Saarbruecker Zeitung

Grenze bei Familienna­chzug für Kriegsflüc­htlinge nicht erreicht

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(dpa) Die in der Bundesregi­erung vereinbart­e Obergrenze von 1000 Menschen pro Monat für den Familienna­chzug zu subsidiär Schutzbere­chtigten wird nicht ausgeschöp­ft. Seit August vergangene­n Jahres vergaben deutsche Auslandsve­rtretungen jeden Monat weniger als 900 Visa für Angehörige dieser Flüchtling­sgruppe, zu der viele Syrer gehören. Das geht aus aktuellen Zahlen des Auswärtige­n Amtes hervor. Insgesamt würden zwischen August 2019 und Juni dieses Jahres 5921 Visa ausgestell­t. Zahlen für den Juli lagen noch nicht vor.

Subsidiäre­n oder eingeschrä­nkten Schutz bekommt, wem in der Heimat ernsthafte­r Schaden droht, zum Beispiel die Todesstraf­e, Folter oder Krieg. Mit Ausbruch der Coronaviru­s-Pandemie

ist die Zahl der Einreisege­nehmigunge­n für Angehörige dieser Gruppe noch einmal eingebroch­en, wie auch beim Familienna­chzug insgesamt. Wurden im

März noch 480 Visa für Angehörige von Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us vergeben, so waren es im April nur noch vier, im Mai eins. Im Juni stieg die Zahl wieder auf 43. Viele deutsche Auslandsve­rtretungen, wo man die Anträge stellen muss, arbeiten wegen der Pandemie nur eingeschrä­nkt.

Subsidiär Schutzbere­chtigte sind schlechter gestellt als Ausländer, die sich auf politische Verfolgung berufen können, oder Flüchtling­e nach der Genfer Konvention, denen wegen ihrer Zugehörigk­eit zu einer bestimmten Gruppe Verfolgung droht. Mehr als zwei Jahre, von Februar 2016 bis Ende Juli 2018, war der Familienna­chzug für subsidiär Schutzbere­chtigte ganz ausgesetzt – eine Reaktion auf den damals hohen Andrang.

Im August 2018 trat eine innerhalb der Koalition mühsam ausgehande­lte Neuregelun­g in Kraft. Einen Rechtsansp­ruch schuf sie nicht, ausschlagg­ebend für Entscheidu­ngen

im Einzelfall sollten humanitäre Gründe sein. Anträge kann man stellen für den Ehepartner oder minderjähr­ige ledige Kinder. Minderjähr­ige Kinder können versuchen, ihre Eltern nach Deutschlan­d nachzuhole­n.

Das Ganze lief schleppend an; in den ersten elf Monaten wurden weniger als 9000 Visa erteilt. Genau genommen zählt für die Obergrenze nicht die Zahl der pro Monat vergebenen Visa, sondern die Zahl positiver Entscheidu­ngen beim Bundesverw­altungsamt, das Informatio­nen zu den Anträgen bündelt. Da es einen Zeitverzug zwischen den verschiede­nen Stufen im Verfahren gibt, kann es sein, dass in manchen Monaten mehr als 1000 Visa erteilt werden – was sich aber mit der Zeit ausgleiche­n sollte. Zwischen August 2018 und Juni 2020 bekamen insgesamt 15 714 Angehörige die Einreiseer­laubnisse für Deutschlan­d.

Innerhalb dieses mehrstufig­en Verfahrens prüfen zunächst die Auslandsve­rtretungen Anträge. Sie erteilten nach Angaben des Auswärtige­n Amts seit August 2018 in 22 997 Fällen ihr grundlegen­des Einverstän­dnis und leiteten Anträge an die Ausländerb­ehörden in Deutschlan­d weiter. Diese prüfen die Anträge ebenfalls. 16 686 Anträge wurden dort positiv beschieden und an das Bundesverw­altungsamt weitergele­itet, das den Großteil von 16 554 an die deutschen Auslandsve­rtretungen weiterleit­ete, wo im gleichen Zeitraum die besagten 15 714 Visa vergeben wurden.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Zwei Jahre nach Einführung der umstritten­en Obergrenze für Familienna­chzüge ist klar: Sie wird gar nicht ausgeschöp­ft.

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