Viele Eltern haben Sorge, dass das Smartphone Kinder krank macht
(dpa) In Familien ist das Smartphone oft ein Streitthema. Viele Eltern machen sich Sorgen, dass sich das stundenlange Spielen oder der Konsum von Videos auf Plattformen wie Youtube negativ auf die Gesundheit ihres Nachwuchses auswirkt. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) hervor. Demnach fürchtet die Hälfte der rund 1000 befragten Eltern, dass ihr Kind bei der Smartphone-Nutzung Anzeichen einer Sucht zeigt. Auch Konzentrationsstörungen (44 Prozent) und zu wenig Bewegung (38 Prozent) werden als mögliche negative Folgen für die 10- bis 18-Jährigen gesehen.
Die Sorgen der Eltern seien berechtigt, sagt Psychologin Franziska Klemm. Tatsächlich gebe es Anhaltspunkte, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unter Krankheiten leiden, die früher eher untypisch waren. Beispiele seien motorische Störungen, Schlafstörungen oder Adipositas. Bei der Auswertung der Daten von sechs- bis 18-jährigen KKH-Versicherten wurde im Jahr 2018 bei Sprach- und Sprechstörungen der höchste Anstieg der letzten zehn Jahre verzeichnet. „Dass die Sprachentwicklung leidet, hat auch damit zu tun, wie Eltern mit ihren Kindern kommunizieren“, sagte der Neurowissenschaftler Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig. Wichtig sei, dass Kinder Gesicht und Mund der Eltern sehen, wenn diese mit ihnen sprechen.
Das sei nicht möglich, wenn Eltern selbst dauernd hinter ihren Geräten säßen oder auf dem Spielplatz ständig filmten.
Der Berufsverband der Kinderund Jugendärzte plädiert dafür, unter Dreijährige komplett von Bildschirmmedien fernzuhalten. Eltern sollten ein gutes Vorbild sein und ihr Smartphone nie aus Langeweile benutzen. „Spielen mit realen Dingen, Sprechen, Lesen, Künstlerisches, Bewegung im Freien, Schlafen und Schule werden häufig vernachlässigt“, sagen die Mediziner.
Der Umfrage zufolge stellen 80 Prozent der Eltern Regeln für die Smartphone-Nutzung ihres Kindes auf. Bei 63 Prozent sind dies Zeitfenster und handyfreie Zonen, etwa am Esstisch. 46 Prozent geben laut Umfrage eine zeitliche Beschränkung vor, 31 Prozent kontrollieren regelmäßig die Geräte. Während der Corona-Krise berichteten fast alle Eltern von einer intensiveren Handy-Nutzung. Die Mehrheit der Befragten fand das in Ordnung, da die Kinder so mit Freunden in Kontakt bleiben konnten.
„Es gehört zu den Erziehungsaufgaben der Eltern, dass sie vermitteln, wann On- und Off-Zeiten sind“, sagte Neurobiologe Korte. Für die Gehirnentwicklung sei es zudem wichtig, trotz Google weiterhin Wissen zu erwerben. „Je mehr wir wissen, desto differenzierter schauen wir auf die Welt und desto besser können wir zum Beispiel einschätzen, was Fake News sind.“