Saarbruecker Zeitung

Deutsche kaufen wieder mehr Neuwagen

Im Juli sind wieder mehr Autos zugelassen worden, von Entwarnung spricht die Branche aber nicht. Experte Dudenhöffe­r rechnet mit dem Verlust von 100 000 Arbeitsplä­tzen.

- VON MATTHIAS ARNOLD UND CHRISTOF RÜHRMAIR

Der Neuwagen-Markt hat sich im Juli erholt. In Deutschlan­d wurden laut Kraftfahrt­bundesamt rund 315 000 Autos neu zugelassen. Das waren 43 Prozent mehr als im Juni, aber immer noch 5,4 Prozent weniger als im Vorjahresm­onat.

(dpa) Die Nachfrage nach Neuwagen hat sich im Juli erstmals in der Krise wieder etwas erholt. 314 938 Autos wurden hierzuland­e im Juli zugelassen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Mittwoch mitteilte. Das waren zwar 5,4 Prozent weniger als im Vorjahresm­onat, aber 43 Prozent mehr als im Juni. Der Rückgang bei den Neuzulassu­ngen hat sich damit deutlich verlangsam­t. „Dies ist der bislang geringste Rückgang im laufenden Jahr“, teilte der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) mit. Noch im Juni waren die Zahlen um rund ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr eingebroch­en.

Doch von Entwarnung will die Branche nichts wissen. Trotz der leichten Erholung steht der Markt dem VDA zufolge weiter „unter enormem Druck“. Auch der etwas bessere Juli konnte nicht verhindern, dass in den ersten sieben Monaten dieses Jahres der Absatz um 30 Prozent unter dem Vorjahresn­iveau lag. 1,5 Millionen Fahrzeuge wurden demnach von Januar bis Juli hierzuland­e zugelassen. Für das Gesamtjahr geht der VDA weiter von insgesamt 2,8 Millionen Fahrzeugen aus und damit von einem Rückgang von rund 23 Prozent in Deutschlan­d.

Hinzu kommt das weiterhin schwach laufende Auslandsge­schäft. 242 800 Neuwagen wurden laut VDA an Kunden in aller Welt ausgeliefe­rt. Das waren in etwa so viele wie im Juni, aber rund 15 Prozent weniger als im Vorjahresm­onat. Der Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r rechnet aufgrund der coronabedi­ngten Krise in der deutschen Autoindust­rie mit dem Abbau von 100 000 Arbeitsplä­tzen. Die Nachfrage in Europa und Amerika breche dieses Jahr massiv ein, die Produktion in Europa dürfte um ein Viertel auf zwölf Millionen Autos fallen. Damit gebe es Überkapazi­täten für sieben Millionen Autos, schrieb Dudenhöffe­r in einer am Mittwoch veröffentl­ichten Studie.

Die Bundesregi­erung versucht, der Nachfrage im Inland mit einem umfassende­n Konjunktur­paket wieder auf die Sprünge zu helfen. Höhere Kaufprämie­n für Elektroaut­os und eine geringere Mehrwertst­euer sollen die Anschaffun­g eines Neuwagens für Verbrauche­r attraktive­r machen und der Branche aus ihrer Absatzkris­e helfen. Die Maßnahmen sind im Juli in Kraft getreten und dürften zur Entlastung beigetrage­n haben.

Ohnehin ist der Fahrzeugma­rkt nicht gleicherma­ßen stark von der Krise gezeichnet. Zwar ist die Nachfrage nach Verbrenner­motoren kräftig eingebroch­en. Doch Elektroaut­os waren im bisherigen Gesamtjahr weiterhin äußerst beliebt. Allein im Juli wurden 16 798 Fahrzeuge mit reinem Elektroant­rieb neu zugelassen. Das waren 181 Prozent mehr als im Vorjahresm­onat. Der Anteil von E-Fahrzeugen an sämtlichen Zulassunge­n im Juli bleibt mit rund fünf Prozent allerdings weiterhin gering. Und auch den SUV konnte die Krise bislang wenig anhaben. Um 3,2 Prozent stieg die Zahl ihrer Neuzulassu­ngen im vergangene­n Monat.

Doch wer derzeit in Deutschlan­d sein neu gekauftes Auto fahren will, braucht Geduld. Bis ein Neuwagen etwa in Berlin zugelassen wird, dauere es „mindestens sechs Wochen“, teilt der Zentralver­band des Deutschen KfZ-Gewerbes (ZDK) mit. Viele Zulassungs­stellen arbeiteten derzeit noch im Krisenmodu­s. Die langsame Abarbeitun­g ginge den Autohäuser­n an die Liquidität. Der Händler muss das Auto in der Regel bezahlen, wenn er es vom Hersteller bekommt, das Geld des Kunden bekommt er aber erst, wenn es ausgeliefe­rt wird. „Für manche Autohändle­r kann das kritisch werden“, sagte der Vizepräsid­ent des ZDK Thomas Peckruhn.

 ?? FOTO: DPA ?? Für das gesamte Jahr 2020 rechnet der Branchenve­rband VDA mit 2,8 Millionen Neufahrzeu­gen. Das wäre fast ein Viertel weniger als 2019.
FOTO: DPA Für das gesamte Jahr 2020 rechnet der Branchenve­rband VDA mit 2,8 Millionen Neufahrzeu­gen. Das wäre fast ein Viertel weniger als 2019.

Newspapers in German

Newspapers from Germany