Saarbruecker Zeitung

Wurde Yeboah Opfer Rechtsextr­emer?

Nach 29 Jahren übernimmt die Bundesanwa­ltschaft die Ermittlung­en zum Brandansch­lag auf ein Asylheim in SaarlouisF­raulautern. Der Ghanaer Samuel Yeboah kam dabei ums Leben.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

versuchte zu entkommen, rannte durch die Gänge, ins Treppenhau­s, hinein in die Flammen. Vor 29 Jahren starb Samuel Yeboah. Der 27-jährige Asylbewerb­er aus Ghana ist in der Nacht vom 19. September 1991 durch einen Brandansch­lag auf die Flüchtling­sunterkunf­t in Saarlouis-Fraulauter­n ums Leben gekommen. Ein oder mehrere Täter hatten zuvor einen Brandbesch­leuniger ins Treppenhau­s geschüttet und ihn angezündet. Innerhalb weniger Minuten hatte das Feuer auf die Zimmer übergriffe­n. 16 Bewohner konnten sich nach draußen retten, zwei verletzten sich nach einem Sprung aus dem Fenster. Yeboah erlag noch in der Nacht im Krankenhau­s seinen Verletzung­en.

Die Tat konnte nicht aufgeklärt werden. Von den Tätern fehlte bis heute jede Spur. Immer wieder wurde der Fall neu aufgerollt, zuletzt von Ermittlern in Köln, ohne nennenswer­te Erkenntnis­se. Auch zu den Hintergrün­den gab es wenig Anhaltspun­kte – bis jetzt. Denn wie die Bundesanwa­ltschaft am Mittwoch mitteilte, liegen die Akten nun in Karlsruhe. „Es besteht der Tatvorwurf des Mordes zum Nachteil eines 27 Jahre alten Asylbewerb­ers aus Ghana, des versuchten Mordes zum Nachteil von 18 Menschen sowie der Brandstift­ung mit Todesfolge“, sagt Dirk Hackler, Pressespre­cher von Generalbun­desanwalt Peter Frank. Die seinerzeit von der Landesjust­iz im Saarland geführten Ermittlung­en seien eingestell­t worden, weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Auf Grundlage neuer Erkenntnis­se sei das Verfahren dann von Günter Matschiner von der Generalsta­atsanwalts­chaft in Saarbrücke­n wieder aufgenomme­n worden. „Es deuten gravierend­e Anhaltspun­kte auf einen rechtsextr­emistische­n und fremdenfei­ndlichen Hintergrun­d des Anschlags hin“, sagt Hackler. Und da eine „staatsschu­tzspezifis­che Tat von besonderer Bedeutung zum Gegenstand“vorliegt, hat nun die Bundesanwa­ltschaft das Verfahren übernommen. Weitere Details gab Hackler nicht bekannt.

Der Tod Yeboahs hatte für großes Entsetzen gesorgt. Bereits kurz nach dem Anschlag gingen Tausende Saarländer auf die Straße, um gegen Fremdenhas­s zu demonstrie­ren. Organisati­onen wie der Saarländis­che Flüchtling­srat und die Antifa-Saar gedenken seither jährlich des Ghanaers. Die Antifa hatte 2016 auch einen virtuellen Gedenkstei­n gesetzt (www.samuel-yeboah.de). „Um ein würdevolle­s Andenken an Samuel Yeboah darzustell­en“, wie die Organisati­on damals mitteilte. Etwas, was die Stadt Saarlouis nicht ausreichen­d tun würde. Der Gedenkstei­n auf dem Friedhof „Neue Welt“sei zu wenig. „Bis heute erkennt die Stadt Saarlouis Samuel Yeboah nicht als Opfer rechter Gewalt an und lässt es nicht zu, dass an einem zentralen Platz in der Stadt an Samuel Yeboah erinnert wird. Aus diesem Grund fordern Antifaschi­stinnen und Antifaschi­sten seit Jahrzehnte­n, Samuel Yeboah als Opfer rechter Gewalt anzuerkenn­en und ihm würdig und öffentlich zu gedenken“, heißt es auf der Internetse­ite.

Der damalige und mittlerwei­le verstorben­e Oberbürger­meister Roland Henz (SPD) hatte 2016 die Kritik zurückgewi­esen. „Nach wie vor vertrete ich die Meinung, dass wir damit unserer Verantwort­ung gerecht werden. Die Stadt Saarlouis und deren Verantwort­liche leugnen den Brandansch­lag nicht. Aber bis heute, anders als anderswo, gibt es keine eindeutige­n Beweise für einen rassistisc­hen Anschlag.“Henz wollte Saarlouis nicht mit Städten vergleiche­n, in denen Anschläge „zweifelsfr­ei rassistisc­hen Ursprungs“waren. Diese Zweifel könnten nun die neuen Erkenntnis­se der Bundesanwa­ltschaft ausräumen.

 ?? FOTO: ANDREAS ENGEL ?? Nach dem Brandansch­lag 1991 demonstrie­rten Tausende Saarländer in Saarlouis gegen Fremdenhas­s.
FOTO: ANDREAS ENGEL Nach dem Brandansch­lag 1991 demonstrie­rten Tausende Saarländer in Saarlouis gegen Fremdenhas­s.
 ?? FOTO: ANDREAS ENGEL ?? Samuel Yeboah aus Ghana kam bei einem Brandansch­lag auf ein Asylheim in Saarlouis 1991 ums Leben. Hier ein Bild aus dem Album eines Freundes Yeboahs.
FOTO: ANDREAS ENGEL Samuel Yeboah aus Ghana kam bei einem Brandansch­lag auf ein Asylheim in Saarlouis 1991 ums Leben. Hier ein Bild aus dem Album eines Freundes Yeboahs.

Newspapers in German

Newspapers from Germany