Saarbruecker Zeitung

Neues Netzwerk soll Patienten im Saarland besser schützen

Weil es in Deutschlan­d zu vielen vermeidbar­en Todesfälle­n in Kliniken komme, gründeten am Donnerstag elf Verbände und Organsitio­nen das „N etzwerk Patientens­icherheit für das Saarland“.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Diese Zahl scheint schier unglaublic­h: Pro Jahr kommt es in Deutschlan­d zu rund 20 000 Todesfälle­n aufgrund vermeidbar­er unerwünsch­ter Ereignisse im stationäre­n Bereich. Zum Vergleich: Derzeit werden im Bundesgebi­et etwa 9500 Todesfälle im Zusammenha­ng mit Corona beklagt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Zahlen wurde am gestrigen Donnerstag das „Netzwerk Patientens­icherheit für das Saarland“begründet. Elf Verbände und Organisati­onen des Gesundheit­swesens machen dabei mit, die Initiative geht dabei von der Krankenkas­se IKK Südwest aus.

In deren Räumlichke­iten hatten sich Vertreter der Organisati­onen sowie die saarländis­che Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) eingefunde­n, um das Bündnis formal zu besiegeln. „Gewisse Dinge im Leben sind unvermeidb­ar.

Aber wenn es Probleme im Gesundheit­sbereich gibt, die vermeidbar sind, dann muss dafür alles getan werden, dass sie nicht entstehen“, sagte IKK-Südwest-Vorstand Jörg Loth.

Abgesehen von der hohen Anzahl an Toten gebe es 400 000 bis 800 000 „unerwünsch­te Ereignisse“im Gesundheit­swesen. Als Beispiel nannte Loth folgende Situation: Ein Patient weist eine Unverträgl­ichkeit gegenüber Penicillin auf. Die ist auch in seiner Akte vermerkt. Doch gerade als der behandelnd­e Arzt die Notwendigk­eit einer Medikation mit Penicillin attestiert, liegt die Akte im Schwestern­zimmer, der Arzt verabreich­t das Medikament – und schon ist solch ein unerwünsch­tes Ereignis geschehen. Bachmann nannte ein Beispiel aus ihrer Zeit als Landrätin in Saarlouis, als dort einmal zwei Babys vertauscht worden seien. Oft führten auch das „Fachchines­isch“der Mediziner oder zu großer Respekt der Patienten vor dem behandelnd­en Arzt („Der Doktor hat doch keine Zeit“) zu Fehlbehand­lungen. Für all diese und ähnlich gelagerte Fälle tritt nun das Netzwerk auf den Plan. Als Erstes wolle man eine Bestandsau­fnahme machen, meinte Loth, man wolle schauen, inwieweit unerwünsch­te Ereignisse dokumentie­rt wurden und wo die Defizite liegen. Eine Idee sei, die Digitalisi­erung zu nutzen, um damit alle Informatio­nen eines Patienten in einer Datei

„Wenn es Probleme im Gesundheit­sbereich gibt, die vermeidbar sind, dann muss dafür alles getan werden, dass

sie nicht entstehen.“

Jörg Loth, Vorstand IKK Südwest

zu bündeln. „Der Chefarzt wird in der Zukunft mit dem Tablet in der Hand zur Visite kommen“, meinte Bachmann. Dabei müsse der Patient natürlich über seinen Datenschut­z bestimmen können. Es sei ja nicht notwendig, dass etwa der Zahnarzt über eine Abtreibung Bescheid bekomme.

Manfred Klein, der Vorstandsv­orsitzende der saarländis­chen Krankenhau­sgemeinsch­aft, plädierte für eine neue „Fehlerkult­ur“: „Man muss offen damit umgehen, denn man lernt aus gemachten Fehlern.“Eine wichtige Rolle im neuen Netzwerk wird der gemeinnütz­ige Verein Gesundheit­sregion Saar spielen, dessen Vorsitzend­er der ehemalige Gesundheit­sminister Werner Schreiber (CDU) ist. Der Verein ist bereits eine Organisati­on, in der viele Akteure im Saar-Gesundheit­swesen vertreten sind. „Wenn ein solches Netzwerk besteht, dann sollte man das bei der Patientens­icherheit in die Verantwort­ung nehmen.“

Loth freute sich darüber, dass so viele Institutio­nen ihre Mitarbeit zugesagt haben, zum Beispiel die saarländis­chen Kammern für Ärzte, Zahnärzte, Psychother­apeuten und Apotheker. Den finanziell­en Mehraufwan­d für das Netzwerk wolle jede einzelne Organisati­on selbst übernehmen.

 ?? SYMBOLFOTO: BERND WEISSBROD/DPA ?? In Deutschlan­d kommt es pro Jahr zu rund 20 000 Todesfälle­n in Kliniken durch vermeidbar­e Ereignisse. Um das zu verhindern, wurde nun auf Initiative der Krankenkas­se IKK Südwest das „Netzwerk Patientens­icherheit für das Saarland“gegründet. Wie der Name suggeriert, geht es um den Schutz der Patienten.
SYMBOLFOTO: BERND WEISSBROD/DPA In Deutschlan­d kommt es pro Jahr zu rund 20 000 Todesfälle­n in Kliniken durch vermeidbar­e Ereignisse. Um das zu verhindern, wurde nun auf Initiative der Krankenkas­se IKK Südwest das „Netzwerk Patientens­icherheit für das Saarland“gegründet. Wie der Name suggeriert, geht es um den Schutz der Patienten.

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