Mehr als 11 000 zusätzliche Fahrverbote
Nach der juristischen Panne beim Bußgeldkatalog für Autofahrer fordern CSU und FDP eine Rücknahme der verschärften Strafen.
(vet) Durch die Verschärfung des Bußgeldkatalogs sind zwischen dem 28. April und dem 2. Juli mehr Geschwindigkeitsverstöße registriert worden, die mit einem einmonatigen Fahrverbot belegt sind. Nach einer ersten Übersicht wurden 11 200 Fälle registriert. Das geht aus einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage des verkehrspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, hervor. Der
Bußgeldkatalog ist wegen eines Formfehlers vorerst aber außer Kraft gesetzt.
Die neue Straßenverkehrsordnung droht bereits mit einem einmonatigen Führerscheinentzug, wenn innerorts 21 Kilometer und außerorts 26 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren wird. Nach der alten Regelung lagen die Grenzen bei einer Überschreitung von 31 beziehungsweise 41Kilometern pro Stunde. Die neuen Bestimmungen waren Ende April in Kraft getreten. Wegen eines Anfang Juli bekannt gewordenen Formfehlers setzten schließlich alle Bundesländer den neuen Bußgeldkatalog vorerst außer Vollzug. In manchen Bundesländern erhalten Temposünder deshalb inzwischen ihren Führerschein zurück. Es gibt aber kein einheitliches Verfahren. Im Saarland wurden bislang 133 bereits eingezogene Führerscheine zurückgegeben sowie in 115 Fällen Betroffene informiert, dass das Verbot nicht vollstreckt wird.
Formal betrachtet wäre der Formfehler schnell zu beheben. Doch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hält die vom Bundesrat erzwungene Strafverschärfung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen für überzogen. Deshalb will der CSU-Politiker die Gelegenheit nutzen, um sie rückgängig zu machen. Das wiederum stößt jedoch vor allem bei Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung auf Widerstand.
FDP-Verkehrsexperte Luksic wirft Scheuer handwerklichen Pfusch vor, gibt ihm aber in der Sache recht. „Die 11 200 zusätzlichen Fahrverbote belegen die Absurdität und zeigen die Unverhältnismäßigkeit der Führerscheinfalle Straßenverkehrsordnung“, kritisierte der Chef der Saar-FDP. „Die handwerklichen Fehler Scheuers gehen wieder einmal auf Kosten anderer, von Verantwortungsbewusstsein keine Spur“, sagte Luksic. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warb für mehr Nachsicht bei Tempoverstößen. Nun müsse es darum gehen, „diesen Bußgeldkatalog in gegebenenfalls korrigierter Form so schnell wie möglich in Kraft zu setzen“.
Nach der aktuellen Statistik kamen im vergangenen Jahr 963 Menschen bei Verkehrsunfällen im Zusammenhang mit überhöhter Geschwindigkeit ums Leben. Das war fast jeder dritte Verkehrstote. Wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung wurden 2019 insgesamt rund 457 000 Fahrverbote verhängt. Das waren etwa 7000 weniger als im Jahr davor.