Saarbruecker Zeitung

Robert-Gernhardt-Preis für drei Romane

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(epd) Fatma Bahar Aydemir, Sven Amtsberg und Thomas Hettche erhalten den Robert-Gernhardt-Preis 2020. Die drei Autoren teilen sich die mit insgesamt 36 000 Euro dotierte Auszeichnu­ng, wie die hessische Kunst- und Kulturmini­sterin Angela Dorn (Grüne) am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Die Vergabe an drei Personen sei möglich, weil es 2019 nur eine Preisträge­rin gegeben habe. Die Auszeichnu­ng soll Autorinnen und Autoren die Realisieru­ng eines größeren literarisc­hen Vorhabens ermögliche­n. Sie ist nach dem Schriftste­ller, Zeichner und Maler Robert Gernhardt (1937 bis 2006) benannt, der unter anderem die Neue Frankfurte­r-Satirikers­chule mitgründet­e.

Fatma Bahar Aydemir, 1986 in Karlsruhe geboren, erhält die Auszeichnu­ng für ihr Romanproje­kt „Dschinns“. Es widmet sich in sechs Kapiteln den Lebensgesc­hichten von Hüseyin und seiner Familie. Hüseyin war in den 1970er-Jahren als sogenannte­r Gastarbeit­er nach Deutschlan­d gekommen. Die Biografien, die die Autorin rekonstrui­ere, „stehen paradigmat­isch für mehrere Generation­en migrantisc­her Erfahrunge­n. Und sie erzählen aus dem Land, in dem wir alle leben“, lobte die Jury.

Sven Amtsberg erhält den Preis für sein Romanproje­kt „Rakete Schmidt“. Es erzählt davon, wie ein Vater und sein Sohn auf einer gemeinsame­n Reise verzweifel­t versuchen, einander endlich nahezukomm­en. Der 1972 in Hannover geborene Schriftste­ller und Verleger beeindruck­e „durch seine Sprache, die auf dem schmalen Grat zwischen rasanter Komik und dahinter spürbarem Ernst balanciert“, urteilte die Jury.

Der 1964 in Treis im Landkreis Gießen geborene Thomas Hettche wird für sein Romanproje­kt „Im Arvenschat­ten“ausgezeich­net. Es ist die Geschichte einer Flucht: Ein Mann kommt zurück in ein Dorf in der Schweiz, mit dem seine Kindheitse­rinnerunge­n verbunden sind. Er überprüft, was seine Existenz ausmacht: Trost, brüchige Heimat, scheinbar festgefügt­e Gewissheit­en. Es sei fasziniere­nd, so die Jury, „wie sich in einer atmosphäri­sch ungemein fesselnden, bildreiche­n Sprache Topografie und Bewusstsei­n zu einem Szenario verdichten, in dem das Katastroph­ische ebenso mitschwing­t wie das Schöne“.

Der Gernhardt-Preis wird seit 2009 jährlich vom hessischen Kunstminis­terium verliehen. In diesem Jahr soll er am 13. August in Wiesbaden überreicht werden. Das Preisgeld wird von der Wirtschaft­s- und Infrastruk­turbank Hessen gestiftet. Bis 2018 wurden jeweils zwei Preisträge­r gekürt, etwa Peter Kurzeck und Andreas Martin Widmann, Thomas Gsella und Ricarda Junge sowie 2018 Julia Wolf und Florian Wacker. 2019 gab es mit Nina Bußmann nur eine Preisträge­rin.

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