So soll der Wandel der Saar-Wirtschaft gelingen
Die Neuausrichtung der Wirtschaft zu unterstützen, ist das Ziel der Strukturwandelinitiative. Nicht in allem sind sich die Teilnehmer einig.
Auf 14 Seiten ist es zusammengefasst: das Programm der Strukturwandelinitiative Saar, gefüllt mit Vorhaben, Forderungen, Plänen und Vorschlägen, damit das Saarland die Umbrüche der Wirtschaft meistert. „Zwischen den Zeilen steht die große Sorge: Wie geht es weiter im Saarland?“, sagte Heino Klingen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes (IHK), am Dienstag in Saarbrücken anlässlich der Präsentation des Papiers.
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) hatte die Initiative im vergangenen Jahr angeregt. Auslöser waren die Schwierigkeiten, mit denen die Auto- und Autozulie- ferindustrie sowie die Stahlbran- che zu kämpfen haben. Die Idee: alle Wirtschaftsakteure an einem Tisch zu versammeln, um gemeinsam nach Wegen zu suchen, Unternehmen und ihre Beschäftigten in dem großen Wandel zu unterstützen. „Diese Entwicklung hat sich allerdings durch die Pandemie rapide beschleunigt“, sagte Rehlinger. Die Aufgabe ist damit noch größer geworden.
Neben IHK und Wirtschaftsministerium beteiligen sich fünf weitere Partner an der Strukturwandelinitiative: die Handwerkskammer, die Arbeitskammer, die Bundesagentur für Arbeit, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der saarländischen Unternehmensverbände (VSU).
Auch wenn sich alle Partner auf dieses Programm verständigt haben, sind damit die gegensätzlichen Interessen der Arbeitgeberund der Arbeitnehmerseite nicht verschwunden. So problematisiert die VSU die hohen Arbeitskosten und verlangt flexiblere Regeln für die Arbeitszeit. „Dass diese Punkte keinen Eingang in das vorliegende Papier gefunden haben, liegt auch an der Zusammensetzung der Teilnehmer und ihrer auseinanderlaufenden Interessen“, kommentierte VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter das Programm der Initiative.
In einem Punkt sind sich alle Mitglieder der Initiative jedoch einig: „Es bedarf dringend der Unterstützung durch den Bund und die Europäische Union, um den Strukturwandel im Saarland erfolgreich meistern zu können“, heißt es im Vorwort des Programm-Papiers. Anders gewendet: „Nur mit Landesmitteln kann der Transformationsprozess nicht finanziert werden“, sagte Rehlinger. Die Liste mit Forderungen an Berlin und Brüssel ist lang. Deutschland müsse seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um die heimische Stahlindustrie vor Importschwemmen zu schützen. Auch müsse das Handlungskonzept Stahl der Bundesregierung zu massiven Investitionen in die Zukunft des Industriestandortes an der Saar führen. Dazu gehöre auch Unterstützung für die Umstellung der großen Kraftwerke von Steinkohle auf Erdgas.
Darüber hinaus drängt die Initiative auf Fördermillionen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Denn „darin liegt für das Saarland die Chance, den industriellen Kern des Landes auf neue und zukunftsfähige Beine zu stellen“, heißt es in dem Papier. Eine bessere Zuganbindung, eine stärkere Berücksichtigung des Saarlands als Standort von Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen sowie eine für das Saarland günstigere Verteilung des Steueraufkommens stehen ebenfalls auf der Forderungsliste. „Wir werden jetzt all unsere Einflussmöglichkeiten nutzen und in Berlin und Brüssel dafür trommeln, dass nichts auf die lange Bank geschoben wird und dort nachgelegt wird, wo es nicht ausreicht“, kündigte Rehlinger an.
Neben dem Forderungskatalog an Bund und EU stehen eigene Vorhaben: zum Beispiel der Aufbau eines Beteiligungsfonds, um in Not geratene Unternehmen aufzufangen, sowie ein 100-Millionen-Euro-Programm für den Ausbau des schnellen Internets auf Gigabit-Niveau.
Auch will das Ministerium „zeitnah“einen Masterplan für neue Industrieflächen vorlegen. Darüber hinaus soll eine landeseigene Transformationsgesellschaft gegründet werden, die beim Wechsel von Arbeitnehmern aus Unternehmen, die Jobs abbauen, zu solchen, die Arbeitsplätze schaffen, unterstützen soll.
Darüber hinaus „werden die im Land beeinflussbaren Belastungen auf den Prüfstand gestellt“, so das Papier. Denn die „Standortkosten“seien ein zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Details nennt das Papier dazu nicht.
IHK-Hauptgeschäftsführer Klingen schlug vor, die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt höheren Gewerbesteuersätze abzusenken. Dadurch werde das Land attraktiver für Unternehmen von außerhalb. Die Einnahmeausfälle der Kommunen solle das Land ausgleichen. Um diese Summe zu finanzieren, solle das Saarland die Tilgung seiner Schulden aussetzen dürfen, sagte Klingen.