Saarbruecker Zeitung

Der rätselhaft­e Apparat vom Flohmarkt

Oma Marion bringt vom Flohmarkt ein schwarzes Gerät mit. Elsa und Jakob wollen wissen, was es damit auf sich hat.

- VON ELKE BRÄUNLING

Mit einem zufriedene­n Lächeln kam Oma Marion von ihrem Einkauf auf dem Markt zurück. „Heute war Flohmarkt. Seht mal, was ich gefunden habe.“Sie wuchtete den Einkaufsko­rb auf den Tisch und begann, ihn auszuräume­n. Ein Blumenkohl, zwei Kopfsalate, Zwiebeln, Chilischot­en, Tomaten, Knoblauch, Petersilie und Suppengrün, Zitronen, Äpfel, Kiwi und Bananen, dann noch zwei Päckchen Eier, Butter, Käse legte sie auf den Küchentisc­h. „Da ist es!“, rief sie plötzlich. „Was ist das?“Enttäuscht starrten Elsa und Jakob auf das hässliche schwarze Ding in Oma Marions Korb. Was war das denn für ein altes Ding? „Das ist ein Telefon“, antwortete Oma Marion. „Das sieht doch jeder.“Die Geschwiste­r lachten. „Das sieht vielleicht komisch aus!“, bemerkten sie. „Das kann man ja gar nicht in die Tasche stecken!“

„Nein“, sagte Oma. „Das ginge auch nicht, denn das Telefon aus meiner Kindheit war mit einer Schnur fest mit der Wand verbunden und stand im Flur auf einem Telefontis­chchen. Das konnte man nicht eben mal so mitnehmen.“

„Und wenn es ein geheimer Anruf war?“, fragte Elsa, die fast nur geheime Handygespr­äche führte. „Konnte dann jeder mithören?“Oma nickte. „Unhöfliche Leute taten das gerne.“Sie grinste. „Neugierige Mütter und Geschwiste­r auch.“

„Oh!“Mehr wusste Elsa da nicht zu sagen. So ein Anruf hatte damals dann ganz schön peinlich sein können. „Wir waren übrigens sehr stolz auf unser Telefon“, fuhr Oma fort. „Es gab nur wenige Apparate im Dorf und wenn die Nachbarn telefonier­en wollten, kamen sie zu uns. Oder sie gaben unsere Telefonnum­mer an und dann erhielten wir die Anrufe der Nachbarn. Das war manchmal gar nicht lustig, besonders wenn das Telefon nachts läutete und einer von uns Kindern erst einmal den Nachbarn ans Telefon holen mussten.“

„Das war aber bestimmt auch spannend“, überlegte Jakob. „Ich wüsste gerne, was die Nachbarn hier so alles zu erzählen haben. War das nicht cool?“Oma Marion grinste: „Dazu sage ich jetzt besser nichts.“

„Und was machst du jetzt mit diesem alten Apparat?“, fragte Elsa. Oma Marions Grinsen wurde noch breiter. „Den schenke ich meiner lieben, neugierige­n Schwester Ingrid zur Erinnerung. Die war nämlich immer, wenn ich einen wichtigen Anruf bekam, wie eine Steinsäule mit gespitzten Ohren neben dem Telefon stehen geblieben. Da musste ich sehr aufpassen, dass ich nichts Falsches sagte, das sie dann petzen konnte.“

Tante Ingrid war eine neugierige Petze? Was für eine Überraschu­ng! Das hätten die Geschwiste­r ihr nicht zugetraut, wo sie doch immer aus allem ein großes Geheimnis machte. „Ich glaube, das wird sie freuen“, sagte Jakob mit einem Grinsen.

„Oh ja“, stimmte Oma Marion mit grimmiger Miene zu. „Erinnerung­en können manchmal sehr erhellend und lehrreich sein.“Das verstanden die Geschwiste­r nun nicht unbedingt, sie wollten aber auch nicht neugierig sein. Nicht so wie Tante Ingrid damals, als sie neben Oma Marion beim Telefon stand.

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