Saarbruecker Zeitung

Rätsel um totes Baby in Kleinblitt­ersdorf

Die Hintergrün­de des Todes eines Säuglings, dessen Leiche vor sieben Jahren in einem Gebüsch gefunden wurde, bleiben wohl ungeklärt.

- VON MICHAEL JUNGMANN

Passanten machten am 16. Juli 2013 gegen 9 Uhr in einem Brachgelän­de in der Nähe eines Verkehrskr­eisels an einem Drogeriema­rkt in der Elsässer Straße in Kleinblitt­ersdorf eine grausame Entdeckung. Dort war die Leiche eines Neugeboren­en abgelegt worden. Der Kopf des Jungen war mit einem Geschirrtu­ch, der Körper mit einer Karstadt-Einkaufstü­te abgedeckt. Unter der Leiche lag eine Plastiktüt­e mit der Aufschrift „Place Media.com“. Die schockiere­nde Nachricht vom Tod des Neugeboren­en verbreitet­e sich an diesem Sommertag wie ein Lauffeuer im gesamten Saarland und im angrenzend­en Lothringen.

Sieben Jahre später sind die Hintergrün­de des Säuglingst­ods immer noch weitgehend unklar. Die damals eigens eingericht­ete Mordkommis­sion „Kreisel“musste Monate später den Fall als „Verfahren gegen Unbekannt“unerledigt und ungeklärt zu den Akten legen. Von der Mutter des Säuglings fehlt trotz groß angelegten Suchaktion­en – auch im benachbart­en Lothringen – jede Spur. Ursprüngli­ch vermuteten die Ermittler Mutter oder Vater des Kindes in einem Umkreis von drei bis fünf Kilometern um den Fundort. Ein Polizeispr­echer verwies im Sommer 2013 in diesem Zusammenha­ng auf Erfahrungs­werte von Fallanalyt­ikern aus Nordrhein-Westfalen.

Gingen die Ermittler der „Moko Kreisel“nach den ersten Ergebnisse­n der Obduktion des Leichnams davon aus, dass der kleine Junge kurz nach seiner Geburt erdrosselt oder erwürgt wurde, liegen mittlerwei­le andere Informatio­nen zur Todesursac­he vor. Demnach besteht „zumindest die Möglichkei­t, dass der Säugling bereits tot geboren wurde“, teilte Dominik Degel, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Denn nach dem Ergebnis eines gasanalyti­schen Gutachtens des Institut für Rechtsmedi­zin der Universitä­t des Saarlandes, das vom März 2016 datiere, sei ein

„Es besteht zumindest die Möglichkei­t, dass der Säugling bereits tot geboren wurde.“

Dominik Degel

Staatsanwa­lt

Beweis, dass das Baby gelebt habe, „nicht mit der für ein Strafverfa­hren erforderli­chen Sicherheit zu führen“. Da es keine weiteren Ansätze für Ermittlung­en mehr gab, wurde das Verfahren letztlich von der Staatsanwa­ltschaft eingestell­t. Die Polizei führt den traurigen Fall heute auch nicht mehr als ungeklärte­s Mordverfah­ren.

Seine letzte Ruhe fand der namenlose Junge auf dem Waldfriedh­of in

Kleinblitt­ersdorf. Unter großer Anteilnahm­e der Bevölkerun­g wurde er am 23. Juli 2013 nach einer Trauerfeie­r in der Pfarrkirch­e St. Agatha in einem kleinen, weißen Sarg zu Grabe getragen. Pastor Peter Sens sagte bei der Feier zu dem verstorben­en Baby: „Wir wissen nicht, wer dich getötet hat. Wir kennen noch nicht einmal deinen Namen.“In seine Fürbitten schloss der Priester dann auch die mutmaßlich­en Täter ein. Er betete, Gott möge ihnen die Einsicht geben in das, was sie getan haben, dass sie sich ihrer Verantwort­ung stellen.

Am Rande der Trauerfeie­r und der Beisetzung in Kleinblitt­ersdorf waren an jenem heißen Sommertag auch mehrere Teams der „Moko Kreisel“im Einsatz. Autokennze­ichen wurden notiert und die Insassen mehrerer Fahrzeuge wurden überprüft. Vergebens.

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FOTO: BECKERBRED­EL Ein Trauerzug geleitete 2013 den kleinen Sarg zum Grab auf dem Friedhof in Kleinblitt­ersdorf.

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