Gibt es ein Recht auf Party – auch in der Pandemie?
Corona hat die Jugend ausgebremst, nicht nur in Schule, Studium oder Ausbildung. Die Jugend braucht Räume zum Feiern, fordern Jungpolitiker jetzt.
(dpa) Ausflippen, Tanzen, Party – für die Altersgruppe, die es gern besonders lebendig hat, ist die Corona-Zeit eine lähmende Zeit. Teenager und junge Erwachsene dürfen zwar inzwischen wieder ihre Freunde treffen, aber öffentlich feiern geht nur mit angezogener Handbremse. Die Partys verlagern sich in Parks, wo Müll anfällt, oder an andere Orte. Manchmal eskaliert es, wie zuletzt in Stuttgart oder Frankfurt.
Wie soll das in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen, wenn der Sommer irgendwann vorbei ist und damit auch das Feiern im Freien? Fragt man bei den Jugendorganisationen der Bundestagsparteien nach, kommen Kritik, konkrete Vorschläge und Warnungen.
Die Linksjugend etwa bringt auch bei diesem Thema naturgemäß ein bisschen Kapitalismuskritik unter:
Die größten Corona-Partys fänden nicht in Clubs, sondern bei Tönnies statt, sagt die Vorsitzende Anna Westner. Solange „neoliberale Marktfanatiker“nicht bereit seien, darüber zu reden, halte man es wie die 80er-Jahre Hiphop-Band „Beastie Boys“: „You gotta fight for your right to party – aber natürlich mit Sicherheitsregeln.“Den Staat fordert sie auf, zum Beispiel Freiflächen, Brachen oder Parkplätze für Open-Air-Veranstaltungen umzufunktionieren.
Natürlich sollten Jugendliche in Pandemiezeiten möglichst „risikoarm feiern“, findet Georg Kurz, Sprecher der Grünen Jugend. Die Frage sei, welche Möglichkeiten sie bekämen, das zu tun. Auch er ist der Meinung, Kommunen sollten Freiräume, Angebote und Flächen für Partys schaffen. Geschieht das nicht, könnten Jugendliche auf eigene Faust nach Nischen suchen und dabei möglicherweise sich und andere gefährden, warnen die Jusos, die SPD-Nachwuchsorganisation. Es brauche sichere Angebote, die Jugendliche nutzen könnten. Dazu zählten zum Beispiel Orte im Freien.
Verständnis für die Probleme junger Menschen in Corona-Zeiten kommt vom zuständigen Bundesjugendministerium. Der Alltag vieler Jugendlicher habe sich stark verändert. „Die jungen Menschen, die gerade ihren Schulabschluss gemacht haben, zum ersten Mal verliebt sind oder in diesem Sommer zum ersten Mal mit ihren Freunden statt den Eltern in den Urlaub fahren wollten, stehen vor einer völlig neuen Lebenssituation“, sagt eine Sprecherin. Sie wandte sich gegen Pauschalurteile, Stichwort „Corona-Partys“. „Ein Massenphänomen, bei dem junge leichtsinnige Draufgänger alle Sicherheits- und Hygienemaßnahmen fahren lassen, nur um beim Spaß auf ihre Kosten zu kommen, gibt es nicht.“
Nora Gaupp vom Deutschen Jugendinstitut spricht von einer „gesellschaftlichen Aufgabe, Jugendlich-Sein auch unter den Bedingungen des Pandemieschutzes zu ermöglichen“. Es gelte, die Bedürfnisse und Bedarfe junger Menschen nach Geselligkeit und Freizeitgestaltung mit den Notwendigkeiten des Infektionsschutzes ins Verhältnis zu setzen und soweit wie möglich zu vereinbaren. Das sehen auch die meisten befragten Jungpolitiker so. Party auf Biegen und Brechen, auch wenn Feiern zu den Privilegien der Jugend gehört, will keiner. „Wir sollten jetzt keinen zweiten Lockdown riskieren, indem wir unvorsichtig werden“, sagt Tilman Kuban, der Chef der Jungen Union. Man könne sich wieder mit Freunden in Bars, Cafés
oder im Freien treffen. „Diesen Fortschritt haben wir erreicht, indem wir alle mitgeholfen haben, mehr auf den anderen zu achten und uns gegenseitig zu schützen.“
Zu viele Einschränkungen sieht dagegen die Junge Alternative, die Nachwuchsorganisation der AfD. Es werde Angst vor einer zweiten Welle geschürt, sagt der Vorsitzende Damian Lohr. Es sei auf Dauer kein tragbarer Zustand, dass junge Menschen einige Erfahrungen nicht sammeln könnten. Die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder, ist zwar der Ansicht, dass es grundsätzlich ein „Recht auf Party“gibt. Aber in der Pandemie müsse man Freiheitseinschränkungen in Kauf nehmen. Feiern sei auch mit Abstand und MundNase-Schutz möglich.