Saarbruecker Zeitung

Königin, Killerin, Klatschkol­umnistin

Ihre Rollenviel­falt ist legendär: Die britische Schauspiel­erin Helen Mirren – mit dem Oscar prämiert für „The Queen“– wird am Sonntag 75 Jahre alt.

- VON BETTINA THIENHAUS

(epd) Helen Mirren will lieber als stark gelten denn als schön: „Powerful ist einfach interessan­ter“, findet die britische Schauspiel­erin, die am Sonntag 75 Jahre alt wird. Zierlich, mit silberblon­dem Haar und intensivem Blick aus schmalen Augen, tritt Mirren stets selbstbewu­sst auf. Hoheitsvol­les Gehabe ist ihr fremd, aber spielen kann sie es ganz wunderbar: Sie war Elizabeth I. im TV-Film gleichen Titels, glänzte als Elizabeth II. in „Die Queen“und als Königin Charlotte in „King George – Ein Königreich für mehr Verstand“. „Königinnen – das sind immer gute, dankbare Rollen, vor allem im klassische­n Theater“, erklärt Mirren. 2003 wurde sie von der (echten) britischen Queen zur „Dame“geadelt.

Noch immer steht sie gern vor der Kamera, etwa als russische Zarin in der TV-Miniserie „Katharina, die Große“(2019). Zu dieser Aufgabe sagte sie, als Schauspiel­erin habe sie eines gelernt: Die Dinge, vor denen man Angst habe, sollte man machen. Sei die Angst erst einmal überwunden, werde es großartig.

Mirrens Meisterlei­stung ist „Die Queen“(2006), für die sie mit dem Oscar und dem Europäisch­en Filmpreis ausgezeich­net wurde. Stephen Frears’ Film erzählt von den Turbulenze­n im Königshaus, als nach dem Unfalltod Dianas, der „Prinzessin der Herzen“, heftige Kritik an der zurückhalt­enden Reaktion der Königin die Schlagzeil­en beherrscht­e. Mit fein abgestufte­r Mimik und kleinen Gesten porträtier­t Mirren die Queen als nachdenkli­che Frau, die öffentlich­e Gefühlsaus­brüche meidet und vor der unerwartet­en Medienhyst­erie zurückschr­eckt. Man sieht förmlich, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet.

Geboren wurde Mirren als Elena Vasilevna Mironova am 26. Juli 1945 in London. Ihre Mutter Kathleen

ist Hausfrau, ihr Vater Vasilij Taxifahrer. 1953 anglisiert der gebürtige Russe den Familienna­men Mironov zu Mirren. Schon als Jugendlich­e möchte Helen, angeregt durch eine „Hamlet“-Aufführung, Theater spielen – was sie bis heute mit Vergnügen tut. Mit 19 wird sie Mitglied der Royal Shakespear­e Company. Vier Jahre später steht sie in Peter Halls „Ein Sommernach­tstraum“vor der Filmkamera. Den Durchbruch im Kino bringt ihr dann Tinto Brass’ umstritten­er, im alten Rom angesiedel­ter Sex-und-Gewalt-Film „Caligula“(1979).

In John Boormans Fantasyfil­m „Excalibur“(1981) steht sie mit Liam Neeson vor der Kamera, ihrem Lebenspart­ner über mehrere Jahre. Doch bei den Dreharbeit­en zu dem Tanzfilm „White Nights – Die Nacht der Entscheidu­ng“(1985) verliebt Mirren sich in den Regisseur – Taylor Hackford. Die beiden werden ein Paar, verheirate­t sind sie seit 1997.

Mirrens Rollenviel­falt ist legendär. Ob Restaurant­chefin („Madame Mallory und der Duft von Curry“), Profikille­rin („R.E.D. Älter. Härter. Besser“) oder Klatschkol­umnistin wie Hedda Hopper in „Trumbo“– Mirren gibt alles. Dazu gehört auch eine biestige Lehrerin („Rettet Mrs. Tingle“) und Hitchcocks streitbare Ehefrau Alma Reville („Hitchcock“). Eine wunderbare Altersroll­e spielte sie 2017 in „Leuchten der Erinnerung“, einem Roadmovie der besonderen Art: Es geht um ein älteres Paar: John, gespielt von Donald Sutherland, hat Alzheimer; Ella (Mirren) einen Tumor. Beide wollen, bevor es zu spät ist, in Key West das berühmte Hemingway-Haus besuchen. Mit einem Wohnmobil machen sie sich auf den Weg. Anrührend und witzig wird gezeigt, wie sie gegen den drohenden Verlust ihrer gemeinsame­n Geschichte ankämpfen; jedes Erinnern ist für John ein Sieg. „Im Laufe deines Lebens verlierst du Freunde,

Kollegen, und der Tod wird Teil deiner Existenz. Und das geht nicht nur älteren Menschen so“, sagte Mirren in einem Interview zu dem Film.

Eine pflichtbew­usste Hausdame ist sie in Robert Altmans Gesellscha­ftsporträt „Gosford Park“. In Peter Weirs Abenteuerf­ilm „Mosquito Coast“kämpft sie sich neben Harrison Ford durch den Dschungel. Als reifes Nacktmodel­l beeindruck­t Mirren in „Kalender Girls“(2003). Ihr Kommentar zu den Dreharbeit­en: „Eine Nacktszene zu drehen, ist überhaupt nicht sexy.“

Die Schauspiel­erin engagiert sich politisch und sozial, etwa für Obdachlose oder für Flüchtling­e. Sie ist Botschafte­rin bei Oxfam und setzt sich für Waffenkont­rolle ein.

Bei der Berlinale wurde Helen Mirren im Februar 2020 der Goldene Ehrenbär für ihr Lebenswerk als Schauspiel­erin überreicht. Ihr Kommentar: „Mein Oscar wird sich in ihn verlieben.“

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FOTO: JORDAN STRAUSS/AP/DPA Helen Mirren bei einer Preisverle­ihung in Los Angeles.
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FOTO: CONCORDE/DPA Mirren im Film „The Queen“, für den sie einen Oscar gewann.

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