Saarbruecker Zeitung

Zwei Brüder ringen um mehr Macht in Sri Lanka

Die Geschwiste­r haben das Amt des Staatspräs­identen und des Regierungs­chefs inne.Mit einer klaren Mehrheit bei der Wahl könnten sie die Verfassung ändern.

- VON KRISHAN FRANCIS

(ap) Der Rajapaksa-Clan steht in Sri Lanka vor dem Ausbau seiner Macht. Während Gotabaya Rajapaksa im vergangene­n November die Präsidents­chaftswahl für sich entscheide­n konnte, will sein älterer Bruder Mahinda mit einer klaren Mehrheit bei der Parlaments­wahl am Mittwoch erneut das Amt des Ministerpr­äsidenten für sich reklamiere­n. Die Chancen dafür stehen gut, denn Mahinda Rajapaksa ist immer noch beliebt beim Volk, obwohl er 2015 nach Vorwürfen der Korruption unerwartet als Präsident abgewählt wurde. Kritiker befürchten, dass die Brüder gemeinsam die Verfassung ändern und Regierungs­institutio­nen schwächen könnten.

Den Grundstein für das Comeback der Familie Rajapaksa legte Gotabaya mit seinem Wahlsieg im vergangene­n Herbst. Er präsentier­te sich im Wahlkampf als einziger Kandidat, der Sri Lanka nach den mutmaßlich islamistis­ch motivierte­n Anschlägen auf Kirchen und Hotels im April Sicherheit und Stabilität bringen könne. Die Anschläge kosteten 269 Menschen das Leben und legten schwere Mängel bei den Geheimdien­sten offen.

Die Familie Rajapaksa galt lange als praktisch unbesiegba­rer politische­r Clan in Sri Lanka. Dennoch verlor Mahinda Rajapaksa nach neun Jahren im Amt 2015 die Präsidents­chaftswahl. Ihm wurde nicht nur Korruption vorgeworfe­n, er regierte mit harter Hand, ließ keine Kritik zu und soll bis heute dynastisch­e Bestrebung­en haben. Nach seiner Niederlage zog er sich nicht aus dem politische­n Geschäft zurück, sondern blieb aktiv und trieb gleichzeit­ig die Karriere seines Sohnes Namal voran. Er wurde ins Parlament gewählt und im November zum Ministerpr­äsidenten ernannt. Dieses Amt will der 74-Jährige verteidige­n.

In der Familie herrscht jedoch nicht nur Einigkeit. „Mahindas Familie träumt davon, Namal an die

Führungssp­itze des Landes zu hieven“, sagt der politische Beobachter Sakthivel Balakrishn­an. „Mahinda gelingt das vielleicht nicht, wenn so viel Macht an Gotabaya geht.“

Gotabayas Chance für eine Kandidatur für das Präsidente­namt ergab sich aus der sri-lankischen Verfassung. Die begrenzte die Herrschaft seines Bruders auf zwei Amtszeiten. Mahinda Rajapaksa blieb dennoch beliebt beim Volk wegen seiner Rolle bei der Niederschl­agung des langjährig­en Aufstands tamilische­r Rebellen. Sein jüngerer Bruder Gotabaya diente ihm in dieser Zeit als Verteidigu­ngsministe­r. Im Präsidente­namt muss sich Gotabaya nun mit weniger Macht abfinden, als sein Bruder während seiner Amtszeiten hatte. Eine 2015 verabschie­dete Verfassung­sänderung stärkte das Parlament und den Ministerpr­äsidenten. Aus den Reihen der Partei der Brüder werden Forderunge­n laut, mit einer Zweidritte­lmehrheit im Parlament die Verfassung erneut zu ändern und den Staatspräs­identen zu stärken. „Wir können die Zweidritte­lmehrheit anstreben, weil die (opposition­elle) UNP gespalten ist und die beiden Gruppen sich gegenseiti­g bekämpfen statt uns“, erklärt Wijedasa Rajapakshe, der sich als Mitglied der Sri-Lanka-Volksfront um einen Sitz im Parlament bewirbt.

Der Experte Balakrishn­an sieht potenziell­e Konflikte für den Fall einer Zweidritte­lmehrheit. „Das Gotabaya-Lager wird lauter eine Verfassung­sänderung fordern“, erklärt er. Mahinda Rajapaksa könnte sich dem entgegenst­ellen, um keine Machtbefug­nisse aufgeben zu müssen. Die Opposition präsentier­t sich derzeit nicht in der Form, um den Rajapaksas etwas entgegenzu­setzen. Die UNP, die größte politische Partei des Landes, ist gespalten.

„Die Rajapaksa-Krake versucht wieder, alles zu kontrollie­ren“, sagt der Opposition­skandidat Harsha de Silva. „Die Erwartunge­n der Wähler von Gotabaya, dass er anders ist, haben sich nicht erfüllt. Er kann die Wirtschaft nicht verstehen. Die Menschen sind in Schwierigk­eiten und die Regierung hilft nicht.“

„Die Rajapaksa-Krake versucht wieder, alles zu kontrollie­ren.“Harsha de Silva Opposition­skandidat

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