Saarbruecker Zeitung

Bürger laufen Sturm gegen Windräder

Das höchste Windrad des Landes (247 Meter) soll im Krughütter Wald zwischen Klarenthal und Schoeneck entstehen. Bei einer Versammlun­g machten Saarländer und Franzosen ihrem Ärger Luft.

- VON HEIKO LEHMANN Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Jörg Laskowski, Frank Kohler

Stattliche 247 Meter hoch soll eines der beiden Windräder im Krughütter Wald bei Klarenthal werden. Es wäre damit das höchste von allen 202 Windrädern im Saarland. Die Saarbrücke­r Zeitung hat von den exakten Koordinate­n des geplanten Windrades aus ein Foto geschossen, um die Dimension der Anlage zu verdeutlic­hen (Bild oben).

Die Entfernung zu den Häusern in Klarenthal auf der linken Seite beträgt 930 Meter. Das teilte der Projektier­er, die Firma Duno Air aus Trier, mit. Die Häuser auf der rechten Seite gehören zum französisc­hen Schoeneck und haben etwa die gleiche Entfernung zum größten der beiden geplanten Windräder.

„Die Bundesregi­erung hat erst in diesem Jahr entschiede­n, dass Windräder mindestens 1000 Meter von Wohnhäuser­n entfernt stehen sollen. – Wieso machen Sie das bei uns trotzdem anders?“, fragte Anwohner Luitpold Rampeltsha­mmer am Dienstag in der Mehrzweckh­alle in Klarenthal und bekam von etwa 100 Gästen Applaus.

„Das ist kein Gesetz, das die Bundesregi­erung erlassen hat, sondern es sind Richtwerte“, antwortete Marc Wiemann von Duno Air. Bezirksbür­germeister­in Isolde Ries hatte zu der Informatio­nsveransta­ltung eingeladen.

Vor vier Jahren wurden drei geplante Windräder im Krughütter Wald nicht genehmigt. Jetzt gibt es einen neuen Antrag, über den in einem sogenannte­n vereinfach­ten Verfahren ohne Öffentlich­keitsbetei­ligung entschiede­n wird.

Bürger aus Klarenthal, Gersweiler, aus anderen Teilen des Saarlandes und aus Frankreich kamen und machten ihrem Ärger Luft. „Ein Windrad von dieser Dimension wirft einen enormen Schatten, der sich negativ auf unsere Photovolta­ikanlagen auswirken wird. Wir hätten damit einen echten wirtschaft­lichen Schaden“, sagte Alfred Berlich aus der Straße Am Bruch. Edith Reichert, die stellvertr­etende Bürgermeis­terin aus dem französisc­hen Schoeneck, macht sich wie viele andere Bürger Sorgen wegen der Lautstärke der Windräder. Diese darf per Gesetz 35 Dezibel nicht überschrei­ten. Für viele Anwesenden sind selbst 35 Dezibel noch viel zu laut.

Joachim Sartorius vom Landesamt für Umwelt- und Arbeitssch­utz (LUA) des Saarlandes hatte die Rolle des neutralen Erklärers. „35 Dezibel können nachts nerven wie ein alter brummender Kühlschran­k. Aber 35 Dezibel sind die Vorgabe des Gesetzgebe­rs,

und daran haben wir uns bei der Prüfung zu halten“, erklärte Sartorius.

Auch die Umweltkomp­onente spielte eine große Rolle. Die Kraniche fliegen jedes Jahr zweimal über das Waldgebiet, und der Eingriff in die Natur zum Bau der Windräder sei eine Katastroph­e, hieß es aus der Halle.

Viele Lkw sollen täglich über die schmalen Feld- und Waldwege fahren. „Ein vereinfach­tes Verfahren heißt nicht, dass wir es uns einfacher machen. Im Gegenteil: Wir werden alles bis ins Detail prüfen lassen“, sagte Sartorius.

In einer Studie hat der Regionalve­rband

Isolde Ries,

vor fünf Jahren festgelegt, wo Windräder aufgestell­t werden können. Darunter fällt auch der Krughütter Wald. Dort, wo die Windräder hin sollen, gehört der Wald dem Stift St. Arnual, und das braucht Geld. „Vor einigen Jahrzehnte­n wurde bei uns festgelegt, dass die Einnahmen der Waldwirtsc­haft für Projekte des Stiftes genutzt werden sollen. Mittlerwei­le ist der Wald aber ein großer Kostenfakt­or. Mit den Windrädern können wir wieder Geld verdienen“, sagte Rolf

Kiderle, der Vorsitzend­e des Verwaltung­srates des Evangelisc­hen Stiftes St. Arnual. Wie viel das Stift für die Verpachtun­g der Waldfläche bekommt, wurde der SZ nicht mitgeteilt.

Das Stift stützt sich auf die Pläne des Regionalve­rbandes und hat das ganze Windräderp­rojekt offiziell ausgeschri­eben. Duno Air hat den Zuschlag bekommen und setzt nun den Auftrag um. Allerdings wesentlich abgeklärte­r und wohl auch wasserdich­ter als noch vor vier Jahren.

Klar ist aber auch, dass die Bevölkerun­g und auch die lokale Politik den Kampf gegen die nächsten Windräder gerade erst aufgenomme­n haben. „Wir reden hier über einen historisch­en Waldbestan­d mit Buchen und Eichen im Alter von mehr als 130 Jahren, die abgeholzt werden sollen. Bei der Planung des Regionalve­rbandes vor vier Jahren war auch nie die Rede von 247 Metern Höhe. Der Eiffelturm ist ja nur 50 Meter höher. Ich bin auch gegen diese Windräder“, sagte Bezirksbür­germeister­in Isolde Ries.

Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidu­ng darüber fallen, ob die beiden Windräder im Krughütter Wald gebaut werden oder nicht. Dabei hat aber weder der Bezirksrat West noch der Saarbrücke­r Stadtrat ein Mitsprache­recht. Das LUA entscheide­t in diesem Fall alleine. Das teilte das LUA mit.

„Bei der Planung war auch nie die Rede von

247 Metern Höhe. Der Eiffelturm ist ja nur

50 Meter höher.“

Bezirksbür­germeister­in

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FOTO: HEIKO LEHMANN Dieses Panorama bot sic h der Droh nen-Kamera unseres Fotografen über dem geplanten Standort des künftig h öc h sten Windrades im Saarland. E r liegt im Krugh ütter Wald zwisc h en dem Saarbrüc ker Stadtteil Klarenth al (links) und dem französisc h en Ort Sc h oenec k.
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FOTO: HEIKO LEHMANN Blic k von der E mpore auf die Bürgervers­ammlung, bei der die Corona-A bstandsreg­eln eingeh alten wurden.

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