Saarbruecker Zeitung

Kalbitz lässt AfD-Fraktionsv­orsitz vorerst ruhen

An Andreas Kalbitz scheiden sich in der AfD die Geister – dennoch wollte er trotz seines Rauswurfs aus der Partei Fraktionsc­hef im Brandenbur­ger Landtag bleiben. Die Fraktion entscheide­t sich für einen kleinen Kompromiss. Die Führungsfr­age bleibt damit u

- VON KLAUS PETERS

(dpa) „Wir haben uns Luft verschafft“– dieser Satz war nach der Krisensitz­ung der AfD-Landtagsfr­aktion gleich von mehreren Teilnehmer­n zu hören. Denn die Fraktion akzeptiert­e nach einer fast vierstündi­gen Sondersitz­ung am Dienstag einstimmig einen Kompromiss­vorschlag von Andreas Kalbitz, dass dieser seinen Vorsitz in der Landtagsfr­aktion bis zu einer weiteren Entscheidu­ng des Landgerich­ts Berlin ruhen lässt.

Der 47-Jährige hat nach eigenen Angaben vergangene Woche einen Antrag auf einstweili­gen Rechtsschu­tz gegen die Entscheidu­ng des Bundesschi­edsgericht­s eingereich­t, das Ende Juli die Annullieru­ng der Parteimitg­liedschaft bestätigt hatte. Kalbitz räumte ein, dass es in der Fraktion auch Stimmen gegeben habe, die sich eine Auszeit für ihn bis zu einer endgültige­n juristisch­en Klärung gewünscht hätten. „Aber wir haben uns jetzt einstimmig auf diese Position geeinigt.“

Der AfD-Politiker zeigte sich zuversicht­lich, dass das Verfahren vor dem Landgerich­t für ihn positiv ausgeht. „Das Gericht wird seine Argumentat­ion kaum ändern, dass die Entscheidu­ng des Bundesvors­tands unzulässig war.“Das Landgerich­t hatte Kalbitz bereits Mitte Juni einstweili­gen Rechtsschu­tz gewährt, weil aus Sicht der Richter der Bundesvors­tand nicht das Recht hatte, eine Parteimitg­liedschaft zu annulliere­n. Nach dem Parteienge­setz sei nur ein Parteiauss­chluss durch ein unabhängig­es Partei-Schiedsger­icht möglich, hieß es zur Begründung.

Der AfD-Bundesvors­itzende Jörg Meuthen hatte sich strikt gegen den Verbleib von Kalbitz im Fraktionsv­orsitz ausgesproc­hen und für diesen Fall Konsequenz­en angekündig­t. Er zeigte sich am Dienstag zufrieden, dass der frühere Brandenbur­ger AfD-Chef Andreas Kalbitz vorerst nicht mehr Fraktionsv­orsitzende­r in Potsdam sein wird. „Die heutige Entscheidu­ng in der Brandenbur­ger Landtagsfr­aktion ist richtig und macht deutlich, dass Andreas Kalbitz unter den gegebenen Umständen nicht Vorsitzend­er der Fraktion sein kann“, sagte Meuthen.

Der AfD-Ehrenvorsi­tzende und Bundestags­fraktionsc­hef Alexander Gauland hatte seinen Nachfolger in den Brandenbur­ger AfD-Spitzenämt­ern in die Krisensitz­ung begleitet, hielt sich aber anschließe­nd zurück. Allerdings räumte er ein, die Partei habe durch die Auseinande­rsetzungen um Kalbitz schweren Schaden genommen. „Deswegen habe ich Parteichef Jörg Meuthen intensiv und vergeblich gebeten, von der Annullieru­ng der Parteimitg­liedschaft zu lassen“, sagte Gauland. „Das ist nicht der richtige Weg.“Auch Kalbitz sieht einen schweren Schaden für die Partei. Der Hintergrun­d der Auseinande­rsetzungen komme bei den Wählern ja gar nicht an, meinte er. „Die Wähler sehen nur – und das ist natürlich destruktiv in der Außenwirku­ng: Die sind zerstritte­n.“Dennoch werde er sich mit allen juristisch­en Mitteln gegen den Rauswurf aus der Partei wehren: „Es besteht für mich gar keine Veranlassu­ng, auf mein gutes Recht zu verzichten.“

Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Steffen Kubitzki sprach von einem „klaren Zeichen nach Außen“. Er räumte aber ein, dass die Auseinande­rsetzungen nach jeder juristisch­en Entscheidu­ng wieder aufflammen könnten. „Das ist nur eine Atempause“, meinte Kubitzki. „Aber jetzt haben wir uns erst mal wieder Luft verschafft.“Er ließ durchblick­en, dass er zunächst gefordert hatte, Kalbitz solle bis zu einer endgültige­n Klärung in die zweite Reihe treten. „Aber mit dieser Einigung können nun alle leben und ich auch.“

Das Schiedsger­icht hatte Ende

Juli die Annullieru­ng der Parteimitg­liedschaft bestätigt, weil Kalbitz seine frühere Mitgliedsc­haft bei den Republikan­ern und in der inzwischen verbotenen rechtsextr­emen Heimattreu­en Deutschen Jugend (HDJ) verschwieg­en habe.

Der Brandenbur­ger AfD-Landesverb­and wird vom Landesamt für Verfassung­sschutz als Verdachtsf­all für Rechtsextr­emismus beobachtet. Kalbitz war einer der Wortführer des offiziell aufgelöste­n „Flügels“um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsv­orsitzende­n Björn Höcke.

 ?? STACHE/DPA ?? Andreas Kalbitz verzichtet vorerst auf sein Amt als AfD-Fraktionsc­hef im Brandenbur­ger Landtag. Das gilt bis zu einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Berlin im einstweili­gen Rechtsschu­tzverfahre­n gegen den Parteiauss­chluss.FOTO:
STACHE/DPA Andreas Kalbitz verzichtet vorerst auf sein Amt als AfD-Fraktionsc­hef im Brandenbur­ger Landtag. Das gilt bis zu einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Berlin im einstweili­gen Rechtsschu­tzverfahre­n gegen den Parteiauss­chluss.FOTO:

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