Neues Netzwerk soll Patienten im Saarland besser schützen
Weil es in Deutschland zu vielen vermeidbaren Todesfällen in Kliniken komme, gründeten am Donnerstag elf Verbände und Organsitionen das „N etzwerk Patientensicherheit für das Saarland“.
Diese Zahl scheint schier unglaublich: Pro Jahr kommt es in Deutschland zu rund 20 000 Todesfällen aufgrund vermeidbarer unerwünschter Ereignisse im stationären Bereich. Zum Vergleich: Derzeit werden im Bundesgebiet etwa 9500 Todesfälle im Zusammenhang mit Corona beklagt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Zahlen wurde am gestrigen Donnerstag das „Netzwerk Patientensicherheit für das Saarland“begründet. Elf Verbände und Organisationen des Gesundheitswesens machen dabei mit, die Initiative geht dabei von der Krankenkasse IKK Südwest aus.
In deren Räumlichkeiten hatten sich Vertreter der Organisationen sowie die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) eingefunden, um das Bündnis formal zu besiegeln. „Gewisse Dinge im Leben sind unvermeidbar.
Aber wenn es Probleme im Gesundheitsbereich gibt, die vermeidbar sind, dann muss dafür alles getan werden, dass sie nicht entstehen“, sagte IKK-Südwest-Vorstand Jörg Loth.
Abgesehen von der hohen Anzahl an Toten gebe es 400 000 bis 800 000 „unerwünschte Ereignisse“im Gesundheitswesen. Als Beispiel nannte Loth folgende Situation: Ein Patient weist eine Unverträglichkeit gegenüber Penicillin auf. Die ist auch in seiner Akte vermerkt. Doch gerade als der behandelnde Arzt die Notwendigkeit einer Medikation mit Penicillin attestiert, liegt die Akte im Schwesternzimmer, der Arzt verabreicht das Medikament – und schon ist solch ein unerwünschtes Ereignis geschehen. Bachmann nannte ein Beispiel aus ihrer Zeit als Landrätin in Saarlouis, als dort einmal zwei Babys vertauscht worden seien. Oft führten auch das „Fachchinesisch“der Mediziner oder zu großer Respekt der Patienten vor dem behandelnden Arzt („Der Doktor hat doch keine Zeit“) zu Fehlbehandlungen. Für all diese und ähnlich gelagerte Fälle tritt nun das Netzwerk auf den Plan. Als Erstes wolle man eine Bestandsaufnahme machen, meinte Loth, man wolle schauen, inwieweit unerwünschte Ereignisse dokumentiert wurden und wo die Defizite liegen. Eine Idee sei, die Digitalisierung zu nutzen, um damit alle Informationen eines Patienten in einer Datei
„Wenn es Probleme im Gesundheitsbereich gibt, die vermeidbar sind, dann muss dafür alles getan werden, dass
sie nicht entstehen.“
Jörg Loth, Vorstand IKK Südwest
zu bündeln. „Der Chefarzt wird in der Zukunft mit dem Tablet in der Hand zur Visite kommen“, meinte Bachmann. Dabei müsse der Patient natürlich über seinen Datenschutz bestimmen können. Es sei ja nicht notwendig, dass etwa der Zahnarzt über eine Abtreibung Bescheid bekomme.
Manfred Klein, der Vorstandsvorsitzende der saarländischen Krankenhausgemeinschaft, plädierte für eine neue „Fehlerkultur“: „Man muss offen damit umgehen, denn man lernt aus gemachten Fehlern.“Eine wichtige Rolle im neuen Netzwerk wird der gemeinnützige Verein Gesundheitsregion Saar spielen, dessen Vorsitzender der ehemalige Gesundheitsminister Werner Schreiber (CDU) ist. Der Verein ist bereits eine Organisation, in der viele Akteure im Saar-Gesundheitswesen vertreten sind. „Wenn ein solches Netzwerk besteht, dann sollte man das bei der Patientensicherheit in die Verantwortung nehmen.“
Loth freute sich darüber, dass so viele Institutionen ihre Mitarbeit zugesagt haben, zum Beispiel die saarländischen Kammern für Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker. Den finanziellen Mehraufwand für das Netzwerk wolle jede einzelne Organisation selbst übernehmen.