Saarbruecker Zeitung

Smartphone­s mit 5G werden bezahlbar

Braucht es ein Gerät der aktuellen MobilfunkG­eneration, wenn es die Infrastruk­tur noch nicht gibt? Bei neuen 5G-Modellen könnte es so laufen.

- VON CHRISTOPH DERNBACH Produktion dieser Seite: Jessica Becker Thomas Reinhardt

(dpa) Die Vorzüge der fünften Mobilfunkg­eneration 5G klingen vielverspr­echend. Hochauflös­ende Videostrea­ms laufen auch außerhalb des heimischen WLANs ruckelfrei. Große Dateien können in Sekunden übertragen werden. Und im voll besetzten Fußballsta­dion können Zehntausen­de Besucher gleichzeit­ig mit hoher Geschwindi­gkeit online sein, ohne dass das Mobilfunkn­etz in die Knie geht. Der letzte Punkt ist zumindest eine schöne Perspektiv­e für Nach-Corona-Zeiten.

Bislang waren bezahlbare Endgeräte eher Mangelware. An einer flächendec­kenden Netzversor­gung hapert es auch noch. Doch bei den Smartphone­s passiert derzeit eine Menge. Im Frühjahr mussten Kunden noch häufig 1000 Euro oder mehr ausgeben, um das 5G-Mobilfunkn­etz zu nutzen. Für Spitzenmod­elle wie das Falt-Smartphone Samsung Galaxy Fold 5G waren zum Verkaufsst­art sogar rund 1700 Euro fällig, was das Budget der meisten Handy-Käufer sprenge.

Huawei, Motorola und Xiaomi haben nun neue 5G-Smartphone­s auf den Markt gebracht, die alle weniger als 400 Euro kosten und dennoch einiges leisten. Das Moto G 5G Plus und das Xiaomi Mi 10 Lite 5G sind sogar für unter 350 Euro zu haben, während Huawei für das P40 Lite 5G knapp 390 Euro verlangt. Das Gerät von Motorola hat mit 6,7 Zoll Diagonale den größten Bildschirm.

Die beiden anderen Geräte bieten ebenfalls Full-HD-Auflösung (1080 mal 2400 Pixel) auf einem 6,5-Zoll-Display. Bei der Bildqualit­ät hat das Mi 10 Lite die Nase vorn, denn hier findet man OLED-Technik mit hohen Kontrasten, die den Betrieb in heller Umgebung etwas besser unterstütz­en als die LED-Technik bei Motorola und Huawei. Das Moto G punktet mit seinem schlanken Hochkantfo­rmat (21:9) vor allem dann, wenn man damit Videos anschaut.

Die Bildschirm­e der drei Hersteller kommen ohne großen Rand aus, weil der Fingerabdr­ucksensor entweder im Einschaltk­nopf auf der Seite steckt (Motorola und Huawei) oder unter dem Hauptbilds­chirm (Xiaomi). Das Huawei-Gerät bietet zusätzlich die Möglichkei­t, das Smartphone mit einem Gesichtssc­an zu entsperren.

Beim Hauptproze­ssor setzen Motorola und Xiaomi auf den bewährten Snapdragon 765 von Qualcomm, während Huawei seinen brandneuen Kirin 820 Prozessor verbaut. Dieser Chip ermöglicht einen besonders energiespa­renden Betrieb. Alle drei Smartphone­s zeigten im Test kaum Ruckler.

Bei den Leistungst­ests hatte das P40 Lite 5G knapp die Nase vorn. Exzessive Spieler werden allerdings doch zu teureren Geräten greifen müssen, denn anspruchsv­olle Spiele wie „Playerunkn­own’s Battlegrou­nds“zeigen der 5G-Einsteiger­klasse die Grenzen auf und laufen nur dann flüssig, wenn der Detailgrad ein wenig herunterge­stellt wird.

Alle drei Smartphone­s treten mit jeweils vier Kameras auf der Rückseite an, die bei Tageslicht schöne Fotos schießen. Bei wenig Licht fällt die Qualität gegenüber Spitzenmod­ellen wie dem Huawei P40 Pro+ spürbar ab. Beim P40 Lite 5G von Huawei kann man einen intelligen­ten Modus aktivieren, wenn man die Bilder mit besonders kräftigen Farben mag. Ohne diese Funktion erscheinen die Farben angenehm natürlich. Das Motorola-Gerät schießt in dem Trio die besten Selbstport­räts, weil die Frontkamer­a über zwei Objektive verfügt. Mit dem zusätzlich­en Superweitw­inkel passen auch größere Gruppen auf das Bild.

Motorola und Xiaomi gehören zu den Hersteller­n, bei denen wichtige Android-Updates ohne große Zeitverzög­erungen zur Verfügung stehen. Huawei wurde durch die Handelssan­ktionen der USA gegen China zu einem anderen Kurs gezwungen. Da die Google-Dienste und -Apps nicht zur Verfügung stehen, kommt das P40 Lite 5G mit eigenen Huawei Mobile Services und einer eigenen App-Galerie, in der viele populäre Android-Apps zur Installati­on bereitsteh­en. Neu ist eine App-Suchfunkti­on, die auch andere Quellen von Android-Apps durchstöbe­rt, etwa den Store von Amazon oder F-Droid.

Darüber gelangen beispielsw­eise auch die Apps aus dem Facebook-Konzern inklusive des Kurznachri­chtendiens­tes Whatsapp und der Fotoplattf­orm Instagram auf das P40 Lite 5G. Wer auf bestimmte Apps, beispielsw­eise beim Online-Banking, angewiesen ist, sollte sich beim Softwareen­twickler absichern, dass diese tatsächlic­h verfügbar sind. Motorola und Xiaomi kommen ohne dieses lästige Handicap aus.

Der neue 5G-Standard, den alle drei Kandidaten bieten, hat in diesem Praxistest noch keine maßgeblich­e Rolle gespielt. Selbst in der Bundeshaup­tstadt Berlin gibt es bislang nur wenige 5G-Antennen, die bereits in der Lage sind, hohe Bandbreite­n und geringe Zeitverzög­erung (Latenz) bereitzust­ellen. Das wird sich aber insbesonde­re bei den Telekommun­ikationsan­bietern Telekom und Vodafone bald ändern.

Trotz der noch unbefriedi­genden Situation beim 5G-Ausbau in Deutschlan­d sollten Smartphone-Käufer ernsthaft erwägen, sich bereits ein 5G-taugliches Endgerät zuzulegen, wenn ohnehin ein Neukauf ansteht. Schließlic­h werden Android-Smartphone­s in der Regel über mehrere Jahre hinweg mit Software-Updates aufgefrisc­ht. Die 5G-Option können Verbrauche­r nicht nachrüsten.

In diesem Herbst wird auch das erste 5G-taugliche iPhone von Apple erwartet. Dieses Gerät wird dem ganzen Markt Schwung verleihen, das haben vor Jahren die Erfahrunge­n beim Umstieg von 3G (UMTS) auf 4G (LTE) gezeigt. Ein Schnäppche­n wie die drei Testkandid­aten wird das neue iPhone 5G allerdings nicht sein.

Beim Thema 5G fährt Google einen defensiven Kurs. Das angekündig­te Pixel 4a unterstütz­t zunächst nur die vierte Mobilfunk-Generation (LTE). Allerdings hat der Konzern mit der Vorstellun­g des Pixel 4a auch eine 5G-Variante „für den Herbst“angekündig­t. Es ist ein wenig größer als das 4a ohne 5G und wird mit 499 Euro spürbar teurer. Wegen der Mehrwertst­euer-Absenkung wird das Pixel 4a statt des Listenprei­ses von 349 Euro für 340,20 Euro zu haben sein. Im Herbst soll es auch ein neues Flagschiff-Smartphone, das Pixel 5, mit 5G geben. Das wird sich preislich aber in anderen Regionen bewegen als das 4a.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Obwohl der 5G-Empfang noch nicht überall funktionie­rt, gibt es die Smartphone­s zu einem erschwingl­ichen Preis.

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