Vergnügungssucht gefährdet Erfolg
Corona-Lockerungen bei Volksfesten und Fußball, diverse SZ-Artikel
Was bei diesen Lockerungen passiert, sieht man in der jüngsten Vergangenheit. Ganze Länder fahren alles wieder zurück. Warum steht Deutschland so gut in der CoronaKrise da? Weil bisher die richtigen Entscheidungen getroffen wurden (Maskenpflicht, Abstand), und sich die Masse der Deutschen daran gehalten hat. Will man dies alles für Fußballfans und Vergnügungssüchtige aufs Spiel setzen? Die Welt wird nicht mehr so sein wie vor der Pandemie. Gemeinwohl steht über dem Recht des Einzelnen, wenn er dadurch die Gemeinschaft schädigt. Es geht auch ohne volle Stadien, Oktoberfeste und anderes, wenn’s auch schwer fällt.
Es ist wichtig, dass die SZ von der jungen syrischen Frau berichtet, die ihr Abitur mit 1,0 bestanden hat (Glückwunsch!). Es ist genauso wichtig, dass die SZ von gescheiterten Integrationverläufen bis hin zu sexueller Belästigung und Messerstechereien berichtet, nur so ergibt sich ein differenziertes Bild. Ich möchte einen Mosaikstein beitragen, da ich als Leiter eines Labors für Umwelt- und Industrieanalytik mittlerweile den fünften syrischen Praktikanten betreue. Der erste hätte bei uns eine Ausbildung zum Chemielaboranten machen können, nach kurzer Zeit erschien er nicht mehr. Den zweiten, studierter Chemiker, haben wir in eine Festanstellung vermittelt, wo er befördert wurde. Er ist geflüchtet, weil er nicht in Assads Armee in den Bürgerkrieg ziehen wollte. Ich hätte genauso gehandelt, wenn ich den Mut gehabt hätte – wie er –, als Nichtschwimmer mit einer schwangeren Ehefrau ein Schlauchboot zu besteigen, um von der Türkei nach Griechenland überzusetzen. Als Beispiel für ihren Integrationswillien sei erwähnt, dass er täglich drei Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit und zurück gefahren ist und sie im mündlichen Deutschtest (B2) 100 von 100 Punkten erreicht hat. Der dritte Praktikant (studierter Chemiker) arbeitet mittlerweile auch in einem Pharmaunternehmen, das Praktikum des vierten (auch Akademiker) wurde coronabedingt unterbrochen und wegen mangelnden Engagements nicht fortgesetzt. Meine nicht repräsentative Zwischenbilanz ergibt eine Chance von 50 Prozent, dass unsere Praktikanten eine qualifizierte Beschäftigung finden – unberücksichtigt ist, dass die beiden anderen vielleicht eine andere Arbeit aufgenommen haben. Eine 50-Prozent-Chance ist mir groß genug, dass wir den fünften Praktikanten (Ingenieur) aufgenommen haben. Der (Teil)erfolg war nur möglich, weil mein Team (Danke!) diesen Menschen offen gegenüber tritt und in ihnen nicht „den Syrer“, sondern Maad, Mohamad, Mahmoud und Mojahed gesehen hat. Ich wünsche mir, dass die Haltung, im Fremden das Individuum zu sehen, bei uns weiter um sich greift.
Eine sachliche Diskussion über den Begriff „Rasse“ist in der Tat überfällig. Der Genetiker Prof. Dr. Jörn Walter vertritt die Position, dass man für genetisch unterschiedliche Gruppen von Lebewesen, die sich durch Züchtung diversifiziert haben, die Bezeichnung „Rasse“verwenden kann; für die auf natürlichem Wege entstandenen genetisch unterschiedlichen Menschengruppen den Begriff „Ethnie“. Es geht also um eine sprachliche Konvention, nicht um den genetischen Befund. Deshalb ist eine ideologisch aufgeheizte Diskussion um die Rasse ebenso abwegig, wie es eine Diskussion um die Gleichberechtigung von Mann und Frau wäre mit dem Argument, es gäbe keine verschiedenen Geschlechter.