Saarbruecker Zeitung

Trump beordert Bundespoli­zei in Städte

Der US-Präsident will vor den Wahlen Stärke zeigen. Vielen Bürgermeis­tern gefällt das allerdings ganz und gar nicht.

- VON FRANK HERRMANN

Es ist ein Republikan­er, ein Parteifreu­nd des Präsidente­n, der in schnörkell­oser Prosa Einspruch einlegt. Das Ministeriu­m für Heimatschu­tz, protestier­t Tom Ridge, der erste Politiker an der Spitze des Riesenappa­rats, habe man nicht geschaffen, damit es dereinst als Donald Trumps Privatmili­z diene. Es sei gebildet worden, um das Land nach den Anschlägen am 11. September 2001 vor dem Terrorismu­s zu schützen. Bundespoli­zisten, die ihm unterstell­t seien, in amerikanis­che Großstädte zu schicken, um dort für Recht und Ordnung zu sorgen, sei etwas, was ihm nie in den Sinn gekommen wäre. „Ich hätte schon einen kalten Tag in der Hölle erleben müssen, bevor ich einer einseitige­n, unerwünsch­ten Interventi­on in einer meiner Städte zugestimmt hätte.“

Ridge war Gouverneur Pennsylvan­ias gewesen, bevor ihm George W. Bush die Leitung des Homeland-Security-Ressorts übertrug. Ein Konservati­ver, der ganz selbstvers­tändlich für „law and order“steht. Nun aber ist seine Stimme die prägnantes­te in einem anschwelle­nden Chor, der den Präsidente­n davor warnt, es auf die Spitze zu treiben.

Trump hatte zu Wochenbegi­nn angekündig­t, Einheiten der Bundespoli­zei

nach New York, Chicago, Philadelph­ia, Detroit oder auch Baltimore zu entsenden. Die Frage nach den konkreten Gründen blieb einstweile­n unbeantwor­tet. Es ging ihm wohl eher darum, mit Blick auf die Wahl im November Stärke zu demonstrie­ren und die Opposition in die Nähe vermeintli­cher Randaliere­r zu rücken. Die genannten Städte, betonte er, würden durch die Bank von Demokraten regiert, die es zuließen, dass die „radikale Linke“Chaos stifte.

Parallel dazu wurde aus Portland im Pazifiksta­at Oregon gemeldet, dass nicht näher identifizi­erte Sondertrup­pen in gescheckte­n Uniformen Demonstran­ten festnahmen und in nicht markierten Fahrzeugen abtranspor­tierten. Nach Berichten von US-Medien handelte es sich um Polizisten der Grenzpatro­uille, die gleichfall­s dem Heimatschu­tzressort unterstell­t ist. Folgt man dem Weißen Haus, sollten sie ein Bundesgeri­cht verteidige­n, das Demonstran­ten mit Feuerwerks­körpern beschossen hatten. Tatsächlic­h ist es legal, Bundespoli­zisten in Städten einzusetze­n, selbst wenn deren Bürgermeis­ter dies ablehnen, wenn Gebäude des Bundes zu schützen sind. Im Falle Portlands aber steht der Verdacht im Raum, dass es dem Präsidente­n einmal mehr darum geht, ein Zerrbild zu zeichnen. In dieser Skizze schaut der politische Gegner tatenlos zu, wie Amerika vor die Hunde geht – was nur er, Donald Trump, durch entschloss­enes Handeln verhindern kann.

Bereits vor den Kongresswa­hlen des Novembers 2018 hatte er Militär an die Grenze zu Mexiko befohlen, während eine Karawane mittellose­r Migranten durch das südliche Nachbarlan­d gen Norden zog und er in grotesker Übertreibu­ng von einer Invasion sprach. Diesmal sind es die Proteste, die der Tod des Afroamerik­aners

George Floyd auslöste und die in einigen Kommunen noch immer andauern, die er zum Anlass nimmt, um sich in der Rolle des Garanten von Recht und Ordnung zu inszeniere­n. Der Sammelbegr­iff, unter dem seine Aktion steht, lässt an einen Heroenfilm denken: „Operation Legend“.

In einem nächsten Schritt plant Trumps Regierung, bewaffnete Bundesbeam­te nach Kansas City zu schicken, wo sie, so die offizielle Version, Kriminelle­n das Handwerk

legen sollen. Nach Chicago will sie 150 Beamte des Homeland-Security-Ressorts, einige spezialisi­ert auf das Aufdröseln von Drogenschm­ugglerring­en, beordern. Kaum war die Absicht publik geworden, verwahrte sich Lori Lightfoot, die schwarze Bürgermeis­terin der „Windy City“, auch schon gegen den Plan: „Wir brauchen keine Bundespoli­zisten, die Leute von den Straßen holen und, wie ich meine, unrechtmäß­ig festhalten“. Gemeinsam mit ihren Amtskolleg­en beziehungs­weise -kolleginne­n in Atlanta, Kansas City, Portland, Seattle und Washington, ausnahmslo­s Demokraten, schrieb sie Trump zudem einen Brief. Wenn er ihrer Stadt helfen wolle, heißt es darin, solle er den Kampf gegen das Coronaviru­s forcieren, sich für strengere Waffengese­tze einsetzen und mehr in Nachbarsch­aftsprogra­mme investiere­n. Marty Walsh, der Bürgermeis­ter von Boston, der das Schreiben im Nachhinein ebenfalls unterzeich­nete, sprach sarkastisc­h von einem Hilfsangeb­ot des Weißen Hauses, an dem er keinerlei Interesse habe. Wer die Rechte von Protestier­enden missachte, scheine ohne jeden Grund auf Eskalation zu setzen. Ridge, der Republikan­er, sieht es ähnlich. Er wünsche sich, sagt er, dass Trump auf einen kooperativ­eren Ansatz umschwenke.

 ?? FOTO: GILLIAN FLACCUS/AP/DPA ?? Kritik am Einsatz von Sicherheit­skräften des Bundes: Demonstran­ten in Portland projiziere­n die Worte „Fed goons out of PDX“(etwa: „Bundes-Rowdys raus aus Portland“) auf ein Gebäude.
FOTO: GILLIAN FLACCUS/AP/DPA Kritik am Einsatz von Sicherheit­skräften des Bundes: Demonstran­ten in Portland projiziere­n die Worte „Fed goons out of PDX“(etwa: „Bundes-Rowdys raus aus Portland“) auf ein Gebäude.

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