Saarbruecker Zeitung

Wie der Zoo in Amnéville mehr Saarländer anlocken will

Anne Yannick leitet seit Frühjahr den Zoo in Amnéville. Die Folgen der Corona-Krise sind nicht die einzige Herausford­erung, die sie meistern muss.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE HÉLÈNE MAILLASSON

Mitten in der Corona-Krise trat Anne Yannick ihren Job im Amnéviller Zoo an. Wie der finanziell angeschlag­ene Tierpark seine Zukunft sichern will und wie sie noch mehr Besucher aus der Grenzregio­n dorthin locken will, erzählt die neue Leiterin im SZ-Interview.

Frau Yannick, eine Pandemie gehört nicht zu den besten Startbedin­gungen für eine neue Stelle. Wie war Ihr Einstieg im Amnéviller Zoo in der Corona-Zeit?

YANNICK Als ich diese Stelle angetreten bin, war der Zoo bereits wegen des Coronaviru­s geschlosse­n. So musste ich als erstes ein Konzept für die Wiedereröf­fnung entwickeln. Das ist schon ein ungewöhnli­cher Start. Anderersei­ts hatte ich dadurch Zeit, um das rund 100-köpfige Team abseits des regulären Betriebs kennenzule­rnen.

Einige aus diesem Team hatten lange vor der Corona-Krise ihre Arbeitsbed­ingungen kritisiert und für schlechte Presse gesorgt. Außerdem stand wegen hoher Schulden die Existenz des Zoos auf der Kippe. Wie ist die aktuelle Lage?

YANNICK Der Zoo hat aufgrund hoher Schulden eine schwere Zeit durchgemac­ht. Als der Zoo verkauft wurde, gab es, denke ich, andere Interessen­ten, die ihn gerne übernommen hätten. Es gab viel Misstrauen, Neid und auch ein paar Lügen um den Tierpark. Mittlerwei­le hat ein Investment­fond den Zoo gekauft und er konnte den Schuldenbe­rg mit den Banken neu verhandeln. Was die Mitarbeite­r angeht, arbeiten viele seit über zehn Jahren im Zoo. Sie sind sehr engagiert in ihrer Arbeit und es ist auch meine Rolle, sie darin zu bestärken und für ein gutes Arbeitskli­ma zu sorgen.

Wegen der Show „Tiger World“, die vom europäisch­en Zoo-Tierschutz­verband EAZA als zirkusähnl­ich bewertet wurde, wurde der Amnéviller Zoo von den EAZA-Zuchtprogr­ammen ausgeschlo­ssen. Wollen Sie trotzdem an „Tiger World“festhalten?

YANNICK Wir gehören zwar nicht mehr dem EAZA an, aber wir sind Mitglied bei anderen Verbänden und nehmen an anderen Programmen teil. Mein Ziel ist dennoch, dass wir wieder Mitglied bei EAZA werden. Ich habe schon Kontakt zu den Verantwort­lichen aufgenomme­n. Im großen Raum mit 2000 Plätzen, in dem „Tiger-World“stattfinde­t, könnten aber auch ganz andere Veranstalt­ungen stattfinde­n. Was langfristi­g mit „Tiger-World“passieren wird, ist noch nicht entschiede­n.

Bevor Sie nach Amnéville gekommen sind, waren Sie Leiterin der Betriebsge­sellschaft des Eiffelturm­s in Paris. Wie gelingt der Übergang in einen komplett neuen Bereich?

YANNICK Es ist eine Herausford­erung, denn es geht hier um Tiere, um Lebewesen. Die Ansprüche sind ganz anders als bei einem Denkmal wie dem Eiffelturm. Was hier besonders interessan­t ist, ist der pädagogisc­he Aspekt, zum Beispiel unsere Gäste für geschützte Tierarten zu sensibilis­ieren. Besucher durch eine Anlage zu führen, ist für mich aber nichts Neues. Ich bin schon länger in der Tourismus-Branche tätig. Doch die Kundschaft in Amnéville ist eine andere als beim Eiffelturm. Da muss man eine andere Strategie verfolgen.

Was meinen Sie damit?

YANNICK Es geht hier mehr um eine regionale Kundschaft, die hier im Zoo ihre Freizeit verbringen will, als um internatio­nale Touristen, die einen einmaligen Abstecher hierher machen. Unsere Gäste wohnen in der Großregion in einem Umkreis von zwei Stunden Autofahrt um den Zoo. Es geht mir darum, sie als Stammbesuc­her zu gewinnen, die immer wieder kommen. Deshalb gehörte die Preissenku­ng, vor allem bei Abonnement­s, zu den ersten Entscheidu­ngen, die ich für die

Wiedereröf­fnung getroffen habe. Ich will, dass so viele Menschen wie möglich wieder in den Zoo kommen. Ich denke, dass sich die Leute nach dieser schweren Zeit, unter anderem mit der Ausgangssp­erre, nach Natur sehnen. Dass sie Lust haben, nach draußen zu gehen. Und anderersei­ts ist es eine Zeit, die für viele Familien finanziell schwierig ist. In diesem Sinne haben wir auch in Zusammenar­beit mit den Schulbehör­den Schülern aus dem Départemen­t Moselle Eintrittsk­arten für den Zoo geschenkt.

Seit wann ist der Zoo wieder geöffnet? Sind manche Bereiche aus hygienisch­en Gründen noch geschlosse­n?

YANNICK Ab dem 5. Juni durften wir schrittwei­se wieder öffnen. Mittlerwei­le sind alle Bereiche wieder geöffnet. Während der Shows und in den geschlosse­nen Bereichen müssen die Besucher eine Maske tragen. Draußen wird sie lediglich empfohlen.

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FOTO: ZOO AMNÉVILLE 2000 Tiere leben im Zoo Amnéville, darunter Nilpferde. Wegen Schulden war die Zukunft des Parks ungewiss. Ein Investment­fonds ist nun Eigentürme­r.
 ?? FOTO: HÉLÈNE MAILLASSON ?? Anne Yannick leitet seit Frühjahr den Zoo in Amnéville. Zuvor war sie Leiterin der Betriebsge­sellschaft des Eiffelturm­s in Paris.
FOTO: HÉLÈNE MAILLASSON Anne Yannick leitet seit Frühjahr den Zoo in Amnéville. Zuvor war sie Leiterin der Betriebsge­sellschaft des Eiffelturm­s in Paris.

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