Supertalent Lena Oberdorf trifft mit der SGS Essen im Pokalfinale auf ihren neuen Club Wolfsburg.
Supertalent Lena Oberdorf auf der Überholspur: Im DFB-Pokal-Endspiel an diesem Samstag trifft sie mit der SGS Essen auf ihren künftigen Verein.
(sid) „Supertalent“, „Juwel“, „das große Versprechen“– Lena Oberdorf kann mit der Aufregung um ihre Person wenig anfangen. „Ich gehe selten ins Internet und schaue Artikel über mich an“, sagt die Nationalspielerin: „Ich achte auf das, was auf dem Fußball-Platz passiert. Alles andere ist Bonus, da lege ich nicht so viel Wert drauf.“
Mit dieser gesunden Bodenhaftung geht die 18-Jährige vom Bundesligisten SGS Essen auch das DFB-Pokalfinale an diesem Samstag (16.45 Uhr/ARD) in Köln an. Dabei geht es ausgerechnet gegen ihren zukünftigen Club: den Serienmeister und -pokalsieger VfL Wolfsburg. „Es ist natürlich ein komisches Gefühl, jetzt noch mal gegen den neuen Verein zu spielen“, gibt Oberdorf zu: „Aber mein Herz schlägt im Moment noch ganz klar für die SGS.“
Eine hohe fünfstellige Ablösesumme – im Frauenfußball noch immer nicht alltäglich – zahlt der VfL dem Vernehmen nach für die Allrounderin,
die als Innenverteidigerin und im zentralen Mittelfeld einsetzbar ist. Dass sie im Endspiel in Köln noch für ihren bisherigen Verein spielen darf, wurde bei der Vertragsgestaltung extra berücksichtigt.
Sonst aber hat es die Überfliegerin extrem eilig. Im DFB-Team löste Oberdorf im vergangenen Sommer im Alter von 17 Jahren und 171 Tagen eine gewisse Birgit Prinz als jüngste deutsche WM-Spielerin der Geschichte ab, zwischendurch schrieb sie Klausuren im Teamhotel. Bis zur Europameisterschaft in England, die ins Jahr 2022 verschoben wurden, möchte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg „Obi“zur Abwehrchefin aufbauen.
Bis 2018 spielte die Gevelsbergerin, deren Bruder Tim (23) bei Fortuna Düsseldorf II kickt, noch bei der TSG Sprockhövel bei den Jungs. Nach zwei Bundesliga-Jahren in Essen fühlt sie sich nun reif für den Auszug aus dem Elternhaus, für die Herausforderung Wolfsburg, um Titel
zu sammeln und in der Champions League zu spielen.
„Lena hat eine enorme Präsenz in den Zweikämpfen, ist körperlich sehr robust und kann ein sehr hohes Tempo gehen“, sagt VfL-Trainer Stephan Lerch über seine Neuverpflichtung. Er lässt auch durchblicken, wie heiß begehrt der Teenager ein Jahr vor Vertragsende in Essen war. „Sie war nicht nur national auf einigen Zetteln zu finden, sondern auch international.“
Die Coolness, die Oberdorf ausstrahlt, ist auch der besten Bundesliga-Stürmerin nicht verborgen geblieben. „Sie ist sehr talentiert, gut am Ball, eine clevere Spielerin. Mit der richtigen Mentalität hat sie eine große Zukunft vor sich“, schwärmt die dänische Torschützenkönigin Pernille Harder über ihre zukünftige Teamkollegin.
Doch die will dem VfL nun erst einmal die erhoffte Double-Party verderben und einen schönen Abschied haben (übrigens verlassen auch die Nationalspielerinnen Lea Schüller, Martina Hegering und Turid Knaak die SGS Essen nach dem Pokalspiel). Was Feierlichkeiten angeht, hat Oberdorf ohnehin Nachholbedarf: Den improvisierten AbiBall und die Zeugnisvergabe am Gymnasium Gevelsberg verpasste sie im Juni, ein Auswärtsspiel beim SC Freiburg ging vor.
Das Abitur hat die Überfliegerin zwischen Corona-Krise und Bundesliga-Restart nämlich auch noch ganz nebenbei gemacht. Das Ergebnis verrät Lena Oberdorf („Ich bin eher die Stress-Lernerin“) ganz lässig, aber mit breitestmöglichen Grinsen: „Ich habe einen Schnitt von 2,5. Das ist in Ordnung, finde ich. Kann man mit leben.“Das Zeugnis soll per Post folgen. Auch eine Senkrechtstarterin muss sich eben manchmal ein wenig gedulden.