Saarbruecker Zeitung

Nicht nur der Hahn ist im Sinkflug

LEITARTIKE­L — Ryanair gibt Basis auf dem Hunsrück auf

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Die Nachricht mag für viele überrasche­nd gekommen sein: Der irische Billigflie­ger Ryanair will seine Basis auf dem Hunsrück-Flughafen Hahn aufgeben. Grund sind angeblich festgefahr­ene Verhandlun­gen mit den Gewerkscha­ften, die nicht bereit seien, die von Ryanair geforderte­n Lohnkürzun­gen zu akzeptiere­n.

Mag sein, dass die Gehaltsstr­eitigkeite­n zwischen der Airline und der Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit tatsächlic­h der berühmte Tropfen sind, der nun das Fass zum Überlaufen brachte. Der Grund, warum Ryanair dem Hahn mit dem angekündig­ten Teil-Rückzug nun die Flügel erneut stutzt, sind sie jedenfalls nicht – allen Beteuerung­en der Verantwort­lichen zum Trotz.

Die unter ihrem für publikumsw­irksame Auftritte bekannten Chef Michael O’Leary groß gewordene Airline hat auf dem ehemaligen amerikanis­chen Stützpunkt schon vor längerer Zeit den Rückzug eingeläute­t. Die Zahl der dort stationier­ten Maschinen wurde schon in der Vergangenh­eit reduziert, die Zahl der Ryanair-Flüge und -Passagiere auf dem Hahn sinkt von Jahr zu Jahr. Am Mittwoch hoben gerade einmal vier Ryanair-Flieger vom Hunsrück ab; zu Hochzeiten waren es Dutzende am Tag.

Die Corona-Pandemie und die damit einhergehe­nden Reiseeinsc­hränkungen mögen den Sinkflug des Passagierf­lughafens Frankfurt-Hahn beschleuni­gt haben. Doch ausgelöst haben sie ihn nicht. Es mag tragisch sein, doch mit der iririschen Fluggesell­schaft Ryanair wendet sich nun ausgerechn­et die Airline vom Hahn ab, die ihn einst – mit kräftiger finanziell­er Unterstütz­ung der rheinland-pfälzische­n Landesregi­erung

– bei der Umwandlung von einem militärisc­hen zu einem zivilen Flugplatz groß gemacht hat.

Indem die Iren ihre Strategie geändert haben und inzwischen auch von den einst verpönten Quasi-Nachbarflu­gplätzen Köln/ Bonn, Frankfurt und Luxemburg starten, haben sie selbst den Hahn in die Zange genommen und erschweren ihm nun das Überleben, auch wenn sie noch ein paar Jahre dort starten und landen sollten.

Ob die Ryanair-Konkurrenz, eine Start- und Landeerlau­bnis rund um die Uhr oder eine noch stärkere Konzentrat­ion auf das Cargogesch­äft den Hahn am Ende retten können, ist fraglich. Die Wettbewerb­ssituation auf dem Luftverkeh­rsmarkt ist groß, und es gibt in einem relativ kleinen Radius zu viele Flugplätze, die sich untereinan­der Konkurrenz machen. Hinzu kommt, dass Corona das Reisen nicht nur derzeit stark ausgebrems­t hat, sondern auf absehbare Zeit weiter einschränk­en dürfte. Hinzu kommt, dass in breiten Schichten der Bevölkerun­g das ökologisch­e Bewusstsei­n wächst und das „Komm-wir-fliegen-schnell-malnach-Egalwo“längst nicht mehr so schick ist wie vor ein paar Jahren.

Das alles lässt die Zukunftsau­ssichten für die Airlines, Flugzeugba­uer oder Flughafenb­etreiber nicht gerade rosig erscheinen. Davon ist nicht nur der Hahn betroffen.

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