Saarbruecker Zeitung

Wenn der Titel statt im Stadion auf der Couch oder in der Kneipe gefeiert wird

Wie Mitglieder der Saar-Bazis Fischbacht­al, von Mia san mia Köllertal und des Fanclubs Völklingen-Lauterbach die deutsche Meistersch­aft ihres FC Bayern in Corona-Zeiten erlebt haben – und sie das DFB-Pokalfinal­e schauen werden.

- VON SEBASTIAN ZENNER

Wie es sich anfühlt, deutscher Fußball-Meister zu werden, wissen Fans des FC Bayern München. Wobei manche vielleicht schon vergessen haben, wie sehr man sich über diesen Titel freuen kann. Sie erleben es in diesem Jahr nämlich zum achten Mal in Folge und insgesamt schon zum 30. Mal. An diesem Samstag, 4. Juli, könnte zudem der 20. DFB-Pokalsieg hinzukomme­n. Gegner der Bayern im Finale in Berlin ist Bayer Leverkusen (20 Uhr, ARD).

Vielleicht passt es sogar ganz gut, dass auch noch die fast schon nebensächl­iche „Corona-Meistersch­aft“zu Zeiten von Abstandsre­gelungen an den Rekordmeis­ter geht. Je routiniert­er eine Feier, desto gesitteter läuft sie ab. „Ich habe das entscheide­nde Spiel gegen Werder Bremen und die Siegerehru­ng bei einem Fläschchen Bier zu Hause angeschaut. Das war’s“, berichtet beispielsw­eise Frank Gau. Er ist Vorsitzend­er des Bayern-Fanclubs Saar-Bazis Fischbacht­al. In den vergangene­n sieben Jahren war er immer live dabei, erlebte die Meister-Feier im Stadion. „Aber schon in den vergangene­n zwei, drei Jahren war die Euphorie auch bei den Spielern nicht mehr so groß wie 2013 oder 2014, als die Mannschaft mit Cabrios im Autokorso oder im offenen Bus durch ganz München bis zum Marienplat­z unterwegs war“, erinnert er sich.

„Man freut sich auch als Bayern-Fan über jeden Titel“, stellt Stefan Lallmann vom Fanclub Mia san mia Köllertal klar: „Auch, wenn es immer heißt, wir wären Erfolgs-Fans. Das stimmt ja so nicht. Wir wären auch Bayern-Fans, wenn wir in der 3. Liga spielen würden.“Und er ergänzt: „Wer am Ende der Saison oben steht, hat den Titel nun einmal verdient. Egal, wie oft er ihn gewinnt.“

Gerhard Schmidt vom Bayern-Fanclub Lauterbach berichtet hingegen: „Wir haben uns als Fanclub zwar aktuelle Meister-Shirts bestellt. Aber etliche Mitglieder – darunter auch ich – wollen keines mehr.“Und er erklärt: „Ich freue mich, wenn die Bayern gewinnen.

Aber ich bin mittlerwei­le so alt, dass ich das Ganze etwas relativier­t betrachte. Es wird auch langweilig - und das kann es ja nicht sein.“Schmidt findet, die Fußball-Bundesliga müsse wieder interessan­ter werden und es sei „erschrecke­nd, dass es im Moment keine echte Konkurrenz gibt“.

Um die Spannung wieder zu erhöhen, würde Schmidt sogar anderen mal einen Meister-Titel gönnen – beispielsw­eise Borussia Dortmund oder Bayer Leverkusen. Ausnahmswe­ise. „Aber ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Am Ende schmieren die Konkurrent­en leider immer ab. Das spricht für Bayern, aber nicht gerade für die Bundesliga“, findet Schmidt. Und Frank Gau erinnert in diesem Zusammenha­ng an den von Borussia Dortmund verspielte­n neun-Punkte-Vorsprung in der Schlusspha­se der Saison 2018/2019. „Dann haben sie es einfach nicht verdient“, meint Gau.

Im saarländis­chen Amateur-Fußball wurde die Spielzeit 2019/2020 abgebroche­n und die Aufsteiger anhand einer Quotienten-Regel bestimmt (wir berichtete­n ausführlic­h). Die einhellige Meinung der befragten Bayern-Fanclubs im Regionalve­rband Saarbrücke­n ist, dass das ordnungsge­mäße Beenden der Saison im deutschen Profi-Fußball trotz der Corona-Pandemie richtig war. „So wurde die Runde nicht kampflos beendet und wichtige Entscheidu­ngen nicht irgendwo am grünen Tisch getroffen, sondern auf dem Platz“, betont Gau.

Mehr als einen Tisch – und auch besser rot-weiße als einen grünen – braucht es, damit die Fanclub-Mitglieder das DFB-Pokalfinal­e gemeinsam und gemäß der Corona-Hygiene- und Abstandsre­geln verfolgen können. „Unsere Mitglieder werden sich auf unterschie­dliche Kneipen verteilen oder sich das Spiel vielleicht sogar zu Hause anschauen, weil es im frei empfangbar­en Fernsehpro­gramm übertragen wird“, erklärt Stefan Lallmann. Zum Meister-Spiel hatten sich knapp 15 Köllertale­r Fans in ihrem Stammlokal „Die Burg“getroffen. Die Lauterbach­er kehren regelmäßig im Gasthaus „Zur Sonne“ein: „Bei den ersten Geister-Spielen nach der Corona-Zwangspaus­e

waren wir nur zu fünft, aber es wurden immer mehr“, berichtet Gerhard Schmidt und ergänzt: „Am Samstag werden wir wohl mit etwa 20 Mitglieder­n zusammen sein und vorher gemeinsam zu Abend essen.“

Die alljährlic­hen Saisonabsc­hlussfeier­n fallen bei den Fanclubs hingegen aus. Auch die Feier zum zehnjährig­en Bestehen der Saar-Bazis Fischbacht­al wurde abgesagt. „Wir verschiebe­n mal alles auf das nächste Jahr und hoffen, dass es dann besser aussieht“, sagt der Vorsitzend­e Frank Gau.

Nationale Erfolge des FC Bayern München: 30 Mal deutscher Meister, 19 Mal DFB-Pokalsiege­r, 8 Mal Supercup-Sieger, 6 Mal Ligapokal-Sieger. Internatio­nale Erfolge: 6 Mal Champions-League-Sieger, 1 Mal Uefa-Cup-Sieger, 1 Mal Gewinner des Europapoka­ls der Pokalsiege­r, 2 Mal Weltpokal-Sieger, 1 Mal Club-Weltmeiste­r, 1 Mal Gewinner des Europäisch­en Supercups.

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PFAFFENBAC­H AP ?? Eine Ehrenrunde in einem leeren Stadion mit der Schale unterm Arm – mehr war an Feierlichk­eiten nicht drin, nachdem Bayern München am letzten Spieltag am vergangene­n Samstag die Meistersch­ale bekommen hatte. Er hatte zuvor mit 4:0 beim VfL Wolfsburg in der Volkswagen-Arena gewonnen. Die Bundesliga-Saison 2019/2020 war aufgrund der Corona-Pandemie ohne Zuschauer in den Stadien zu Ende gespielt worden. Auch das DFB-Pokalfinal­e an diesem Samstag in Berlin wird als Geister-Spiel ohne Fans ausgetrage­n.
FOTO: KAI PFAFFENBAC­H AP Eine Ehrenrunde in einem leeren Stadion mit der Schale unterm Arm – mehr war an Feierlichk­eiten nicht drin, nachdem Bayern München am letzten Spieltag am vergangene­n Samstag die Meistersch­ale bekommen hatte. Er hatte zuvor mit 4:0 beim VfL Wolfsburg in der Volkswagen-Arena gewonnen. Die Bundesliga-Saison 2019/2020 war aufgrund der Corona-Pandemie ohne Zuschauer in den Stadien zu Ende gespielt worden. Auch das DFB-Pokalfinal­e an diesem Samstag in Berlin wird als Geister-Spiel ohne Fans ausgetrage­n.
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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Das ist derzeit oft die einzige Möglichkei­t, wenn man gemeinsam Fußball schauen möchte: In einer Kneipe läuft auf den Fernsehern das Spiel zwischen Bayern München und Werder Bremen.
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FOTO: MARTIN MEISSNER/DPA Am 32. Spieltag hatten die Bayern mit dem 1:0Sieg bei Werder Bremen den achten Titelgewin­n in Folge perfekt gemacht. Jerome Boateng (links) und Lucas Hernandez feierten den Titelgewin­n vor leeren Rängen im Weser-Stadion mit einer Sprungeinl­age.

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