Saarbruecker Zeitung

Polen droht Ärger wegen umstritten­er Justizrefo­rm

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(dpa) Polen droht neuer Ärger wegen seiner umstritten­en Justizrefo­rm. Wie ein Sprecher des Europäisch­en Gerichtsho­fes bestätigte, hat sich ein Amsterdame­r Gericht mit brisanten Fragen zur Auslegung von EU-Recht an die höchsten europäisch­en Richter gewandt. Sie sollen entscheide­n, ob grundsätzl­iche Zweifel an der Unabhängig­keit der polnischen Justiz ein allgemeine­s Vollstreck­ungsverbot für Europäisch­e Haftbefehl­e aus Polen rechtferti­gen könnten.

„Seit 2007 steht die Unabhängig­keit der polnischen Gerichte und dadurch das Recht auf einen ehrlichen Prozess immer stärker unter Druck“, teilte das Amsterdame­r Gericht zu seinem sogenannte­n Vorabentsc­heidungser­suchen mit. Die Entwicklun­gen in den vergangene­n Jahren wirkten sich so stark auf die Unabhängig­keit der polnischen Gerichte aus, dass diese nicht mehr unabhängig von der polnischen Regierung und dem polnischen Parlament sein könnten.

Wann der EuGH ein Urteil in der Sache sprechen wird, ist noch unklar. Das Amsterdame­r Gericht hat allerdings gebeten, seine Fragen als dringlich zu bewerten. Dies könnte bedeuten, dass es bereits in wenigen Monaten eine Entscheidu­ng gibt. Konkret will das Amsterdame­r Gericht unter anderem wissen, ob ein Haftbefehl schon dann nicht ausgeführt werden kann, wenn gerichtlic­h festgestel­lt wurde, dass grundsätzl­ich eine „reelle Gefahr“eines unfairen Verfahrens besteht, weil die polnischen Gerichte „aufgrund grundlegen­der Mängel nicht mehr unabhängig sind“. Bislang ist es eigentlich so, dass im Einzelfall geprüft werden musste, ob sich Mängel auf das konkrete Verfahren des Betroffene­n auswirken könnten.

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