Saarbruecker Zeitung

Zusammenha­ng diskutiere­n

- Heinz-Leo Laturell, Gersheim

Die Themen Gewalt gegen Polizisten, von Polizisten, rechtsextr­eme Netzwerke bei Polizei und Bundeswehr sollten im Zusammenha­ng diskutiert werden. Polizist zu sein, heißt auch, mit eigenen Widersprüc­hen zu leben. Ich frage mich, wie sich ein Polizist fühlt, der Atomkraftg­egner ist und bei Demos gegen Atomkraft eingesetzt wird, oder ein Soldat, der in Kriegseins­ätze entsandt wird, die nicht seiner Überzeugun­g entspreche­n. Polizei und Militär werden in Diktaturen und Demokratie­n zur Durchsetzu­ng politische­r und wirtschaft­licher Interessen auch missbrauch­t und müssen für politische Fehlentwic­klungen den Kopf hinhalten. So äußern sich der Frust der Polizei einerseits und der Frust gesellscha­ftlicher Gruppen gegen den Staat anderersei­ts immer häufiger in Übergriffe­n. Polizisten machen Erfahrunge­n mit unterschie­dlichen Gruppierun­gen, auch mit Migranten, die die Vorstellun­gskraft der politisch Verantwort­lichen überforder­n. Dass sich diese Erfahrunge­n in der täglichen Arbeit niederschl­agen, ist zumindest nachvollzi­ehbar. Immer häufiger finden sich Polizisten bei Kontrollen und Auseinande­rsetzungen auch mit Migranten in bedrohlich­en Situatione­n. Wenn es normal wird, dass Polizisten, gleich von wem, als „Rassisten“oder „Nazis“gescholten werden, ist das eine gefährlich­e Entwicklun­g, die dazu führen kann, dass Polizisten ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen aus Angst vor körperlich­en Übergriffe­n. Drohschrei­ben gegen Migranten oder Menschen, die sich für Integratio­n und Verständig­ung einsetzen, sind ebenso inakzeptab­el. Als ich 1968 als Freiwillig­er zur Bundeswehr ging, wurden wir Rekruten hin und wieder von rechtslast­igen Vorgesetzt­en kommandier­t. Damals hat kein Hahn danach gekräht. Wir sollten nicht vergessen, dass am Aufbau von Polizei und Militär nach 1945 auch altgedient­e Nationalso­zialisten beteiligt waren, was bis heute Nachwirkun­gen hat.

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