Bis alle Lichter wieder leuchten
Hamburgs beliebteste Partymeile ist derzeit ungewohnt still. Aber die Hansestadt hat Touristen weit mehr als Feiern zu bieten.
Im Hamburger Elbschlosskeller sind sie normalerweise alle willkommen: Obdachlose, bunte Vögel und auch Touristen. 24 Stunden am Tag. Seit 70 Jahren. Doch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist nichts mehr normal und die Tür der Kneipe am Hamburger Berg erstmals versiegelt. Das Leben auf dem Kiez steht still, die Lichter sind aus, kein Vergnügen mehr im Vergnügungsviertel. Die Touristen, die es vor dem Lockdown jedes Wochenende zu Tausenden in Kneipen wie den „Keller“, den „Goldenen Handschuh“oder in die Kultladen „Zur Ritze“oder auf den „Nachtmarkt“im Herzen der Reeperbahn gezogen hat, müssen ihre Pläne umwerfen und den Urlaub in der Stadt an der Elbe etwas ruhiger angehen. Aber auch da hat die Hansestadt so einiges in petto.
Denn Hamburg kann nicht nur schön schmuddelig, sondern auch einfach nur schön. Besonders im Sommer. Ein gutes Beispiel ist der Park Planten un Blomen – eine 45 Hektar große Oase inmitten der 1,9-Millionen-Einwohner-Stadt. Hier treffen sich Hamburger nach der Arbeit oder am Wochenende, um an den kleinen Seen zu entspannen, durch den Rosengarten zu spazieren, Schach zu spielen oder um die Ruhe in Europas größtem Japanischen Garten zu genießen. Selbst in den abgelegensten Ecken stehen Stühle und Bänke, damit die Besucher der Anlage auch mal in Ruhe ein Buch lesen oder sich ungestört unterhalten können. Planten un Blomen ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar und unterhält auch die kleinen Besucher mit Spielplätzen und Wasserspielen.
Wer die Natur rund um Hamburg kennenlernen möchte, kann beispielsweise mit dem Fahrrad das Alte Land südlich der Elbe erkunden und auf einem der vielen Höfe ein Glas selbstgemachten Apfelsaft trinken. Oder in der Boberger Niederung in den Baggersee springen. In dem Naturschutzgebiet im Bezirk Bergedorf können sich Touristen aber nicht nur abkühlen, sondern auch über Hamburgs letzte Wanderdüne spazieren und dabei die Segelflugzeuge beobachten, die auf dem Flugplatz in der Nähe der Düne starten und landen. Die Mutigen unter den Urlaubern haben sogar die Möglichkeit, selbst mitzufliegen – etwa 20 Minuten dauert so ein Gastflug und ist mit 40 Euro ein Schnäppchen. Das Stück Kuchen im nahegelegenen Café auf dem Hof Neun Linden, hat man sich anschließend mehr als verdient.
Weitere gastronomische Tipps sind das Cafe Canale am Mühlenkampkanal im Stadtteil Winterhude, wo Kaffee und Kuchen direkt vom Boot aus bestellt werden können und das Café Entenwerder 1, das direkt an der Norderelbe liegt. Besser gesagt, auf der Norderelbe. Denn der ganze Laden befindet sich auf einer Schwimmplattform. Mit Blick auf den Peutehafen können die Gäste hier nicht nur einen Kaffee schlürfen, bei dem die Bohnen direkt um die Ecke geröstet wurden, sondern auch frühstücken oder einen kleinen Snack zu sich nehmen. Richtig leckere Fischbrötchen zu fairen Preisen gibt’s elbabwärts am Hamburger Fischereihafen – besonders gut ist der Backfisch im Restaurant Fischbeisl. Der frische Fisch wird bei Bestellung frittiert, die Portion ist üppig und der Preis mit 4,20 Euro günstig. Allerdings gibt’s die Brötchen dort nur zum Mitnehmen, die Plätze im Lokal sind denjenigen vorbehalten, die „richtige“Gerichte bestellen.
Um vom Fischereihafen wieder in Richtung Innenstadt zu kommen, sollten Besucher die Fähre nutzen – denn für Besitzer eines HVV-Tagestickets ist die Bootsfahrt inklusive. Für eine Gruppentageskarte, die unter der Woche ab neun Uhr und am Wochenende sogar ganztägig gültig ist, zahlen fünf Personen zusammen gerade einmal 12,40 Euro und können damit Bus, Bahn und Fähre fahren. Zum Vergleich: die touristische Hafenrundfahrt kostet mindestens 15 Euro pro Person. Außerdem hat man vom Deck der Fähre den besten Blick auf die Skyline der Stadt und kann nicht nur den Turm des Hamburger Michels, sondern auch die unverwechselbare und beeindruckende Silhouette der Elbphilharmonie bewundern.
Von der Haltestelle Landungsbrücken aus erreichen Besucher die „Elphi“, wie sie von den Hamburgern liebevoll genannt wird, zu Fuß in etwa 15 Minuten. Eintritt hat jeder – auch ohne Konzertkarte. Einfach am Schalter neben dem Eingang nach einem kostenlosen Ticket für die Plaza, die Aussichtsplattform des Konzerthauses, fragen und schon geht’s per Rolltreppe ins Innere des Gebäudes. Die Konzertsäle können zwar nicht betreten werden, der Rundumblick auf die Stadt und den Hafen ist dafür aber eine angemessene Entschädigung. Auch der Stadtteil St. Pauli ist von der Plaza aus zu sehen. Und wer die Aussicht bei Abenddämmerung genießt, der sieht, dass das eine oder andere Licht auf dem Kiez schon wieder leuchtet.