Saarbruecker Zeitung

Im Kampf gegen Nepper, Schlepper und Bauernfäng­er

Gabriele Specht kennt jede Betrugsmas­che. Als Seniorensi­cherheitsb­eraterin teilt sie ihr Wissen mit älteren Menschen, um sie vor Abzocke zu schützen.

- VON ALINE PABST

Eigentlich lässt Gabriele Specht ja keine Fremden in ihr Haus rein. „Bei Ihnen ist das aber jetzt was anderes“, erklärt sie bei unserem Gespräch vergangene Woche. „Sie haben am Telefon ihren Namen genannt, sofort gesagt, woher Sie mich kennen und bei der Nummer wusste ich, dass sie zur

gehört.“Das klingt eigentlich vernünftig. Trotzdem würden die meisten keinen Betrug wittern, wenn sich ein Anrufer am Telefon nicht vorstellt, weiß die 70-Jährige. Genau darauf baut aber eine Masche auf, deren Name bereits verrät, auf wen es die Gauner abgesehen haben: Beim „Enkeltrick“werden alte Menschen abgezockt.

Aber auch viele andere Trickbetrü­gereien ziehlen vor allem auf Senioren ab. Damit die Diebe dabei kein leichtes Spiel haben, hat sich Gabriele Specht vor 18 Jahren

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in Völklingen zur Seniorensi­cherheitsb­eraterin ausbilden lassen. In dieser langen Zeit hat sie alle Maschen der Betrüger kennen gelernt. „Wir haben regelmäßig Fortbildun­gen“, erzählt die Berlinerin, die seit 1994 in Bous lebt. Dabei bringen Polizisten sie und ihre Kollegen auf den aktuellen Stand. Und das müssen sie, denn die Täter lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen.

Der jüngste Trick: Die Täter tauchen in medizinisc­her Schutzklei­dung vor der Tür ihrer Opfer auf – verkleidet als mobile Corona-Tester. Aus Angst vor dem Virus lassen sich die Bewohner dann auf einem Test zwischen Tür und Angel ein. „Der kostet dann natürlich was“, sagt Specht trocken.

Viele Taten spielen sich heutzutage im Internet ab, aber die Klassiker, bei der die Opfer an der Haustür oder am Telefon abgezockt werden, sterben nicht aus. Erst kürzlich sorgten mehrere Fälle von

Telefonbet­rügereien für Aufsehen. 23 Täuschungs­versuche zählte man in Saarbrücke­n an nur einem einzigen Tag (wir berichtete­n). Darunter auch wieder der Enkeltrick. Dabei melden sich die Betrüger nicht mit Namen, sondern lassen ihre Opfer raten, wer da am anderen Ende der Leitung ist. Viele vermuten sofort ein Familienmi­tglied, spielen das vermeintli­ch harmlose Spiel mit – und liefern den Tätern so selbst alle Informatio­nen, die sie brauchen. Anschließe­nd geben sich diese als eine der genannten Personen aus und betteln um Geld.

Bei aller Empörung über diese dreiste Abzocke: Wie können Menschen nur so leichtgläu­big sein? Dahinter steckt mehr, erzählt Specht: „Viele dieser Leute sind einsam. Die sind einfach froh, dass jemand mit ihnen redet und glauben deshalb alles.“Sie kennt Fälle, bei denen Senioren auf ihre angebliche­n „Enkel“reinfielen, obwohl sie gar keine Enkel haben. Sie habe auch schon von falschen Handwerker­n gehört, die behauptete­n, die Gasleitung überprüfen zu müssen. „Die Leute haben sie reingelass­en, obwohl sie gar kein Gas hatten.“Danach waren Schmuck und Bargeld weg.

Weil das Wissen um solche Tricks die beste Prävention ist, erzählt die Beraterin davon. Oft sind es Vereine, die sie bitten, einen Vortrag für die älteren Mitglieder zu halten. Wenn nicht gerade Corona dazwischen kommt, ist sie mit anderen Ehrenamtle­rn auch immer mit einem Stand auf der Seniorenme­sse vertreten. Dort erlebt sie mit, dass sich die Älteren viel lieber von ihr beraten lassen als von den anwesenden Polizisten. Staatliche Autorität schüchtert viele Menschen dieser Generation ein. Specht dagegen begegnet ihnen auf Augenhöhe: Als Seniorin, die anderen Senioren hilft.

Weitere Informatio­nen unter Tel. (06834) 3313 (Gabriele Specht)

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FOTO: ALINE PABST Gabriele Specht berät seit 18 Jahren Senioren gegen Abzocker und Betrüger. Inzwischen erkennt sie solche Halunken schon von weitem.

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