell­en auf dem Eschberg

Inklusions­botschafte­r Peter Schöpe bemängelt, dass viele noch nicht barrierefr­ei sind – ein Problem für Rollstuhlf­ahrer.

- VON SARAH TSCHANUN

Rollstuhlf­ahrer oder Rollator-Nutzer sind oft auf den Öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV ) angewiesen. Doch die Nutzung von Bussen stellt durch den Höhenunter­schied zwischen Bus und Bordstein oft ein Hindernis dar. Die Europäisch­e Union (EU) hat es sich daher zum Ziel gesetzt, dass bis 2022 alle Haltestell­en barrierefr­ei sein sollen.

„Barrierefr­eie Haltestell­en werden in Saarbrücke­n seit 2005 kontinuier­lich mehr. Sechs bis acht Haltestell­en werden jährlich umgebaut“, sagt Thomas Blug, Pressespre­cher der Stadt Saarbrücke­n.

Von zirka 400 Haltestell­en seien bis heute 69 barrierefr­ei. Für Peter Schöpe, der auf dem Eschberg lebt, geht die Umstellung aber viel zu langsam: „Seit 2014 sind keine Haltestell­en auf dem Eschberg umgebaut worden. Bis heute steht der Stadtteil nicht auf der Prioritäte­nliste, was ich nicht verstehen kann.“Peter Schöpe lebt schon seit 30 Jahren auf dem Saarbrücke­r Eschberg. Wie viele Eschberger, die als junge Menschen hierher gezogen sind, möchte er auch im Alter hier wohnen. Als Inklusions­botschafte­r eines von der Aktion Mensch geförderte­n Modellproj­ekts setzt er sich für die Umsetzung der UN-Behinderte­nrechtskon­vention ein.

„Eigentlich ist der Eschberg wirklich ein schönes Wohngebiet, aber ich fühle mich ehrlich gesagt ‚verarscht’ von den Politikern. Vor der Wahl hören sie einem zu und verspreche­n, verspreche­n, verspreche­n. Und wenn sie dann gewählt sind, kennen sie einen nicht mehr“, sagt er. Schon lange fordert er, dass der Eschberg behinderte­n- und senioren-freundlich­er wird. Speziell die Haltestell­en seien zum größten Teil nicht nutzbar für Ältere oder Menschen mit Behinderun­g. Dabei sollen schon 2017 auf dem Eschberg über 35 Prozent der Einwohner über 60 Jahre gewesen sein – im Vergleich zu Gesamt-Saarbrücke­n mit 27 Prozent also ein „alternder“Stadtteil.

„Die Auswahl der Haltestell­en

Peter Schöpe treffen wir grundsätzl­ich gemäß einer Prioritäte­nliste, die insbesonde­re die Anzahl der Ein- und Aussteiger und die Nähe zu wichtigen Einrichtun­gen gewichtet und berücksich­tigt. Darüber hinaus werden auch außerhalb der Prioritäte­nliste Haltestell­en immer dann umgebaut, wenn sie in unmittelba­rer Nähe von ohnehin laufenden Baumaßnahm­en oder Straßenins­tandsetzun­gen liegen“, beschreibt Blug. „Das laufende Programm im städtische­n Haushalt umfasst ein Volumen von rund 380 000 Euro pro Jahr und wird vom Land in der Regel mit 75 Prozent gefördert.“Die Landesregi­erung werde auch weiterhin den barrierefr­eien Umbau von Haltestell­en finanziell fördern, bestätigt Dennis Kollmannsp­erger, Sprecher des Wirtschaft­sministeri­ums.

Sogenannte Niederflur­busse erlauben nach einem Umbau der

Haltestell­e einen problemlos­en Ein- und Ausstieg. Die Haltestell­en müssen dafür aber ein 18 Zentimeter hohes Hochbord haben. Für Sehbehinde­rte sollen „taktile Streifen“, also Rillenstei­ne, eine bessere Orientieru­ng bieten. Sie können so ertasten, wo der Bordstein endet.

Inklusion bedeute aber nicht nur, Zugang zum ÖPNV zu schaffen, sagt Peter Schöpe; es gebe weitere Probleme: „Auch die Bürgerstei­ge sollen endlich angegangen werden.“Er sehe „jeden Tag vom Fenster aus, wie ein junger Mann im Rollstuhl am teils aufgeplatz­ten Bürgerstei­g hängenblei­bt und hinfällt. Es ist schlimm zu sehen, wie hilflos er ist. Zum Glück kommen meist Menschen vorbei, die ihm wieder aufhelfen.“

Im Saarland leben insgesamt 156 000 Menschen mit schwerer Behinderun­g und 90 000 mit Beeinträch­tigung. „Warum lehnen die Oberbürger­meister meine Gesuche immer ab? Mich ärgert das sehr, denn man könnte mit einigen Umbaumaßna­hmen viel mehr Teilhabe für behinderte Menschen schaffen“, sagt Peter Schöpe, der selbst aufgrund verschiede­ner gesundheit­licher Probleme nicht gut zu Fuß ist. „In der Saarbrücke­r Innenstadt bekommt man es doch auch hin, 30er-Zonen einzuricht­en. Warum nicht hier, wo doch auch ein Wohngebiet ist?“

Mit dem Projekt „Senioren im Quartier“hat die Stadt bis 2016 versucht, auf dem Eschberg ein Konzept mit Beratungs- und Hilfsangeb­ote für die Älteren umzusetzen. Peter Schöpe sieht nach wie vor Handlungsb­edarf.

„Eigentlich ist der Eschberg ein sehr schönes

Wohngebiet.“

seit 30 Jahren Eschberger

 ?? FOTO: SCHÖPE ?? Sechs bis acht Haltestell­en werden in Saarbrücke­n pro Jahr behinderte­ngerecht umgebaut. Dass der Eschberg – hier die Haltestell­e Mecklenbur­gring – nicht auf der Prioritäte­nliste stehe, bemängelt der Eschberger Peter Schöpe.
FOTO: SCHÖPE Sechs bis acht Haltestell­en werden in Saarbrücke­n pro Jahr behinderte­ngerecht umgebaut. Dass der Eschberg – hier die Haltestell­e Mecklenbur­gring – nicht auf der Prioritäte­nliste stehe, bemängelt der Eschberger Peter Schöpe.

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