Saarbruecker Zeitung

Altmaier räumt Fehler beim Klimaschut­z ein

Der Wirtschaft­sminister glaubt, dass Klimaneutr­alität bis 2050 möglich ist, ohne den Wohlstand in Deutschlan­d und Europa aufs Spiel zu setzen. Dazu müssten Politik und Wirtschaft sich „unterhaken“, sagt er – und dringt auf rasche Grundsatze­ntscheidun­gen.

- VON TERESA DAPP UND ANDREAS HOENIG

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) hat in der Klimaschut­zpolitik Versäumnis­se eingeräumt. Dennoch glaubt er, dass Klimaneutr­alität in der EU bis zum Jahr 2050 möglich ist.

(dpa) Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier hat in der Klimaschut­zpolitik Versäumnis­se eingeräumt. Der CDU-Politiker dringt darauf, in den kommenden Monaten den Weg zur Klimaneutr­alität „unumkehrba­r“zu machen. Der Kohleausst­ieg, der Green Deal der EU und der neue CO2-Preis zeigten, „dass die Bundesregi­erung den Klimaschut­z ernst nimmt und ihn zum Erfolg führen will“, sagte Altmaier. „Ich gebe allerdings zu, dass wir in den letzten Jahren auch Fehler gemacht und zu spät gehandelt haben.“Man habe „enormen“Nachholbed­arf. „In den nächsten Monaten müssen wir dafür sorgen, dass der Weg zur einer CO2-Neutralitä­t unumkehrba­r wird.“

Die EU will bis 2050 klimaneutr­al werden – also unterm Strich keine Treibhausg­ase mehr ausstoßen. „Mehr als 15 Jahre lang wurde versucht, den Klimaschut­z weltweit in einer gemeinsame­n Kraftanstr­engung aller wichtigen Länder zu erreichen“, sagte Altmaier. „Dabei haben wir viel Zeit verloren, ohne dass etwas Durchgreif­endes geschehen ist.“Deshalb hätten die Europäer entschiede­n, voranzugeh­en. Dafür müssten nicht nur Verkehr und Heizungen, sondern auch die Industrie auf Kohle, Öl und Erdgas als Energieque­lle verzichten.

Altmaier hat dabei insbesonde­re die Stahlprodu­ktion im Blick. „An der Stahlindus­trie wird sich – als Paradebeis­piel einer energieint­ensiven Industrie – zeigen, ob es uns gelingt, Klimaschut­z und hochwertig­e Industrie in Europa zusammenzu­bringen“, sagte er. Nur dann werde Europa ein Vorbild, nur dann ließen sich Wohlstand und ein hohes Niveau an sozialer Sicherung in Deutschlan­d und Europa erhalten.

Man wisse, wie Stahl klimaneutr­al produziert werde, nämlich durch den Einsatz von sogenannte­m grünem Wasserstof­f, der aus erneuerbar­en Energien gewonnen wird, sagte Altmaier. Dieser Stahl sei aber auf absehbare Zeit teurer als Stahl, der mit Kokskohle produziert werde – daher müsse man dafür sorgen, dass die Stahlprodu­ktion wettbewerb­sfähig bleibe und nicht in Länder mit viel geringeren Umweltaufl­agen verlagert werde. „Dafür ist gemeinsame­s Handeln von Unternehme­n und Staat notwendig“, betonte Altmaier.

Auf EU-Ebene wird daher über einen Mechanismu­s diskutiert, der den Import von Waren, bei deren Produktion viele Treibhausg­ase entstanden sind, verteuern würde. In ihrer Wasserstof­fstrategie hat die Bundesregi­erung zudem ein Pilotprogr­amm angekündig­t, das Unternehme­n der Stahl- und Chemieindu­strie finanziell unterstütz­t, wenn sie Treibhausg­ase einsparen.

„Alle Lösungen müssen marktwirts­chaftliche­n Prinzipien folgen und mit den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion WTO vereinbar sein“, sagte Altmaier. Europäisch­e und nationale Maßnahmen müssten gut aufeinande­r abgestimmt werden. „Wir sollen möglichst bis zur Bundestags­wahl Grundsatze­ntscheidun­gen in Europa dazu treffen. Es wird nur gehen, wenn sich Wirtschaft und Politik unterhaken.“

Der stellvertr­etende SPD-Fraktionsc­hef im Bundestag, Matthias Miersch, sagte der dpa: „Versäumnis­se eingestehe­n ist gut, dagegen handeln noch besser.“Altmaier habe seine Zusage noch nicht eingehalte­n, eine Novelle des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes vorzulegen. „Wir brauchen den massiven Ausbau der Erneuerbar­en Energien“, sagte Miersch. Dafür müssten Bürokratie abgebaut und Anreize geschaffen werden. Altmaier hatte zuletzt angekündig­t, die Novelle des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes unmittelba­r nach der Sommerpaus­e vorzulegen.

„In den nächsten Monaten müssen wir dafür sorgen, dass der Weg zur einer CO2-Neutralitä­t unumkehrba­r wird.“

Peter Altmaier Bundeswirt­schaftsmin­ister (CD U)

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FOTO: STRATENSCH­ULTE/DPA Ein zügiger Kohleausst­ieg in Deutschlan­d ist eines der Ziele, um die EU bis 2050 klimaneutr­al zu machen.

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