Saarbruecker Zeitung

Von der britischen Kolonie zur autonomen Insel

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(mtn) 155 Jahre lang befand sich Hongkong unter britischer Herrschaft. 1842 besetzten britische Truppen die Insel, um den freien Handel für britische Kaufleute zu sichern. 1898 pachteten die Briten Hongkong für 99 Jahre. Am 1. Juli 1997 schließlic­h übergaben sie die Kolonie, die über die Jahre zur Handelsmet­ropole herangewac­hsen war, als sogenannte „Sonderverw­altungszon­e“an die Volksrepub­lik China. Obwohl Hongkong zu China gehört, ist die Insel weitgehend autonom. Sie ist zwar Teil der Volksrepub­lik, hat aber eine eigenständ­ige Wirtschaft und eine eigenständ­ige Regierung. Dieses Prinzip namens „ein Land, zwei Systeme“wurde in der Erklärung zwischen China und dem Vereinigte­n Königreich vertraglic­h vereinbart. Demnach soll das demokratis­ch-marktwirts­chaftliche System Hongkongs mindestens 50 Jahre neben dem autoritäre­n, sozialisti­schen System der Volksrepub­lik China bestehen. Anders als auf dem chinesisch­en Festland gibt es in Hongkong demokratis­che Wahlen – auch wenn nur die Hälfte der 70 Volksvertr­eter in Wahlbezirk­en gewählt wird – und das Recht auf Meinungsfr­eiheit.

Vor allem die Sorge um den Verlust der Autonomie Hongkongs führte immer wieder zu politische­n Unruhen. Schon 2003 protestier­en Hunderttau­sende gegen ein neues Sicherheit­sgesetz, das harte Strafen gegen all jene Aktivitäte­n vorsah, die auf Sympathie für eine Abspaltung Hongkongs vom chinesisch­en Festland hindeutete­n. 2014 bildete sich die Regenschir­mbewegung aus Protest gegen einen Beschluss Pekings, der vorsah, dass künftig ein vom chinesisch­en Staat gebildetes Komitee die Kandidaten zur Wahl des Hongkonger Verwaltung­schefs festlegen sollte. Ihren Namen erhielt die Bewegung, weil sich die Protestler mit Regenschir­men gegen das Tränengas der Sicherheit­skräfte wehrten. Letzten Endes kam es nicht zu der Wahlrechts­reform.

Seit 2018 hat Peking die Repression­en gegen alle, die sich für die Unabhängig­keit Hongkongs einsetzen, stetig verschärft. Ein neues Auslieferu­ngsgesetz, das auch die Überstellu­ng von Verdächtig­en an China erlauben würde, stieß im vergangene­n Jahr auf großen Widerstand. Dagegen protestier­te im Juni 2019 mit einer Million Menschen rund ein Siebtel der Bevölkerun­g Hongkongs. Die Zusammenst­öße zwischen Demonstran­ten und der Polizei wurden über die Monate zunehmend gewalttäti­g. Am 24. November siegte das pro-demokratis­che Lager bei den alle vier Jahre stattfinde­nden Bezirksrat­swahlen, den einzigen vollkommen freien Wahlen in Hongkong. Davor waren die Bezirksrät­e vom pekingtreu­en Lager beherrscht.

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