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Fast 70 Jahre war der Landrover Defender das Maß der Dinge in der Offroad-Szene. Jetzt ist sein Nachfolger da. Ein völlig neues Auto – doch überall schimmert das knorrige Original durch.
Die Automobilgeschichte kennt nur ein Beispiel, bei dem eine Modellgeneration sieben Jahrzehnte mehr oder weniger unverändert auf dem Markt war. Beim Land Rover, der 1990 zum Land Rover Defender wurde, war das so. Von seiner Premiere 1948 bis zum offiziellen Produktionsende 2016 wurde der kernige Geländewagen mehr als zwei Millionen Mal gebaut – ohne etwas an der Grundform zu ändern. Überall in der Welt ist das Auto mit der beeindruckenden Kletterfähigkeit im Einsatz, seine Fangemeinde ist riesig.
Wie viel man bei der Neuauflage einer sogenannten Ikone falsch machen kann, zeigte sich 2011, als die Studie Defender Concept 100 präsentiert wurde: Zu rundgelutscht, zu beliebig lautete das Urteil der interessierten Öffentlichkeit. Bei der endgültigen Neufassung des Jahres 2019 machten die Designer fast alles richtig. Obwohl da ein vollständig neues Auto auf der Straße steht, erkennt jeder halbwegs interessierte Autofahrer die Abstammung vom Ur-Defender. Vor allem der fast senkrecht stehende Bug, die spatenförmige Motorhaube und das an der seitlich angeschlagenen Hecktür angebrachte Reserverad sind unverwechselbare Merkmale.
Die steile Windschutzscheibe, das auf Wunsch farblich abgesetzte Dach und die darin eingelassenen Fensterchen stellen weitere charakteristische Defender-Details dar. Sinnbildlich für die vielfältigen Einsatzzwecke stehen vier von den britischen Marketingprofis geschnürte Zubehör-Pakete: Explorer, Adventure, Country und Urban.
Bei aller Verspielt- und Detailverliebtheit am Außenkleid zeigt sich das Cockpit erfrischend schlicht und aufgeräumt. Eine Ausnahme bilden die absichtlich sichtbar platzierten Verschraubungen der Türverkleidungen. Die Armaturentafel ist als großes offenes Fach ausgeführt, in deren Mitte der berührungsempfindliche Bildschirm angebracht ist. Das neuentwickelte Infotainment-System kann dank eines separaten Puffer-Akkus sofort, also ohne vorheriges „Bitte warten“-Standbild, benutzt werden. Im Basismodell zeigen analoge Rundinstrumente Tempo und Drehzahl an, ab der mittleren Ausstattung übernimmt das ein 12,3-Zoll-Bildschirm. Der Schalthebel sitzt auf einem kleinen Vorsprung unterhalb der Armaturentafel, sodass der Fußraum durchgängig frei bleiben kann. Den neuen Defender – sowohl die Kurz- als auch die Langfassung – gibt es auf Wunsch mit einem zusätzlichen Sitz in der ersten Reihe (Aufpreis 893 Euro), wodurch er zum Sechssitzer wird. Anstelle des vorderen Klappsitzes kann im fünftürigen Modell 110 mit 3,02 Metern Radstand alternativ eine dritte Sitzreihe (Aufpreis 1326 Euro) eröffnet werden, was den Defender zum 5+2-Sitzer macht.
Konstruktionsseitig bricht der Neue mit dem bisherigen Prinzip einer starren Hinterachse. Stattdessen haben die Käufer die Wahl, die Einzelradaufhängung mit Luft- oder Schraubenfedern zu ordern. Die Geländefähigkeiten dürften damit in den allermeisten Fällen die Kundenanforderungen übersteigen. Das
elektronisch gesteuerte Allradsystem mit dem zweistufigen Verteilergetriebe, das sperrbare Mittendifferenzial sowie das gegen Aufpreis erhältliche aktive Hinterachs-Sperrdifferenzial machen den Defender zum Kraxel-Profi.
Benzin- und Dieselmotoren machen den Anfang, eine Plug-in-Hybridvariante soll etwas später folgen. Als Benziner stehen der 2,0-Liter-Vierzylinder mit 300 PS/221 kW und der 3,0-Liter-Sechszylinder mit 400 PS/294 kW zur Wahl, bei den Dieseln ein 2,0-Liter-Vierzylinder in den Leistungsstufen 200 PS/147 kW und 240 PS/177 kW. Die fünftürige Version Defender 110 kostet ab 55 600 Euro, der kürzere Dreitürer Defender 90 folgt noch in diesem Jahr ab 49 700 Euro.