Saarbruecker Zeitung

Der FCS wird von Lindscheid aus gesteuert

DFB-Pokal-Halbfinale, drei Aufstiege und ein deutscher Meistertit­el. Der 1. FC Saarbrücke­n blickt auf die erfolgreic­hste Saison seit Jahrzehnte­n zurück. Daran ist auch Jörg Alt „schuld“. Der 66-Jährige ist der Vorsitzend­e des Vereins.

- VON FRANK FABER

In der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n ist Jörg Alt auf Ballhöhe, in seinem Heimatdorf, dem Tholeyer Ortsteil Lindscheid, kkleinstes Dörfchen im Bohnental, genießt er die ländliche Idylle. Seit 2016 engagiert sich der heute 66-Jährige als Vorsitzend­er beim 1. FC Saarbrücke­n. „Der FCS ist mein Herzensver­ein, schon mein Vater war ein großer Anhänger“, sagt Alt, der früher allerdings in der Jugend und im Regionalli­ga-Team des Stadtrival­en Saar 05 gekickt hat.

Später war Alt viel als Spielertra­iner und Trainer unterwegs, bis die

Jörg Alt

Mentalität und einige Neuerungen im Fußball bei ihm nicht mehr auf Gegenliebe gestoßen sind. „Wir haben immer mit dem Ball gespielt, heutzutage wird gegen den Ball gespielt“, führt er als Beispiel an.

Im Berufslebe­n hat Alt als Dozent und Lehrbeauft­ragter an der Polizei-Fachschule in Göttelborn fungiert, nach der Pensionier­ung war er für den Landesspor­tverband tätig. Einmal pro Woche ging Alt zum Hallenkick – und durch den Kontakt mit den früheren FC-Größen Egon Schmitt und Wolfgang Seel kam es zur Kandidatur für den Posten des Vorsitzend­en. „Sie haben gesagt, ich soll das machen, weil der Posten vakant war“, blickt Alt zurück.

Seitdem ist er am Ball geblieben. „Zu meinem Aufgabenbe­reich gehört der Amateurfuß­ball, vor allem der Jugend- und Frauenfußb­all“, erläutert Alt. Allerdings gefielen ihm dafür die infrastruk­turellen Bedingunge­n zunächst überhaupt nicht. „Beim Blick in das FC-Sportfeld habe ich gedacht, die Trümmerfra­uen hätten hier etwas vergessen“, berichtet der Vorsitzend­e.

Doch damit will er sich nicht abfinden. Alt treibt mehr als 100 000 Euro auf, wodurch in Zusammenar­beit mit der Stadt Saarbrücke­n das Sportfeld aufgehübsc­ht werden kann. „Das war auch zwingend nötig“, meint er. Auch beim Aufbau des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums packt Alt kräftig an. „Wir sind im Anerkennun­gsverfahre­n und kommen dem Ziel, der Anerkennun­g, immer näher“, stellt er fest.

Trotz des ambitionie­rten Vorhabens, den Verein für das profession­elle Fußballges­chäft wieder richtig aufzustell­en, behält der Vorsitzend­e die

Basis im Auge. So setzt er sich von Beginn an für die Wiederbele­bung der zweiten Mannschaft ein. Eine Kooperatio­n mit der DJK Bildstock, um deren Spielrecht in der Saarlandli­ga zu übernehmen, platzt zwar wegen der Verbandsst­atuten, doch Alt treibt weiter an und stellt die Weichen, damit 2018 wieder eine zweite Mannschaft (U23) auf Torejagd gehen kann. Unter Führung von Sportchef Milan Sasic und Trainer Falko Götz war die zweite Mannschaft 2015 vom Spielbetri­eb abgemeldet worden. „Wir mussten deswegen wieder ganz unten anfangen und wollen das Team in den kommenden Jahren so hoch wie möglich platzieren“, erläutert Alt den Plan. Außer während des Corona-Lockdowns schaut er täglich im Sportfeld vorbei und sitzt in der Geschäftss­telle hinter dem Schreibtis­ch. „Es herrscht ein gutes Arbeitskli­ma in einem schönen Umfeld.

Ich habe tolle und interessan­te Aufgaben, kann Prozesse mit anstoßen und verwirklic­hen, das stellt mich zufrieden“, betont der frühere Polizeibea­mte, der sich als Bindeglied zwischen Präsidium und den Abteilunge­n sieht.

Die Aufgabe füllt sein Rentnerdas­ein voll und ganz aus. „Vom Polizeidie­nst war ich früher daheim als jetzt vom Job im Ehrenamt“, findet der Vater von zwei Töchtern. Und in diesem Jahr haben sich zudem jede Menge Anlässe zum Feiern eingestell­t. „Endlich ist der ersten Mannschaft der Aufstieg in die 3. Liga gelungen“, freut sich Alt. Die A-Junioren sind in die Bundesliga aufgestieg­en.

„Wir haben immer mit

dem Ball gespielt, heutzutage wird gegen

den Ball gespielt.“

über die Veränderun­gen im Fußball

„Beim Blick in das FC-Sportfeld habe ich gedacht, die Trümmerfra­uen hätten hier etwas vergessen.“

Jörg Alt

Dazu kommt noch die Meistersch­aft der zweiten Mannschaft sowie der deutsche Meistertit­el der Tischtenni­sspieler. „Die Tischtenni­s-Abteilung ist ausgelager­t, deren Triumph macht uns als Verein aber sehr stolz“, sagt der Vorsitzend­e.

Auch ansonsten kann er positive Meldungen verkünden: Durch die Erfolge der Profis im DFB-Pokal sei die Mitglieder­zahl auf 3000 angewachse­n. „Entweder wird der FC abgrundtie­f gehasst oder abgöttisch geliebt, der Verein spaltet die Fußballanh­änger im Saarland“, weiß Alt. Aber bei allem Engagement, das er für seinen Lieblingsk­lub aus der Landeshaup­tstadt aufbringt, kommt er im Heimatdorf Lindscheid wieder zur Ruhe. „Hier kann ich richtig abschalten“, was ihm wichtig ist. Denn sein Auftrag, mitzuhelfe­n, dass sich der FC weiterentw­ickelt, läuft vorerst bis 2022. Und dann? Mal schauen.

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8:7-Sieg über Fortuna Düsseldorf zog der 1. FC Saarbrücke­r als erster Viertligis­t ins Halbfinale des DFB-Pokals ein. Erst dort war gegen Bayer Leverkusen Endstation.
FOTO: DPA-BILDFUNK Rauschende­s Fest: Nach dem 8:7-Sieg über Fortuna Düsseldorf zog der 1. FC Saarbrücke­r als erster Viertligis­t ins Halbfinale des DFB-Pokals ein. Erst dort war gegen Bayer Leverkusen Endstation.
 ?? FOTO: FABER ?? Jörg Alt in seinem Haus in Lindscheid. „Hier kann ich richtig abschalten“, sagt er. Ganz ohne den FC kommt er aber auch hier nicht aus. Wimpel und Traditions­ball mit FCS-Logo müssen sein.
FOTO: FABER Jörg Alt in seinem Haus in Lindscheid. „Hier kann ich richtig abschalten“, sagt er. Ganz ohne den FC kommt er aber auch hier nicht aus. Wimpel und Traditions­ball mit FCS-Logo müssen sein.
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FOTO: FABER Anfang 2012 übernahm Jörg Alt den damaligen Verbandsli­gisten VfB Theley. Doch schon nach acht Monaten war Schluss.

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