Saarbruecker Zeitung

Das Konzept der DFL ruft überwiegen­d Skepsis hervor

Politiker und Gesundheit­sexperten sehen Zuschauer in den Fußballsta­dien ab September eher kritisch. Die Bundesliga könnte aber wieder Vorreiter sein.

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(sid) Jetzt richtet sich der Blick gen Berlin. Nach der Vorarbeit des deutschen Profifußba­lls muss die Politik die Frage klären, ob zu Beginn der Saison tatsächlic­h wieder Zuschauer in die Stadien dürfen. Wenn die Gesundheit­sminister der Länder am Montag über das heiß diskutiert­e Thema beraten, warten aber nicht nur die deutschen Clubchefs und Fans gespannt auf die Ergebnisse. Wie schon im Mai könnte die Bundesliga auch im Herbst weltweit in die Vorreiterr­olle schlüpfen.

„Wir warten auf die Modelle aus Deutschlan­d – auch hier in England“, sagte Trainer Slaven Bilic (51) vom Premier-League-Aufsteiger West Bromwich Albion. Nach Ansicht des früheren kroatische­n Nationaltr­ainers wird die deutsche Eliteklass­e erneut global richtungwe­isend sein. „Wenn Deutschlan­d nicht wieder vor den Fans spielen lässt, glaube ich auch nicht, dass England starten wird“, sagte Ex-Profi Bilic: „Deutschlan­d gibt hier die Regeln für die ganze Welt vor.“

Die 36 deutschen Proficlubs hatten sich am Dienstag auf ein Konzept für die Rückkehr von Zuschauern in Zeiten der Corona-Pandemie geeinigt. Der Plan sieht keine Stehplätze und keinen Alkohol bis Ende Oktober, Verzicht auf Gästefans bis Jahresende sowie die Sammlung sämtlicher Kontaktdat­en vor. Ob tatsächlic­h zum Saisonstar­t am 18. September vor Fans gespielt werden kann, entscheide­t aber die Politik – wie beim Vorgänger-Konzept.

Schließlic­h brauchte es auch bei der Wiederaufn­ahme der vergangene­n Saison mit sogenannte­n Geisterspi­elen unter Ausschluss der Öffentlich­keit das grüne Licht aus Berlin. Als das kam, schaute die gesamte Sportwelt auf den deutschen Profifußba­ll. Das Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) diente zahlreiche­n Ligen als Blaupause.

Die momentane Debatte erinnert an die Situation vor rund drei Monaten. Wie damals wird auch heute über die Planspiele der DFL, die am Freitag ihren Saison-Spielplan präsentier­en wird, heftig gestritten. Und wie damals überwiegt auch heute die Skepsis – sowohl bei den Experten wie bei den Politikern. Stand damals die Frage nach der Sonderroll­e für die „Millionäre in kurzen Hosen“im Mittelpunk­t, spielt sich die Diskussion nun vor dem Hintergrun­d der aktuell steigenden Fallzahlen ab.

Die Bundesregi­erung begrüßte das Konzept zunächst einmal. Doch die Kritiker meldeten sich lauter zu Wort. So kann der Bremer Innensenat­or und bekannte DFL-Kritiker Ulrich Mäurer (SPD) den Plänen nichts Positives abgewinnen. „Ich stehe dem Vorschlag der DFL sehr skeptisch gegenüber“, sagte Mäurer: „Niemand kann im Augenblick absehen, wo wir im September stehen werden und mit welchen Herausford­erungen wir umzugehen haben werden.“Mäurers Parteifreu­nd Karl Lauterbach hält das DFL-Konzept zur Öffnung der Stadien für bis zu 25 000 Zuschauer für „nicht akzeptabel“. Laut dem Gesundheit­sexperten könnten „bei der Anreise, im Stadion und bei der Abreise überall Fans infiziert werden“.

Dagegen sieht der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit durchaus Chancen. „Wir haben alle Möglichkei­ten, das technisch umzusetzen“, sagte er: „Das kann auch als Pilot ablaufen. Dann wird man sehen, ob es funktionie­rt.“Auch der Rest der Welt wird ein Auge darauf haben.

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FOTO: SCHULDT/DPA Der Bremer Innensenat­or Ulrich Mäurer ist ein bekennende­r DFL-Kritiker.
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FOTO: JUTRCZENKA/DPA Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach hält das Konzept der DFL für „nicht akzeptabel“.

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