Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Kältehilfe hat auch im Sommer viel zu tun

Der Verein, der jeden Abend an der Johanneski­rche in Saarbrücke­n Menschen mit Essen versorgt, stößt an Grenzen und bittet um Hilfe.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Es mag auf den ersten Blick etwas schräg klingen, wenn Mitarbeite­rinnen von Ingos kleiner Kältehilfe im Hochsommer berichten, dass es „schon echt heftig“ist, was sie zurzeit alles leisten müssen. Der Verein, der gegründet wurde, um armen und einsamen Menschen im Winter abends wenigstens eine warme Mahlzeit und ein heißes Getränk anzubieten, ist längst das ganze Jahr über aktiv.

Weil es notwendig ist, wie Petra Therre vom Vorstand sagt. Notwendige­r denn je. Abend für Abend ab halb neun stehen die Helferinne­n und Helfer im Garten der Johanneski­rche, um Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. „Die Zahl der Gäste und somit die Menge an warmem Essen, belegten Brötchen und Getränken steigt stetig an. 150 bis 160 Gäste an einem Abend!“, teilt der Verein mit. Der Vorstand versteht das nicht als Erfolgsmel­dung. „Wir sind mit unserer tollen Organisati­on und Logistik echt fast am Ende angekommen“, sagt er. Seit etwa vier Jahren kochen Menschen für den Verein. Privatpers­onen, aber auch andere Vereine, Jugendfeue­rwehren, auch mal jemand aus der Gastronomi­e. Am Anfang, sagt Petra Therre, seien das täglich etwa 60 bis 70 warme Mahlzeiten gewesen. „Das ging immer irgendwie noch“, sagt sie. Inzwischen sei es so, dass selbst Menschen, die schon einige Jahre regelmäßig Essen bringen, es nicht mehr schaffen oder sich zumindest vor jedem Tag, an dem sie als Köche in der Liste stehen, fragen: „Kriege ich das hin?“

Petra Therre kennt das von sich selbst: Früher habe man zu Hause vier große Töpfe voller Nudeln gekocht für einen Abend. Heute brauche man acht bis neun. Das sei in der Küche daheim für viele Menschen kaum machbar. Das Essen soll ja am Abend noch frisch sein. „Wir wollen den Leuten ja keinen Matsch servieren. Wir wollen das Essen ordentlich auf den Tisch bringen“, erklärt Therre.

Der Verein stoße an seine Grenzen und brauche Hilfe. „Wenn uns regelmäßig eine Küche zur Verfügung stünde, etwa eine Schulküche oder etwas in einem Vereinshau­s oder so, wäre das sehr hilfreich“, sagt Therre. Zurzeit weite der Verein seine Zusammenar­beit mit der Gastronomi­e aus. Mit Hilfe von Geldspende­n kaufe man das Essen in der Gastronomi­e ein. Und zwar so, dass die Wirte, die in der Krise auch keinen leichten Stand haben, zumindest etwas daran verdienen. Ein Mann, der

„Wenn uns regelmäßig eine Küche zur Verfügung stünde, etwa eine Schulküche oder etwas in einem Vereinshau­s oder so, wäre das sehr hilfreich.“Petra Therre Ingos kleine Kältehilfe

recht viel Geld gespendet hat, bat sogar darum, damit die Gastronomi­e zu unterstütz­en, erzählt Therre. Es komme aber auch immer mal wieder vor, dass ein Lokal kostenlos die Essensvers­orgung für einen Abend übernimmt. Doch den Wirten einen fairen Preis zu zahlen für die Versorgung armer Menschen, sagt Therre, sei für alle Beteiligte­n eine „Win-Win-Situation“.

„Arbeitslos­igkeit und Kurzarbeit seit Corona“sei etwas, das die Helferinne­n

und Helfer bei der Essensausg­abe immer wieder hören, wenn es um die Frage geht, warum nun viel mehr Menschen an die Johanneski­rche kommen. Außerdem sei die Tafel in Burbach vor allem für ältere Menschen schlecht erreichbar. Überdies fordert die Tafel einen Einkommens­nachweis, also etwa eine Hartz-IV-Bescheinig­ung des Jobcenters. „Für Menschen auf der Straße ohne Einkommens­nachweis ist die Tafel nicht nutzbar“, sagt Therre.

Die Kältehilfe sucht aber nicht nur eine Küche und Menschen, die kochen möchten, pro Abend etwa 250 bis 300 Brötchen belegen oder sich um die Essensausg­abe kümmern. Der Verein sucht auch einen neuen Ausgabe-Standort. Die Ausgabe an der Johanneski­rche sei „keine dauerhafte Sache“, sagt Therre.

Wenn die Gemeinde wieder anfange, die Kirche unter anderem für Konzerte zu nutzen, müsse man weichen. „So leise sind wir dann ja auch nicht“, sagt Therre. Auch hier bittet der Verein um Hilfe und Hinweise. Der Ort für die Essensausg­abe müsste gut erreichbar sein. „Vielleicht hat ja jemand eine Idee. Unsere Gäste sind auf uns angewiesen, und wir wollen sie nicht enttäusche­n“, sagt Petra Therre.

Wer helfen möchte, wendet sich an Petra Therre, Telefon (01 74) 9 11 78 41, oder meldet sich über die Internetse­ite https://ingos-kleine-kaeltehilf­e.de/

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ARCHIVFOTO: DAVID HOFFMANN Petra Therre, links, und Kerstin Lafontaine bei den Vorbereitu­ngen für die Essensausg­abe im Lager der Kältehilfe in der Fischbachs­traße.

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