Saarstahl setzt auf den Nachwuchs
Besuch im Ausbildungszentrum Völklingen: Unternehmen wird trotz Stahlkrise bei Ausbildungsplätzen nicht sparen.
In der Welt von kochend heißem Stahl sind Frauen in den Technikberufen immer noch eine Ausnahme. Doch Lena Wagner, 23, aus Hülzweiler wollte unbedingt zum Unternehmen Saarstahl und hat sich durchgesetzt. Wir treffen sie im Ausbildungszentrum in Völklingen, das ganz zentral in der Innenstadt auf dem Saarstahl-Gelände liegt. Wagner macht hier eine Lehre zur Verfahrenstechnologin und arbeitet gerade in der Werkstatt für Steuerungstechnik. Natürlich mit dem nötigen Abstand in Corona-Zeiten. Seit Oktober 2019 lernt die junge Frau ihren künftigen Beruf von der Pike auf. Warum wollte sie gerade zu Saarstahl und diese Ausbildung machen? „Ich habe mich schon immer für Technik interessiert und an Autos rumgeschraubt. Mein Freund arbeitet auch hier“, sagt Wagner. Wenn sie ihre Ausbildung abschließt, würde sie gerne in einem der Walzwerke arbeiten, wo ganz verschiedene Produkte wie Draht oder Stabstahl hergestellt werden. Patrik Hüttel-Gier, Leiter Technische Erstausbildung bei Saarstahl und Dillinger Hütte, erklärt, dass Verfahrenstechnologen nach der Ausbildung die hochautomatisierten Anlagen steuern und überwachen und ein Schwerpunkt auch in der Instandhaltung liegt.
Von der derzeitigen Stahlkrise lässt sich Wagner nicht verunsichern. Sie blicke optimistisch in die Zukunft, meint die 23-Jährige. Das kann sie wohl auch. Denn die Azubis bei Saarstahl werden, wenn die Leistung stimmt, übernommen, erklärt Cornelis Wendler, Leiter Bildung und Personalentwicklung bei der Stahl-Holding-Saar. „Die unbefristete Übernahme steht im Tarifvertrag drin.“Hüttel-Gier sagt, dass in den technisch-gewerblichen Berufen bei Saarstahl der Frauenanteil bei fünf Prozent liegt, bei der Dillinger Hütte sind es zwölf Prozent, Tendenz steigend. Lena Wagner wisse durchaus, sich gegen die Männer zu behaupten, sagt der Ausbilder.
Einer aus der Männer-Riege ist Yannik Klos, 21. Er sagt: „Ich mache mein Hobby zum Beruf.“Klos ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Illingen und macht jetzt eine Ausbildung
bei der Werksfeuerwehr von Saarstahl. Er berichtet, dass er in Saarbrücken-Schafbrücke erst einmal das Einmaleins des Bauhandwerks beim Arbeitgeberverband Bau lernt. Das sei sehr wichtig, sagt Hüttel-Gier. Nur dann könne er bei einem Einsatz einschätzen, wie stabil ein Haus ist. Saarstahl habe eine eigene Werksfeuerwehr, weil das Unternehmen seine eigenen Anlagen sichern muss. Das ist eine gesetzliche Auflage. Die Ausbildung bei der Werksfeuerwehr sei sehr anspruchsvoll. Dazu zähle unter anderem auch eine Sanitätsausbildung und der Lkw-Führerschein – und das alles in drei Jahren.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie war auch für Saarstahl eine Herausforderung. Sechs Wochen war das Ausbildungszentrum geschlossen. In dieser Zeit habe es sich bewährt, dass Saarstahl bereits eine internetbasierte Online-Lernplattform
hatte, sagt Cornelis Wendler. So konnten Arbeitsaufträge online verschickt werden. Seit 4. Mai sei das Ausbildungszentrum nun wieder geöffnet – aber ein kleiner Teil der 250 Azubis in Völklingen sei weiter im Home-Office. Die „Teilprüfung I“solle nun im Spätsommer nachgeholt werden. Wendler: „Die Arbeitssicherheit ist immer ein großes Thema bei Saarstahl, damit ist die Hygiene eng verknüpft. Das hat uns in der Pandemie geholfen.“Die Azubis würden sich auch gut an die Hygiene- und Abstandsregeln halten.
Der Nachwuchs werde weiter dringend gebraucht, sagt Wendler und weist auf den Fachkräftemangel hin. Deshalb läuft bereits das Bewerbungsverfahren für 2021. Bei den Ausbildungsplätzen werde trotz der Corona-Krise nicht gekürzt. Deshalb würden wieder je 65 Azubis in Völklingen und Dillingen eingestellt. Wendler und Hüttel-Gier betonen, dass bei der Bewerbung die Noten nicht alles sind. Manche Bewerber hätten Defizite, doch wenn der Eignungstest ansteht, seien alle motiviert. Dann erst kämen die Talente zum Vorschein. Und die werden dann im Ausbildungszentrum gezielt gefördert.