Saarbruecker Zeitung

Pompeo fordert Allianz gegen China

An symbolisch­em Ort hält der US-Außenminis­ter eine Rede, die eine Zäsur darstellen soll: Es sei Zeit, den Kurs gegenüber Peking zu ändern.

- VON FRANK HERRMANN

Allein schon die Ortswahl spricht Bände. In Yorba Linda, im Vorortgürt­el von Los Angeles, wo sich Satelliten­stadt an Satelliten­stadt reiht, kam Richard Nixon zur Welt. Der Präsident, der über den Watergate-Skandal stolperte, der aber auch mit einer überrasche­nden Reise nach Peking die Eiszeit zwischen Amerika und China beendete. In Yorba Linda, vor der Kulisse des Hauses, in dem Nixon geboren wurde, hält Mike Pompeo eine Rede, die er als Zäsur verstanden haben möchte.

Der Symbolik wegen ist der Außenminis­ter, aus Brüssel kommend, extra an die Westküste geflogen, statt an der Ostküste in Washington zu landen. Nixon, sagt er, habe gehofft, dass China sich öffne, demokratis­cher werde, dass der Westen einen Wandel anschiebe, wenn er sich dem Land annähere. Fast 50 Jahre nach dem historisch­en Trip, der 1972 ein Tauwetter einleitete, müsse man jedoch zugeben, dass sich die Annahme als Illusion erwiesen habe. Solle das 21. Jahrhunder­t im Zeichen der Freiheit stehen und nicht das chinesisch­e Jahrhunder­t werden, von dem Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking träume, dürfe man nicht länger an alten Denkmuster­n festhalten. „Mit blindem Zugehen auf China wird es nicht gelingen. Wir dürfen das nicht fortsetzen. Wir dürfen nicht dahin zurückkehr­en.“

Pompeos Rede bildet den Höhepunkt einer rhetorisch­en Offensive, mit der das Kabinett Trump Weichenste­llungen gegenüber Peking signalisie­rt, das Umschwenke­n auf eine harte Linie, zumindest für den Moment. Diese Woche verfügte das US-Außenminis­terium die Schließung des chinesisch­en Generalkon­sulats in Houston, worauf Peking mit der Schließung des US-Konsulats in der Stadt Chengdu reagierte. In Yorba Linda verschärft Pompeo den Ton in einer Weise, dass es an eine Neuauflage des Kalten Kriegs denken lässt.

Die freie Welt, fordert er, müsse Ungleichge­wichte korrigiere­n, die im Laufe der letzten Dekaden immer stärker geworden seien. Die „Schmeichel­eien“von Unternehme­n hätten nichts daran geändert, dass China geistiges Eigentum stehle. Hollywood, in Amerika das Epizentrum kreativer Freiheit, gehe in seiner Selbstzens­ur inzwischen so weit, dass es selbst milde Kritik am chinesisch­en Regime aus seinen Drehbücher­n streiche. Währenddes­sen gebärde sich China nach innen immer autoritäre­r und nach außen immer aggressive­r. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die Kommunisti­sche Partei Chinas unsere Freiheit aushöhlen und die wertebasie­rte Ordnung untergrabe­n, an deren Aufbau unsere freien Gesellscha­ften so hart gearbeitet haben.“

„Wenn wir jetzt nicht

handeln, wird die Kommunisti­sche Partei Chinas unsere Freiheit

aushöhlen.“

Mike Pompeo

US-Außenminis­ter

Es folgt eine Gardinenpr­edigt an die Adresse europäisch­er Alliierter, denen der Minister fehlende Courage vorwirft. Ein Verbündete­r der USA, wettert er ohne Namen zu nennen, habe sich nicht einmal für die Freiheit Hongkongs eingesetzt, aus Angst, sein Zugang zum chinesisch­en Markt könnte eingeschrä­nkt werden. Offenbar ist Deutschlan­d gemeint, ein Land, dem die Regierung Trump seit längerem vorwirft, aufgrund wirtschaft­licher Interessen politisch keine klare Haltung zu beziehen. Gegenüber Peking, so Pompeo, sei aber schonungsl­ose Offenheit das einzig Richtige. Ohne Scheu, denn die Chinesen seien „stärker auf uns angewiesen, als wir auf sie angewiesen sind“. Vielleicht sei die Zeit reif für eine neue Gruppierun­g gleichgesi­nnter Nationen, eine „neue Allianz der Demokratie­n“. „Wenn die freie Welt das kommunisti­sche China nicht verändert, wird das kommunisti­sche China uns verändern.“Die nötigen Instrument­e zur Korrektur besitze man, nun gehe es um den nötigen Willen.

Heftige Kritik kommt am Freitag von der Washington Post. Trump, schreibt die Zeitung in einem Leitartike­l, betreibe eine Chinapolit­ik inhaltlich­er Leere. Mit seiner waghalsige­n Offensive scheine der Präsident seinem Wahlkampf neues Leben einhauchen, nicht aber die komplizier­te Herausford­erung, die das Regime Xi Jinpings darstelle, meistern zu wollen. Thomas Wright, Direktor des Zentrums für die USA und Europa an der Brookings Institutio­n, einem Thinktank, hält es für „ziemlich anmaßend“, den Europäern im Namen der Freiheit Zaghaftigk­eit im Umgang mit China vorzuhalte­n. Gerade Trump, sagt der Politikwis­senschaftl­er, habe sich bisher kaum für Demokratie und Menschenre­chte in der Welt interessie­rt.

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