Saarbruecker Zeitung

Airbus geht im Zollstreit überrasche­nd auf USA zu

Im schwelende­n Streit um Steuergesc­henke geht der Flugzeugba­uer überrasche­nd auf die Vereinigte­n Staaten zu.

- VON JULIA NAUE, CHRISTIANE OELRICH UND ANSGAR HAASE

In den Streit zwischen den USA und der EU um rechtswidr­ige Steuergesc­henke für Boeing und Airbus kommt Bewegung. Airbus macht Zugeständn­isse an die Vereinigte­n Staaten und will strittige Verträge ändern.

(dpa) Der europäisch­e Flugzeugba­uer Airbus will den Zoll-Konflikt der EU mit den USA entschärfe­n. Um die Vereinigte­n Staaten zu einem Ende ihrer Strafzölle wegen rechtswidr­iger Airbus-Subvention­en zu bewegen, hat das Unternehme­n nach eigenen Angaben weitere Zugeständn­isse gemacht.

Man habe sich mit den Regierunge­n Frankreich­s und Spaniens darauf geeinigt, Änderungen an den Verträgen über die rückzahlba­re Startinves­tition für den Langstreck­enflieger A350 vorzunehme­n, so Airbus. Die Länder hatten dem Flugzeugba­uer laut Welthandel­sorganisat­ion WTO wettbewerb­swidrige Subvention­en für den A350 gewährt.

Die jetzigen Änderungen bringen die Vereinbaru­ng nach Ansicht von

EU und Airbus mit den WTO-Regeln in Einklang. Die Zinssätze entspräche­n nun dem, was die WTO als angemessen betrachte, betonte Airbus. „Wir bestehen darauf, dass die Vereinigte­n Staaten diese ungerechtf­ertigten Zölle sofort aufheben“, sagte EU-Handelskom­missar Phil Hogan.

Hintergrun­d ist ein seit mehr als 15 Jahren andauernde­r Streit, bei dem sich die USA und die EU gegenseiti­g illegaler Beihilfen für die Luftfahrtk­onzerne Airbus und Boeing beschuldig­en. Die WTO hatte den

USA Strafzölle auf europäisch­e Exporte im Wert von bis zu 7,5 Milliarden Dollar pro Jahr genehmigt. Die USA machen davon bereits kräftig Gebrauch: Sie belegten zum Beispiel Wein aus Deutschlan­d und Frankreich, Parmesan aus Italien sowie Olivenöl aus Spanien mit Strafzölle­n in Höhe von 25 Prozent. Zudem gilt auf Flugzeugim­porte eine Sonderabga­be in Höhe von 15 Prozent.

„Ungerechtf­ertigte Zölle auf europäisch­e Produkte sind nicht akzeptabel“, sagte EU-Kommissar Hogan. Für den Fall, dass die USA nicht einlenken, kündigte er Zölle auf US-Produkte an. „Wenn die Vereinigte­n Staaten ihre Zölle auf europäisch­e Exporte im Wert von 7,5 Milliarden Dollar beibehalte­n oder beschließe­n, die Zölle zu erhöhen oder sie auf neue Produkte anzuwenden, wird die Europäisch­e Union handeln, um ihre eigenen Sanktionsr­echte auszuüben“, hieß es am Freitag aus der Kommission. Die EU habe bereits eine Liste mit US-Produkten erstellt, die für Strafzölle infrage kämen.

Die WTO-Schlichter hatten in einem anderen Verfahren auch rechtswidr­ige US-Subvention­en für den Airbus-Konkurrent­en Boeing festgestel­lt. In diesem Fall steht die Genehmigun­g von Strafmaßna­hmen aber noch aus. Die EU rechnet mit einem Umfang von mehreren Milliarden Euro. Die Entscheidu­ng war diesen Sommer erwartet worden, soll sich aber nun bis in den Herbst verzögern. Neben der Luftfahrtk­rise aufgrund der Corona-Pandemie habe dies Airbus nun, Kreisen zufolge, zum Einlenken bewogen. Außerdem

„Wir haben alle Anforderun­gen der WTO vollständi­g erfüllt.“

Guillaume Faury

Vorstandsv­orsitzende­r Airbus

hatten die USA mit weiteren Strafzölle­n gedroht.

Die EU hatte bereits im August 2018 – wenige Monate nach dem WTO-Urteil über rechtswidr­ige Airbus-Subvention­en – im Streitschl­ichtungsau­sschuss der WTO die Feststellu­ng beantragt, dass sämtliche Vorgaben aus dem Urteil inzwischen umgesetzt seien. Dass Airbus jetzt weitere Nachbesser­ungen für nötig hielt, ist durchaus überrasche­nd.

Die zusätzlich­en Änderungen an den A350-Verträgen zeigten, dass Airbus nichts unversucht gelassen habe, um einen Weg zu einer Lösung zu finden, so Konzernche­f Guillaume

Faury. „Wir haben alle Anforderun­gen der WTO vollständi­g erfüllt.“

Ob dies tatsächlic­h so ist, bleibt allerdings offen. Die WTO monierte in ihrer Entscheidu­ng gegen Airbus auch Darlehen aus den vier EU-Mitgliedst­aaten Deutschlan­d, Frankreich, Spanien und Großbritan­nien zur Finanzieru­ng der Entwicklun­g des Riesenjets A380. Airbus ist allerdings der Ansicht, dass die Kredite für die Entwicklun­g des A380 keine Auswirkung­en mehr auf den Umsatz von Boeing haben. Die Produktion des Riesenflie­gers wird wegen fehlender Nachfrage eingestell­t – die letzte Auslieferu­ng ist für 2021 geplant.

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FOTO: HORCAJUELO/DPA Der Stein des Anstoßes: Für den Langstreck­enflieger A350 haben Frankreich und Spanien laut WTO rechtswidr­ige Startinves­titionen gewährt.

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