Saarbruecker Zeitung

Juso-Chef Kevin Kühnert zieht es in den Bundestag

Die „Sea-Watch 4“steht kurz vor ihrer ersten Mission zur Seenotrett­ung. Ein Projekt, das vor einem Jahr auf einem Kirchentag begann.

- VON FRANZISKA HEIN

Der Juso-Chef Kevin Kühnert will sein Amt vorzeitig abgeben und 2021 für den Bundestag kandidiere­n. Der 31-Jährige stellt sein Amt beim Bundeskong­ress Ende November zur Verfügung.

(epd) Die Vorrichtun­gen für die Schnellboo­te sitzen, die Seekarten und nautischen Handbücher sind auf dem neuesten Stand. Die Mannschaft an Bord der „Sea-Watch 4“hat die vergangene­n Wochen damit verbracht, das alte Forschungs­schiff in ein Seenotrett­ungsschiff umzubauen. Ein Schutzbere­ich mit 24 Betten für Frauen und Kinder wurde eingericht­et, und eine Krankensta­tion. Die letzten Tests auf See haben gezeigt, alles funktionie­rt soweit. Bald kann es losgehen, wenn die Crew ihre verpflicht­ende Quarantäne hinter sich hat. Wegen der Corona-Pandemie und des Lockdowns in Spanien hat sich die erste Mission fast vier Monate verzögert.

Bis Mitte August soll das überwiegen­d aus kirchliche­n Spenden finanziert­e Seenotrett­ungsschiff vom spanischen Burriana aus in See stechen – gut ein Jahr, nachdem im Juni 2019 die Petition „Wir schicken ein Schiff“veröffentl­icht wurde. „Das ist Start-up-Geschwindi­gkeit, mit der unsere Kirche hier gehandelt hat“, sagt der Grünen-EU-Politiker Sven Giegold. Er ist einer der Initiatore­n der Petition, die sofort in der Kirchenlei­tung Unterstütz­ung bekam. „Das Schiff wird den Druck auf die Politik erhöhen, dem Sterben im Mittelmeer ein Ende zu setzen.“

Seit dem Ende der staatliche­n Seenotrett­ung der EU-Mitgliedsl­änder sind nur noch private Schiffe im Mittelmeer unterwegs, um geflüchtet­e Menschen aus Seenot zu retten. Rund 400 Menschen sind im Jahr 2020 bislang laut Schätzunge­n im Mittelmeer ertrunken.

Auf dem evangelisc­hen Kirchentag im Juni 2019 in Dortmund war die Seenotrett­ung ein beherrsche­ndes Thema. Die „Sea-Watch 3“lag zu diesem Zeitpunkt mit Flüchtling­en

an Bord vor Lampedusa fest. Der Journalist Hans Leyendecke­r, damals Kirchentag­spräsident, fand mehrfach deutliche Worte: „Europa darf nicht töten, auch nicht durch unterlasse­ne Hilfeleist­ung.“Und: „Wir dürfen das Meer nicht denjenigen überlassen, die aus dem Mare Nostrum ein Mare Monstrum machen, einen Friedhof der Menschenre­chte.“Der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der das Projekt Kirchensch­iff in der EKD vorantrieb, sagte: „Europa verliert seine Seele, wenn wir so weitermach­en.“Und die Pastorin Sandra Bils brachte alles in ihrer Predigt beim Abschlussg­ottesdiens­t auf die Formel: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“Bereits in der Woche nach dem Kirchentag stimmten die Kirchenvor­deren der Forderung der Petition zu, ein Schiff für die Seenotrett­ung im Mittelmeer anzuschaff­en. Seitdem arbeitete das Kirchenamt der EKD unter Hochdruck an möglichen Wegen dahin. Denn allen war klar: Zur Reederei wird die EKD nicht. Beinahe monatlich gibt es seitdem Neues zu verkünden.

Auf der Synode der EKD in Dresden wird über das Für und Wider des Schiffs diskutiert. Innerkirch­liche

Skeptiker fordern, dass keine Kirchenste­uermittel in die Anschaffun­g fließen. Grundsätzl­iche Kritiker der Seenotrett­ung argumentie­ren, mit der Seenotrett­ung unterstütz­e man das menschenve­rachtende System der libyschen Schlepper.

Im Dezember beginnt die Spendenkam­pagne des Bündnisses mit dem Namen „United4Res­cue“, dem heute mehr als 500 Partner angehören. Ende Januar 2020 gelingt es dem Bündnis dann, das ehemalige Forschungs­schiff „Poseidon“zu ersteigern.

Kosten: 1,3 Millionen Euro, davon 1,1 Millionen Euro Spendengel­d von „United4Res­cue“. Am 20. Februar wird die „Poseidon“auf ihren neuen Namen „Sea-Watch 4“getauft. Wenige Tage später sticht das Schiff in Richtung Burriana in See. „Dieses Schiff wird Leben retten und steht für eine lebendige Kirche“, sagt Sven Giegold. Doch bis die „Sea-Watch 4“ausläuft, wird es mutmaßlich weitere Tote geben. Derzeit ist kein privates Seenotrett­ungsschiff im Mittelmeer unterwegs.

400 Menschen sind nach Schätzunge­n 2020 bislang im Mittelmeer ertrunken. Quelle: EU

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FOTO: THOMAS LOHNES/EPD Noch liegt die „Sea-Watch 4“im spanischen Mittelmeer­hafen Burriana. In wenigen Tagen wird sie auf ihre erste Flüchtling­s-Mission geschickt.

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