Saarbruecker Zeitung

Das Vertrauen in den Staat steigt in Deutschlan­d stark an

Was halten die Deutschen nach einem halben Jahr Corona vom Staat? Wie sind einzelne Berufsgrup­pen angesehen? Eine neue Umfrage gibt Aufschluss.

- VON BASIL WEGENER Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Niklas Folz

(dpa) Deutschlan­d im Corona-Sommer 2020 wirkt manchmal wie im Ausnahmezu­stand. Was macht die Krise mit dem Verhältnis der Bürger zum Staat? Eine neue Umfrage des Instituts forsa im Auftrag des Beamtenbun­ds dbb mit mehr als 2000 repräsenta­tiv ausgewählt­en Bürgern zeigt die Trends.

Wie hat sich das Vertrauen in den Staat entwickelt?

Der Anteil derer, die meinen, der Staat sei in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen, hat im Vergleich zum Vorjahr von 34 auf 56 Prozent zugenommen. Als überforder­t sehen den Staat noch 40 Prozent an – nach 61 Prozent 2019.

Wer vertraut dem Staat, wer nicht? Ost und West unterschei­den sich hierbei kaum noch. So sehen 57 Prozent der Menschen im Osten und 56 im Westen den Staat als fähig an, seine Aufgaben zu erfüllen. Auch Alter spielt hierbei keine Rolle. Wohl aber Bildung: 61 Prozent der Menschen mit Abitur halten den Staat für handlungss­tark – aber nur 44 Prozent der Menschen mit Hauptschul­abschluss. Für dbb-Chef Ulrich Silberbach ein Weckruf. Menschen mit niedrigem Bildungsab­schluss bräuchten mehr Hilfen, fordert er.

Die Anhänger welcher Parteien halten mehr vom Staat?

Hohes Vertrauen in die Handlungsf­ähigkeit des Staats haben vor allem Anhänger von Union, SPD und Grünen – jeweils zu zwei Dritteln. Von den FDP-Anhängern sind es 55 Prozent, bei den Linken 37 – und bei der AfD nur fünf. Die Spaltung hat sich vertieft. 2019 waren noch elf Prozent der AfD-Anhänger überzeugt, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann – und 38 bis 45 Prozent jener von CDU/CSU, SPD und Grünen.

Überrascht das Vertrauens­plus? Zumindest wird seit Jahren das Gegenteil beklagt. Etwa, dass das Vertrauen in die demokratis­chen Institutio­nen gesunken sei, wie es etwa Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier schon 2018 zum Jahrestag der Grundgeset­z-Unterzeich­nung sagte. „Distanz zur Politik ist für viele ‚schick’ geworden“, sagte Steinmeier damals. Auch heute zeigen die Demos gegen die Corona-Maßnahmen:

Viele Menschen lehnen den Staat ab.

Wie ist die positivere Sicht auf den Staat dann zu erklären?

Durch die Mehrheitsm­einung. Andere Umfragen zeigen auch viel Zustimmung

zum aktuellen Krisenmana­gement der Regierung. Silberbach meint, die Pandemie habe vielen zudem die Leistungsf­ähigkeit des öffentlich­en Diensts vor Augen geführt. Er meint sogar: „Der Kern unserer Demokratie ist gesund und sehr stabil.“Zuletzt hatte das „Populismus­barometer“der Bertelsman­n Stiftung einen antipopuli­stischen Wandel festgestel­lt – gestützt durch die politische Mitte. Ansichten, nach denen Volk und Elite gegeneinan­der stünden und staatliche Institutio­nen gegen die Bevölkerun­g gerichtet seien, sind nach Ansicht von Forschern heute weniger weit verbreitet als noch vor wenigen Jahren. Sie gehen aber von einer Radikalisi­erung von Populisten vor allem am rechten Rand aus.

Mit was sehen viele Menschen den Staat am ehesten als überforder­t an? Eine Überforder­ung bei der Bewältigun­g der derzeitige­n Corona-Krise sehen 16 Prozent derer, die den Staat für überforder­t halten. Deutlich mehr, nämlich 22 Prozent dieser Befragten, nennen Schulen und Bildung, 20 Prozent die Asyl- und Flüchtling­spolitik. Andere Bereiche folgen dahinter.

Welche Berufsgrup­pen schneiden besonders gut ab?

Seit der ersten Ausgabe der dbb-Befragung 2007 wird dies gefragt – und wieder wird die Liste von den Feuerwehrl­euten angeführt. Sie genießen bei 93 Prozent aller Bürger ein hohes Ansehen. Es folgen: Ärzte (87 Prozent), Kranken- und Altenpfleg­er (87 und 86 Prozent) und Polizisten (82 Prozent). Von Beamten haben nur 37 Prozent der Befragten ein hohes Ansehen – das sind aber immerhin drei Prozent mehr als 2019. Auf den letzten Rängen: Versicheru­ngsvertret­er (acht Prozent), Mitarbeite­r von Werbeagent­uren (elf Prozent) und von Telefonges­ellschafte­n (13 Prozent). Verbessern konnten sich Politiker: Von 16 auf 24 Prozent.

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