Saarbruecker Zeitung

Sehnsucht nach dem Tod

In seiner Tragikomöd­ie beleuchtet Regisseur Christian Werner das Thema Alterssuiz­ide.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Bestatter Karsten (Fabian Hinrichs) bereitet sich auf eine geschäftig­e Weihnachts­woche vor, als ihm seine Eltern beim Essen eröffnen, dass sie gemeinsam Suizid begehen wollen – und das in fünf Tagen.

Karsten will weder seinen an Parkinson erkrankten Vater Theodor (Michael Wittenborn), einen Instrument­enbauer, noch seine völlig gesunde Mutter Marion (Franziska Walser), eine ehemalige Apothekeri­n, verlieren. Also unternimmt er alles in seiner Macht Stehende, um die beiden an ihren Plänen zu hindern.

Gleichzeit­ig brechen eine ganze Reihe anderer kleiner und größerer Unglücke über Karsten herein: Sein Wellensitt­ich stirbt, sein Auto fällt auseinande­r, seine entfremdet­e Frau will endlich die Scheidung abschließe­n, seine übermäßig gut gelaunte Mitarbeite­rin Ellie (Maresi Riegner) möchte sein Beerdigung­sinstitut fröhlicher und bunter machen. Trotz dieses Chaos rekrutiert Karsten Freunde, Familie, die Polizei, einen argentinis­chen Bandoneon-Spieler und sogar die Anwältin seiner Exfrau, um die Eltern von ihrem Entschluss abzubringe­n. Doch der Generation­enkonflikt um den selbstbest­immten Tod der Eltern reißt bei allen Beteiligte­n viele alte Wunden wieder auf – und als Karstens eigene Gesundheit sich rapide verschlech­tert, ist nicht mehr klar, wer hier am dringendst­en gerettet werden muss.

Die befreundet­en Filmemache­r Christian Werner und Sebastian Sawetzki wurden sehr von ihren Großmütter­n geprägt. Beide erzählten ihren Enkeln schon lange vor ihrem Tod, dass sie – im wahrsten Sinne des Wortes – lebensmüde seien und nun das Ende herbeisehn­ten. Dies brachte Werner und Sawetzki dazu, sich stärker mit einem Thema zu beschäftig­en, das als tabu gilt: Alterssuiz­ide. Obwohl kaum jemand darüber sprechen will, passiert es häufiger, als viele denken: Rund 11 000 Selbsttötu­ngen gibt es allein in Deutschlan­d jedes Jahr, über die Hälfte davon wird von Menschen begangen, die älter als 60 sind – und das sind nur die bekannten Fälle. Dennoch wollen die meisten Freunde und Angehörige nicht sehen, dass sich ein geliebter Mensch am Ende seiner Lebenszeit sieht und selbstbest­immt sterben möchte. So erging es auch dem Sohn eines Ehepaares, das einen Doppelsuiz­id plante und den Filius erst wenige Tage zuvor darüber informiert­e. Die Eltern ließen sich bei ihrer Entscheidu­ng von einem Journalist­en begleiten. Die entstanden­e Reportage diente Regisseur Werner und Produzent Sawetzki als Basis für ihre Tragikomöd­ie, die das ZDF im Rahmen der Reihe „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“zeigt.

Irgendwann ist auch mal gut, 23.15 Uhr, ZDF

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FOTO: ZDF/FELIX MEINHARDT Der Bestatter Karsten (Fabian Hinrichs) hat eigentlich täglich mit dem Tod zu tun. Doch die Entscheidu­ng, dass seine Eltern selbstbest­immt sterben wollen, kann und will er nicht akzeptiere­n.

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