Ein neues atomares Wettrüsten bedroht die Welt
(epd) Der Bomber, der am frühen Morgen des 6. August 1945 auf Japan zufliegt, transportiert die Waffe mit der bis dahin größten Vernichtungskraft: die mehr als vier Tonnen schwere Atombombe „Little Boy“.
Zehntausende Menschen sind sofort tot. Nach einigen Tagen beginnt die Strahlenkrankheit: Die Opfer erbrechen sich, haben Durchfall, bluten aus Mund und Nase und leiden unter Geschwüren. Die Strahlenschäden seien bis ins hohe Lebensalter nachweisbar, stellen die „Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs“fest. Das Risiko für zahlreiche Krebserkrankungen sei bei den Überlebenden bis vor wenigen Jahren stetig gestiegen und heute bei über 80-Jährigen immer noch signifikant erhöht. Seit kurzem steige zudem die Zahl der Herzinfarkte bei Überlebenden.
Das Rote Kreuz hat 75 Jahre nach dem ersten Atombombenabwurf in einem Krieg über Hiroshima vor einem neuen Einsatz der Massenvernichtungswaffen gewarnt. Das Risiko sei so groß wie seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr, betonte der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, am Dienstag in Genf. Zunehmend seien Staaten mit Nuklearwaffen in Konflikte verwickelt, die Drohungen mit einem Einsatz nähmen zu. Verträge zum Abbau der Atomwaffen würden ignoriert oder nicht verlängert. Zudem würden neue Waffen entwickelt. Die Welt sei einem neuen furchteinflößenden atomaren Wettrüsten ausgesetzt, mahnte der Rot-Kreuz-Präsident.
Maurer forderte alle Staaten auf, dem Atomwaffenverbotsvertrag von 2017 beizutreten. Das Abkommen ächtet die Entwicklung, die Tests, die Produktion, die Lagerung, die Stationierung, die Weitergabe, den Einsatz und die Drohungen mit Atomwaffen. Die Vereinbarung ist jedoch noch nicht in Krafft. Die fünf offiziellen Atommächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien lehnen den Vertrag ab. Auch die Bundesregierung hat sich dagegen ausgesprochen.
Die katholische Friedensorganisation Pax Christi forderte die weltweite Ächtung von Atomwaffen und appellierte an die Bundesregierung, den Atomwaffenverbotsvertrag der UN zu unterzeichnen. Die Bedrohung des gesamten Lebens auf der Erde durch diese Waffen sei auch noch 75 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki „grausame Realität“, erklärte der Präsident der deutschen Sektion von Pax Christi, der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Die mehr als 200 000 Opfer der Angriffe vom August 1945 „mahnen uns alle eindringlich, für Abrüstung und für eine Welt ohne Atomwaffen einzutreten“.