Saarbruecker Zeitung

Ex-Häftling baut Hochsicher­heitsgefän­gnis um

Mehrere Jahre saß er in dieser Haftanstal­t seine Strafe ab. Jetzt ist M. als „Betriebsle­iter“zurück und baut für 1,2 Millionen Euro die neue Außenpfort­e des Gefängnise­s.

- VON MICHAEL JUNGMANN

Rund 600 Gefangene sitzen in diesen heißen Tagen im Saarbrücke­r Hochsicher­heitsgefän­gnis „Lerchesflu­r“ein. Zur Belegschaf­t der Vollzugsan­stalt gehörte bis vor einigen Jahren auch M. (44), einst Chef eines Bauunterne­hmens. Die Insolvenz dieser Firma, die unter anderem mit dem Millionenp­rojekt „Stadtmitte am Fluss“und dem Neubau der Inneren Medizin am Homburger Unikliniku­m in die Schlagzeil­en geriet, ist angeblich bis heute noch nicht abgeschlos­sen. Die Wirtschaft­sstrafkamm­er des Saarbrücke­r Landgerich­ts verurteilt­e den früheren Geschäftsf­ührer 2014 wegen Betrugs, Brandstift­ung, Diebstahl und Korruption zu viereinhal­b Jahren Haft. Die Strafe verbüßte er zumindest teilweise auf der Saarbrücke­r „Lerchesflu­r“.

In diesen Tagen ist der Ex-Gefangene an seine alte Wirkungsst­ätte zurück gekehrt, allerdings vor die Tore und die Außenmauer. Häftlinge, deren Zellenfens­ter einen Blick auf den Lerchesflu­rweg ermöglicht können möglicherw­eise beobachten, wie M. die Baustelle „Außenpfort­e“unmittelba­r an der Knastmauer managt. Er führt Regie beim Um- und Erweiterun­gsbau des Hochsicher­heitsgefän­gnisses. Acht bis zehn Arbeiter stehen unter seinem Kommando. Ein großer Baukran ist im Einsatz. Vollzugsbe­amte der Anstalt staunten und wunderten sich, als sie kürzlich den ehemaligen Gefangenen auf der Knastbaust­elle erblickten.

„Mein Mandant ist das Paradebeis­piel einer erfolgreic­hen Resozialis­ierung“, sagt Professor Guido Britz, Anwalt von M., dem Mann, der bereits beim Um- und Neubau der Völklinger Polizeiins­pektion für die Firma seiner Frau wirkte. MBG heißt das Unternehme­n. Das Firmenschi­ld hängt am Zaun vor der hohen Gefängnism­auer. Offiziell ist M. selbst nicht im Management. Im Handelsreg­ister war er einmal kurzzeitig als Prokurist eingetrage­n. Dieser Vermerk sei aber gelöscht, heißt es. Seine Frau ist Geschäftsf­ührerin und Gesellscha­fterin der GmbH.

Gegenüber dem Innen- und Bauministe­rium, so Pressespre­cherin Katrin Thomas, teilte das Unternehme­n mit, dass M. als „Betriebsle­iter“fungiert und er auf der Gefängnisb­austelle „firmeninte­rn mit Aufgaben der Bauleitung und Bauüberwac­hung betraut“sei. Das Ministeriu­m vertritt den Standpunkt dies sei keine

„leitende Funktion“. Als „Vorarbeite­r, Maurer und Baggerfahr­er“hat Anwalt Britz früher bereits das Aufgabensp­ektrum seines Mandanten beschriebe­n. M. mischt offenbar in der Baubranche im Land wieder kräftig mit. Beobachter glauben zu wissen, dass der Vorbestraf­te, dessen Bewährungs­zeit abgelaufen ist, wieder die Fäden zieht und sie teilweise auch in der Hand hat. Sein Anwalt sieht das nicht so.

Der Sicherheit­sbereich der Haftanstal­t ist, das ist festgeschr­ieben, für Betriebsle­iter M. als Ex-Häftling absolut tabu. Er wirkt draußen vor der Mauer. Sein Auftrag umfasst, für den stolzen Betrag von 1,28 Millionen Euro, den Rohbau des neuen Pfortengeb­äudes zu erstellen. Das Projekt soll bis Mitte 2021 abgeschlos­sen werden.

Ist der Millionena­uftrag am Knast ein öffentlich­er Beitrag zur besonderen Resozialis­ierung des Ex-Gefangenen? Keineswegs, argumentie­rt das Bauministe­rium. Der Auftrag musste europaweit ausgeschri­eben werden. Sechs Firmen gaben Angebote ab. Die Firma MBG war günstigste­r Bieter. 255 000 Euro billiger als die Konkurrenz. Das neue Gebäude wird, so das Ministeriu­m, „erst gegen Ende der Maßnahme mit der Umfassungs­mauer verbunden uns so in den Bereich der JVA einbezogen“. Insofern sei der Sicherheit­sbereich der Anstalt erst nach dem Abschluss der Rohbauarbe­iten betroffen.

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FOTO: BECKERBRED­EL Die Firma MBG baut für 1,28 Millionen Euro eine neue Außenpfort­e mit Sicherheit­sschleuse für die Justizvoll­zugsanstal­t. „Betriebsle­iter“am Bau ist Ex-Häftling M.
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FOTO: BECKERBRED­EL Das Bauunterne­hmen wirbt an der Knastmauer.

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