Kultur soll sich „neu erfinden“– aber wie?
Auch Frankreichs Kultur ist von Corona gebeutelt. Staatschef Macron formuliert reichlich vage Lösungen.
(dpa) Zuerst 20 Millionen Euro. Dann fünf Milliarden. Und vor wenigen Wochen noch ein Nachschlag von 1,6 Milliarden: Frankreichs Kultur wird seit Wochen mit Corona-Hilfsgeldern über Wasser gehalten. Doch kaum ist ein Loch gestopft, tut sich ein anderes auf. Zuletzt riefen die Konzertveranstalter nach einem Wiederbelebungsplan. Die Musikund Konzertindustrie sei „auf den Knien“, schrieben rund 1500 Veranstalter und Künstler an Staatschef Emmanuel Macron, Premierminister Jean Castex und Kulturministerin Roselyne Bachelot.
Zwar dürfen unter bestimmten Bedingungen ab 15. August wieder Konzerte, Festivals und andere Veranstaltungen mit mehr als 5000 Teilnehmern mit Genehmigung stattfinden, doch bezeichnet die Branche die Situation als heikel. Eine Studie schätzt, dass 26 000 Arbeitsplätze der Krise zum Opfer fallen könnten. Die Kultur müsse sich neu erfinden, verlangt Staatschef Macron. Sie müsse eine andere Beziehung zur Öffentlichkeit finden. Nur wie?
Der Louvre ist mit durchschnittlich 9,6 Millionen Besuchern jährlich das meist besuchte Museum der Welt. In Zeiten von Corona gehört das der Vergangenheit an. Das Louvre-Publikum kommt zu 75 Prozent aus dem Ausland, vor allem aus den USA und China. Statt wie bisher 30 000 bis 40 000 Besucher täglich, hofft Louvre-Direktor Jean-Luc Martinez nun auf 3000 bis 4000. Er setzt verstärkt auf die Franzosen, von denen jährlich „nur“rund zwei Millionen den Louvre besichtigen. Man müsse mehr die einheimische Bevölkerung mobilisieren, sagte er nach der Wiedereröffnung am 6. Juli. Deshalb bietet das Museum bis Mitte September eine 20-minütige kostenlose Führung an. Man müsse zeigen, dass man keine verstaubte Institution sei, so Martinez. Der Louvre finanziert sich zu über 50 Prozent selbst, der Rest wird durch öffentliche Subventionen abgedeckt. Den Verlust durch die wochenlange Schließung beziffert Martinez auf 40 Millionen Euro. Das Loch wird der Staat als Hauptmäzen stopfen.
Das Pariser Rodin-Museum finanziert sich selbst. Auch hier gehören die ausländischen Touristen mit 75 Prozent
zu den wichtigsten Besuchern. Der durch Corona verursachte Verlust wird auf drei Millionen Euro geschätzt. Um zu überleben, sollen bis zu 130 Originalskulpturen des Bildhauers Auguste Rodin in Bronze nachgegossen und verkauft werden.
Statt Besuchermassen mehr Intensität und Vielfalt, statt Mega-Festivals Veranstaltungen im Klein-und Mittelformat? Läutet Corona das Ende der Blockbuster ein? Nicht für den Louvre. Die Werkschauen zu Johannes Vermeer und Leonardo da Vinci seien Ausstellungen, die für die Forschung wichtig seien, so Martinez.
Für ein neues Geschäftsmodell plädiert auch Frankreichs Kulturministerin. Ihre Aufgabe bestehe nicht darin, Geld zu erbetteln, sondern Projekte auf die Beine zu stellen, erklärte die Ressortchefin. Dass man Geld geben müsse, sei eine Grundbedingung, aber man müsse weiter gehen. Voraussichtlich im Herbst will sie ein Branchentreffen organisieren.