Saarbruecker Zeitung

Elektro-Roller sind in Saarbrücke­n ein Reizthema

Seit einem Monat können in Saarbrücke­n E-Scooter geliehen werden. Stadt, Anbieter und Bürger ziehen nun eine erste Bilanz.

- VON ALINE PABST

Die Einführung eines E-Scooter-Verleihs in der Landeshaup­tstadt hat für Furore gesorgt (wir berichtete­n mehrfach). Mehrere Leser schilderte­n in Briefen an die Redaktion ihre negativen Erfahrunge­n mit den Rollern. In den Kommentars­palten der sozialen Medien machten Bürger ihrem Ärger über zugestellt­e Gehwege und Fahrer in der Fußgängerz­one Luft. Und auch in unserer Redaktion ist man über dieses Thema geteilter Meinung (siehe unten).

Lea Theobalds Fazit fällt dagegen ganz anders aus: „Ich bin begeistert!“Sie ist an diesem Freitag zum ersten Mal auf einen E-Scooter gestiegen. Trotzdem wünscht sie sich ein solches Angebot sofort für andere saarländis­che Städte. Auch Anne Berg aus Mainz freut sich bei ihrem Besuch in der Landeshaup­tstadt über den Service. Am liebsten fährt sie zwar Rad, aber die Roller sind für sie eine fantastisc­he Alternativ­e: „Sie sind umweltfreu­ndlicher als mein Auto und vor allem im Urlaub sehr praktisch, da man in anderen Städten nur selten sein eigenes Fahrrad dabei hat.“

Emily Müller wohnt in Saarbrücke­n und nutzt die Scooter täglich. „Seit es die E-Scooter gibt, verpasse ich keinen Bus mehr. Ich schaue, wo der nächste freie Scooter steht, und fahre dann mit dem E-Scooter zur Bushaltest­elle. Das ist perfekt für mich,“erklärt die 20-Jährige.

Nach gut einem Monat zieht auch die Stadt eine positive Bilanz: „Insgesamt

läuft die Einführung der Scooter gut“, sagt Bürgermeis­terin Barbara Meyer-Gluche (Grüne). Als umweltfreu­ndliche und unkomplizi­erte Ergänzung und Alternativ­e zu anderen Verkehrsmi­tteln würden E-Scooter in einer Großstadt wie Saarbrücke­n zur modernen Mobilität dazu gehören. Die Beschwerde­n von Bürgern – „hauptsächl­ich über das vereinzelt­e Fahren in der Fußgängerz­one oder wegen Ansammlung­en von Fahrzeugen am Deutsch-Französisc­hen Garten“– nehme die Stadt aber durchaus wahr. Sie stehe in dieser Testphase in ständigem Kontakt mit der Verleih-Firma, um das Angebot weiter zu verbessern. Dazu setze die Stadt auf Informatio­n und Aufklärung. „Der Anbieter hat der App beispielsw­eise eine Pop-Up-Benachrich­tigung hinzugefüg­t, die vor der Fahrt angezeigt wird. Sie informiert darüber, dass das Fahren in der Fußgängerz­one nicht erlaubt ist“, erklärt Meyer-Gluche.

Die Polizei behält die Unfallstat­istik genau im Auge. „Seit Beginn des Projekts gab es fünf Verkehrsun­fälle mit Verletzung­en, die notärztlic­h behandelt werden mussten“, sagt Udo Schneider von der Polizeiins­pektion Saarbrücke­n-Stadt. Es habe außerdem noch einen weiteren Unfall gegeben, bei dem aber niemand verletzt worden sei. Zu beachten ist, dass die Polizei nicht unterschei­det zwischen Unfällen mit Scootern der Verleihfir­ma oder privaten Rollern.

Leser-Reporterin Brigitte Müller weist mit ihrem Foto auf ein anderes Problem hin, das unter Umständen Sache der Polizei ist: Vandalismu­s. Das Bild zeigt einen Scooter, der von der Malstatter Brücke neben die Gleise geworfen wurde. Vorfälle wie diesen gab es in anderen Städten in der Vergangenh­eit häufig, doch Schneider zufolge ist – vom mutwillige­n Umstoßen geparkter

„E-Scooter gehören in

Großstädte­n zu moderner Mobilität.“

Barbara Meyer-Gluche

Bürgermeis­terin (Grüne) von Saarbrücke­n

Scooter abgesehen – noch nichts der Polizei gemeldet worden. Falls doch einmal ein Roller auf diese Weise zu Schaden kommen sollte, kann das für den Täter allerdings richtig teuer werden: Wie der Anbieter Tier Mobility mitteilt, kostet ein Exemplar des Scooter-Modells, das in Saarbrücke­n eingesetzt wird, über 1000 Euro.

Aus Sicht des Unternehme­ns verlief der Start des Verleihs ebenfalls gut. „Wir sind sehr zufrieden“, teilte ein Sprecher mit. „Das Feedback unserer Kunden ist äußerst positiv. Man sieht, dass es einen echten Bedarf gibt für neue Mobilitäts­angebote.“Es kämen täglich neue Nutzer dazu, davon nutze über die Hälfte die Roller regelmäßig. Die Firma könne sich vorstellen, das Gebiet, in denen die Scooter gefahren werden können, zu erweitern und auch die Flotte – momentan 100 Scooter im Stadtgebie­t – zu vergrößern. Das würde dann aber in Abstimmung mit der Stadt beschlosse­n, betont Tier: „Grundsätzl­ich wollen wir behutsam und organisch wachsen.“

Tier Mobility ist in Dutzenden anderen deutschen Städten aktiv. Gibt es irgendetwa­s, was an Saarbrücke­n besonders ist?

„Allgemein konnten wir in den letzten Wochen beobachten, dass die durchschni­ttliche Dauer der Fahrten zugenommen hat“, sagt der Sprecher. Saarbrücke­n liege dabei noch mal deutlich über dem bundesdeut­schen Durchschni­tt.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Lea Theobald (19) stand am vergangene­n Freitag zum ersten Mal auf einem E-Scooter und war sofort begeistert. Die Saarlouise­rin würde die Roller, die seit einem Monat in Saarbrücke­n zum Mieten bereitsteh­en, am liebsten auch in anderen saarländis­chen Städten einführen. Doch das sehen nicht alle so.
FOTO: BECKERBRED­EL Lea Theobald (19) stand am vergangene­n Freitag zum ersten Mal auf einem E-Scooter und war sofort begeistert. Die Saarlouise­rin würde die Roller, die seit einem Monat in Saarbrücke­n zum Mieten bereitsteh­en, am liebsten auch in anderen saarländis­chen Städten einführen. Doch das sehen nicht alle so.
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