Deutsche kaufen wieder mehr Neuwagen
Im Juli sind wieder mehr Autos zugelassen worden, von Entwarnung spricht die Branche aber nicht. Experte Dudenhöffer rechnet mit dem Verlust von 100 000 Arbeitsplätzen.
Der Neuwagen-Markt hat sich im Juli erholt. In Deutschland wurden laut Kraftfahrtbundesamt rund 315 000 Autos neu zugelassen. Das waren 43 Prozent mehr als im Juni, aber immer noch 5,4 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
(dpa) Die Nachfrage nach Neuwagen hat sich im Juli erstmals in der Krise wieder etwas erholt. 314 938 Autos wurden hierzulande im Juli zugelassen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Mittwoch mitteilte. Das waren zwar 5,4 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, aber 43 Prozent mehr als im Juni. Der Rückgang bei den Neuzulassungen hat sich damit deutlich verlangsamt. „Dies ist der bislang geringste Rückgang im laufenden Jahr“, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) mit. Noch im Juni waren die Zahlen um rund ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen.
Doch von Entwarnung will die Branche nichts wissen. Trotz der leichten Erholung steht der Markt dem VDA zufolge weiter „unter enormem Druck“. Auch der etwas bessere Juli konnte nicht verhindern, dass in den ersten sieben Monaten dieses Jahres der Absatz um 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag. 1,5 Millionen Fahrzeuge wurden demnach von Januar bis Juli hierzulande zugelassen. Für das Gesamtjahr geht der VDA weiter von insgesamt 2,8 Millionen Fahrzeugen aus und damit von einem Rückgang von rund 23 Prozent in Deutschland.
Hinzu kommt das weiterhin schwach laufende Auslandsgeschäft. 242 800 Neuwagen wurden laut VDA an Kunden in aller Welt ausgeliefert. Das waren in etwa so viele wie im Juni, aber rund 15 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet aufgrund der coronabedingten Krise in der deutschen Autoindustrie mit dem Abbau von 100 000 Arbeitsplätzen. Die Nachfrage in Europa und Amerika breche dieses Jahr massiv ein, die Produktion in Europa dürfte um ein Viertel auf zwölf Millionen Autos fallen. Damit gebe es Überkapazitäten für sieben Millionen Autos, schrieb Dudenhöffer in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie.
Die Bundesregierung versucht, der Nachfrage im Inland mit einem umfassenden Konjunkturpaket wieder auf die Sprünge zu helfen. Höhere Kaufprämien für Elektroautos und eine geringere Mehrwertsteuer sollen die Anschaffung eines Neuwagens für Verbraucher attraktiver machen und der Branche aus ihrer Absatzkrise helfen. Die Maßnahmen sind im Juli in Kraft getreten und dürften zur Entlastung beigetragen haben.
Ohnehin ist der Fahrzeugmarkt nicht gleichermaßen stark von der Krise gezeichnet. Zwar ist die Nachfrage nach Verbrennermotoren kräftig eingebrochen. Doch Elektroautos waren im bisherigen Gesamtjahr weiterhin äußerst beliebt. Allein im Juli wurden 16 798 Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb neu zugelassen. Das waren 181 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Der Anteil von E-Fahrzeugen an sämtlichen Zulassungen im Juli bleibt mit rund fünf Prozent allerdings weiterhin gering. Und auch den SUV konnte die Krise bislang wenig anhaben. Um 3,2 Prozent stieg die Zahl ihrer Neuzulassungen im vergangenen Monat.
Doch wer derzeit in Deutschland sein neu gekauftes Auto fahren will, braucht Geduld. Bis ein Neuwagen etwa in Berlin zugelassen wird, dauere es „mindestens sechs Wochen“, teilt der Zentralverband des Deutschen KfZ-Gewerbes (ZDK) mit. Viele Zulassungsstellen arbeiteten derzeit noch im Krisenmodus. Die langsame Abarbeitung ginge den Autohäusern an die Liquidität. Der Händler muss das Auto in der Regel bezahlen, wenn er es vom Hersteller bekommt, das Geld des Kunden bekommt er aber erst, wenn es ausgeliefert wird. „Für manche Autohändler kann das kritisch werden“, sagte der Vizepräsident des ZDK Thomas Peckruhn.